Siegen. Mann steht in Siegen wegen virtueller Vergewaltigung einer 14-Jährigen erneut vor Gericht. Es werden persönliche Hintergrundinformationen bekannt.

Was ist das für ein Mann, der wegen einer „virtuellen Vergewaltigung“ zum zweiten Mal vor Gericht steht, nachdem ein Urteil von 2019 zumindest in Teilen wieder aufgehoben wurde?

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Darum geht es am Freitag, auf Antrag von Verteidiger Michael Aßhauer ist ein Entlastungszeuge geladen – der neue Ehemann der verstorbenen Ex-Frau des Angeklagten. Der wiederholt Verurteilte mit pädophilen Neigungen soll eine 14-Jährige per Chat zu sexuellen Handlungen vor der Kamera gedrängt zu haben.

Die verstorbene Ex-Frau des Siegener Angeklagten

Die Gattin hatte sich nach dem ersten Urteil 2012, als es um eine ähnliche Tat ging, von ihm scheiden lassen. Lange habe sie zu ihm gehalten und noch kurz nach der Entscheidung versichert, die Sache mit ihm durchstehen zu wollen, sagt er. Dann sei ihr „der Druck von außen“ zu viel geworden, die ständigen Vorwürfe „mit einem wie mir verheiratet zu sein“. Aus seiner Sicht sei die Ehe beendet gewesen, sagt der Mann, sie hätten weiter geschrieben und auch telefoniert: „Sie hat mich auch noch besucht.“

Psychiater: Angeklagten unbedingt behandeln

Ein eigentlich geplantes Gutachten wird nicht vorgetragen . Er habe es erst am Vortag bekommen und aufgrund einer Seminarteilnahme nicht mehr lesen können, so der Verteidiger – immerhin gehe es um 75 Seiten. Aus Sicht des Sachverständigen Dr. Michael Mattes macht die Verschiebung Sinn: „Es ist doch etwas komplex.“

Dennoch empfiehlt der Psychiater dringend, den Angeklagten unverzüglich vorläufig unterzubringen und zu behandeln. Die Kammer stimmt zu und will umgehend Gespräche mit dem LWL aufnehmen. Es gebe aber Probleme mit freien Plätzen. „Es ist ganz wichtig, dass er nach Lippstadt-Eickelborn kommt“, betont der Mediziner. Nur dort könne man dem Mann helfen.

Am Verhandlungstag mache ihm die Erinnerung wieder sehr zu schaffen, „es wäre ihr 45. Geburtstag gewesen“. Er stockt, ist den Tränen nahe. Die frühere Ehefrau ist im Juni 2017 gestorben. Im April hatte sie einen neuen Mann getroffen, den sie kurz vor ihrem Tod im Krankenhaus heiratete. „Wir waren 77 Stunden verheiratet“, berichtet der Mann, der nun als Zeuge zu Gunsten des Angeklagten aussagen soll. Er habe seine spätere Frau Anfang der 2000er Jahre bereits gekannt: „Ihr Vater hat bei mir gearbeitet.“

Die intrigante Schwägerin

Dem Verteidiger geht es vor allem um den Auftritt der Schwester der Toten, die in der Verhandlung kein gutes Haar an seinem Mandanten ließ. Obwohl sie ihm oft Briefe ins Gefängnis schrieb, ihm ihre Zuneigung versicherte. „Ist die Frau eine Intrigantin?“, will Aßhauer vom Zeugen wissen. „Wir hatten eine kurze, aber sehr intensive Beziehung“, berichtet der über die Zeit mit seiner Ehefrau, in der er viel über deren Familie erfahren habe. Ihr Verhältnis zur Schwester sei nie so gut gewesen, wie die Frau im Zeugenstand erzählt hätte. Es habe viel Streit und lange Zeiten des Schweigens gegeben. Die Schwägerin habe Lügen verbreitet, verschiedenen Parteien unterschiedliche Positionen vorgegaukelt. „Sie lebt in ihrer ganz eigenen Welt, die wenig mit der Realität zu tun hat.“

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Er wisse aus Erzählungen, dass der Angeklagte seinen eigenen Kindern nie etwas angetan habe. Befreundet seien sie nicht. Angeblich seien kinderpornografische Fotos hinter einer Kommode im Zimmer seines Mandanten gefunden worden, als die Schwestern gemeinsam dort geschnüffelt hätten, beginnt der Verteidiger. Ob der Zeuge eine solche Aktion für wahrscheinlich halte. Staatsanwältin Katharina Burchert unterbricht: Es sei nicht um „Schnüffeln“ gegangen. Ungewöhnlich sei eine gemeinsame Aktion der Schwestern, so der Zeuge.

Der überraschte Angeklagte

Eine Therapie in der Haftzeit brach der Angeklagte ab, weil ihm die Motivation fehlte, hat die Richterin in den Akten gelesen. Der Beschuldigte begründet das damit, dass er gezwungen werden sollte, den Kontakt zu seinen Töchtern abzubrechen. Da habe er sich geweigert. Die Vorsitzende meint aber etwas anderes: Der Mann soll seiner Frau geschrieben haben, dass die Vorwürfe in der damaligen Sache falsch waren, er tatsächlich in das minderjährige Mädchen in Süddeutschland verliebt gewesen sei.

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Er habe es seiner Frau leichter machen wollen, sagt der Angeklagte. Selbst geglaubt habe er das nicht. Der Angeklagte erfährt, dass seine verstorbene Frau damals sämtliche Briefe an die Staatsanwalt schickte, mit der dringenden Bitte, ihrem „unrechtmäßig verurteilten“ Mann zu helfen. Davon habe er nie etwas gewusst, sagt er und muss schlucken.

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