Siegen. Im Apollo-Theater in Siegen führt Dieter Hallervorden in „Gottes Lebenslauf“ ein fiktives Bewerbungsgespräch als Allmächtiger

Dieter Hallervorden ist mit „Gottes Lebenslauf“ zu Gast im Apollo-Theater in Siegen.

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Der Himmel ist fertig, ebenso fertig die Erde und der Mensch - und Gott fix und fertig. Er braucht neue Herausforderungen. Gott formuliert ein Bewerbungsschreiben, stellt seinen Lebenslauf zusammen wie jeder gewöhnliche Sterbliche. Auf der Erde angekommen stellt er sich in einem großen Unternehmen einem Bewerbungsgespräch mit den üblichen Tests. Und dabei erfahren er und der Direktor der Personalabteilung viel voneinander.

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Das ist, auf einen kurzen Nenner gebracht, der Inhalt eines Romans des französischen Autors Jean-Louis Fournier, der 2018 den Weg auf französische Bühnen fand. Dieter Hallervorden sah das Stück und entwickelte mit seinen Co-Autoren Frank Lüdecke und Arnulf Rating eine deutsche Fassung, nicht ohne die Dialoge zu aktualisieren und der deutschen Wirklichkeit 2020 anzupassen.

Dieter Hallervorden verlegt die Handlung nach Berlin

Zu dieser Wirklichkeit gehört natürlich auch, dass Hallervorden alles in seiner Heimatstadt verortet. Also landet Gott in Berlin und dort, der neue Flughafen ist ja noch nicht fertig, auf dem Teufelsberg. Zum Bewerbungsgespräch bringt er eine ganze Sackkarre Unterlagen mit und gibt als seinen Beruf „Schöpfer“ an. Nach Kindern gefragt, erwähnt er einen Sohn: „Doch es ist ein Kreuz mit dem Jungen.“ Herr Gott erzählt von seiner bisherigen Tätigkeit im Himmel und „wer dort so alles rumläuft“. Einstein etwa, der „durch meine Idee den Nobelpreis bekam“.

Gute Karten für Kurzentschlossene

„Gottes Lebenslauf“ wird noch am Freitag um 20 Uhr und am Samstag, 19 Uhr auf der Apollo Bühne zu sehen sein.

Die Premiere von „Gottes Lebenslauf“ war an der Kasse eigentlich ausverkauft. Einige Plätze blieben jedoch leer, weil die Karteninhaber nicht gekommen sind. Kurzentschlossene, die abends noch ihr Glück versuchen möchten, haben also eine gute Chance, im Nacheinlass doch noch in die Aufführung zu kommen.

Mit Helmut Schmidt habe er Schach gespielt, doch sei er genervt von dessen ständigem Konsum von Menthol-Zigaretten. Ganz irdisch wird Herr Gott beim „Turmbau zu Basel“ und der folgenden Sprachverwirrung, die etwa auch Dänisch hervorgebracht habe, das so klinge wie eine Rachenkrankheit. Richtig zornig wird Gott beim Thema rechtsradikale Volltrottel und beim Bodenpersonal der Katholischen Kirche, einer „sexualterroristischen Vereinigung“. Dass dabei auch mal verstaubte Herrenwitze über den Bühnenrand kommen (Was trinken Kardinäle, wenn sie den Papst wählen?: Rotkäppchen-Sekt. Oder: Warum duscht der Papst nur mit Badehose? Er will keinen Arbeitslosen sehen.) sei Dieter Hallervorden verziehen. Alle anderen seiner Gags hatten mehr Niveau.

Weltstadt-Niveau in Siegen

Dieter Hallervorden kann auch singen. Das wissen nicht nur seine vielen Fans. Vor allem der Mega-Hit der Stones „Sympathy for the Devil“ mit deutschem Text versetzt Köpfe und Füße der Zuschauer in Bewegung. Und wunderbar, neben den Herren in gesetztem Alter drei leibhaftige Engel auf der Bühne zu erleben. Blonde Augenweiden, die tanzend und singend dem Abend Revuecharakter verleihen. Großartig, dass die Berliner neben den Kulissen auch alles technische und optische Equipment in ihren Lkw geladen und auf der Apollo-Bühne installiert haben. So kann das Apollo-Publikum Theater auf Weltstadt-Niveau genießen, wobei immer die schauspielerische Leistung im Vordergrund steht: Dieter Hallervorden, leichtfüßig, witzig und manchmal auch nachdenklich, und das größte Kompliment einheimsend, das eine Theaterkritik zu vergeben hat: Eine leibhaftige Rampensau.

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Doch er wäre nichts ohne sein Gegenüber: Peter Bause verkörpert den Personaldirektor so, wie man sich einen mit seinen 30 Dienstjahren vorstellt: Etwas verschroben, aber einfühlsam, mit vielen Berührungspunkten zu seinem Gesprächspartner, dem Herrn Gott. Und da stört es auch nur wenig, wenn beide nach einem alkoholgeschwängerten Barbesuch tanzend beim Party-Hit „Hulapalu“ von Andreas Gabalier etwas über das Ziel hinausschießen. Der lange Beifall des Siegener Publikums im Stehen gilt dem Gesamtkunstwerk „Gottes Lebenslauf“, vor allem jedoch dem Team auf und hinter der Bühne, auf das Dieter Hallervorden mit Recht sehr stolz ist.

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