Siegen. Der Siegener Roland W. wurde im September von Jugendlichen zusammengeschlagen. Jetzt wird ihm mit dem Tod gedroht und der Hitlergruß gezeigt.
Roland W.s Narbe an der Unterlippe ist mittlerweile gut verheilt. Aber der Überfall auf ihn war ein großer Einschnitt in sein Leben.
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Der 22-Jährige wurde am 4. September von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen, weil er schwul ist. Der Student hat sich aber nicht versteckt und die Ereignisse runtergeschluckt, sondern sich mit seiner Geschichte öffentlich gemacht.
Roland W. will nicht schweigen
Wir berichteten am 7. September über den Überfall auf Roland W.: „Mir war klar, dass mich nach diesem Artikel nicht alle umarmen und ihr Mitleid aussprechen wollen. Es war klar, dass daraufhin Hass und Gegenargumente aufkommen werden“, sagt er. Dennoch ist es ihm wichtig, dass über das berichtet wird, was ihm widerfährt. Er will sich nicht klein machen und verstecken, sondern gegen Ungerechtigkeiten kämpfen.
So hat er auch kürzlich ein Videointerview für das Format „Auf Klo“ von dem Content-Netzwerk „funk “ von ARD und ZDF gegeben. Das Format bespricht Themen, die sonst wenig thematisiert werden, wie zum Beispiel der Tod, Krankheiten oder auch Fragen und Antworten zum erstem Mal. In dem Video spricht er über die Gewalt gegen ihn und die LGBTQI - Community.
Morddrohung im Briefkasten von Roland W.
Am 9. September findet er einen Flyer gegen queere Personen in seinem Briefkasten, und zwar nur in seinem. „Ich habe nicht in die anderen Kästen geschaut, aber ich habe Freunde, die auch in meiner Nähe wohnen, und die hatten keinen dieser Flyer.“
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Am 10. September liegt im Briefkasten ein weiterer Zettel: ein „Gutschein“ für Beleidigungen und am Ende eine explizite Morddrohung . „Da stand, dass es für mich keinen Platz in Siegen geben würde, dass ich vogelfrei wäre und dass mich die Leute jetzt bundesweit kennen würden. Dass ich mich besser unter einem Stein verkriechen sollte, weil ich und meine Mitstreiter bald nicht mehr gesunde Kinder umerziehen werden könnten.“ Roland W. entdeckt außerdem, dass auf der Internetseite der Partei der „Dritte Weg“ ein Bild von seiner Wohnung veröffentlicht wurde. Nach der Morddrohung war ihm klar, dass der Hass gegen ihn auf einer anderen Ebene stattfindet. „Gruppen von Jugendlichen kann ich aus dem Weg gehen. Aber dass meine Wohnung so ins Internet gesetzt wurde und ich weiß, dass Leute nicht wollen, dass es mich gibt, ist etwas anderes.“
Hitlergruß in Siegener Innenstadt
Roland W. fährt trotz allem am 11. September in die Siegener Innenstadt . Er nimmt den Bus und als er an einer Haltestelle aussteigt, wird ihm der Hitlergruß gezeigt. „Der war explizit an mich gerichtet. Der Mann hat mir in die Augen geschaut und die Hand gehoben. Ich bin an ihm vorbeigegangen, und er hat sich noch mitgedreht.“
Die Polizei ermittelt in allen Vorfällen, die Roland W. widerfahren sind. Diese Vorfälle haben sein Leben verändert. Er meidet Plätze, an denen sich Jugendliche treffen. Er geht nur noch selten alleine vor die Tür, seit der Morddrohung noch weniger, im Dunkeln sogar gar nicht mehr.
„Intoleranz sollte man nicht mit Toleranz begegnen“
Roland W. wünscht sich, dass Siegener Politiker den Abzug der rechten Partei „Der dritte Weg“ aus der Stadt bewirkt und dass öffentlich mehr gegen Rassismus agiert wird. „Ich finde die Plakataktion von ‘ Siegen steht zusammen ’ gut. Es ist wichtig, dass sich solche Menschen nicht so wohlfühlen. Die Gesellschaft muss sich ihrer Verantwortung bewusst werden.“ Mit den Plakaten positionieren sich Politiker gegen Rassismus und Diskriminierung.
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In der Vergangenheit habe es schon oft Situationen gegeben, in denen sich Leute nicht getraut haben, gegen Diskriminierung von Menschengruppen vorzugehen, stellt Roland W. fest. Intoleranz könne man nicht mit Toleranz begegnen: „Menschen, die eine offene Gesellschaft anfeinden, muss man ausschließen, um das Wohl der Gesellschaft nicht zu gefährden.“
Positive Kommentare helfen dem Siegener
Roland W. kämpft mit den Hass-Kommentaren unter Facebookpostings und dem Video auf YouTube . Viele Kommentare zweifeln den Wahrheitsgehalt der Schilderung. Sie argumentieren gegen ihn, weil er im AStA arbeitet oder sich für das Netzwerk „Schlau NRW“ , für Bildung und Antidiskriminierung zu sexueller Orientierung und geschlechtlicher Vielfalt, einsetzt.
Keine Namensnennung
Roland W. möchte nicht, dass wir seinen Nachnamen veröffentlichen. Er hat mittlerweile Angst, dass ihm das zum Verhängnis werden könnte.
Das Verbergen seines Nachnamens soll ihn ein Stück weit selbst schützen .
Es gibt aber auch positive Kommentare, die mehr Einfluss auf ihn haben als die negativen. „Da steht oft, dass sie mich mutig finden und ich so weitermachen soll. Andere schreiben, dass sie mich kennen und ich ein guter Typ sei.“ Solche Unterstützung gibt ihm Kraft. Er habe schon überlegt, aus Siegen wegzuziehen. Zu flüchten. Und sich dagegen entschieden. Er würde sich auch in jeder anderen Stadt gegen Ungerechtigkeiten und Diskriminierung einsetzen: „Ich könnte einfach nicht schweigen und will es auch nicht.“ Am 12. Dezember ist eine Demo gegen den dritten Weg geplant.
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