Siegen. Siegens „Zukunftsanker“: Das Zentrum soll wirken, als wäre die Uni schon immer da. Und die Stadt will den Druck nutzen, das Auto zu verdrängen.
Der Umzug der Uni Siegen ins Zentrum sei für die Stadt mindestens genauso wichtig wie für die Hochschule, findet nicht nur Bürgermeister Steffen Mues. Das Projekt „Uni (kommt) in die Stadt“ werde Siegens Stadtentwicklung auf Jahrzehnte positiv prägen, so die einhellige Überzeugung der Entscheidungsträger bei der Preisverleihung zum städtebaulichen Wettbewerb im Apollo-Theater.
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Der künftige Hauptcampus der Uni soll ein selbstverständlicher Teil der Stadt werden, so Steffen Wörsdorfer vom Siegerbüro Machleidt Architekten – so wie das auch in anderen Universitätsstädten ist.
Die Vorgeschichte des Projekts „Uni (kommt) in die Stadt“
Seine Gedanken, als er zum ersten Mal bewusst in Siegen war: „Hier ist einiges zu tun“, erinnert sich Rektor Prof. Holger Burckhart an das Jahr 2009. Zusammen mit Bürgermeister Steffen Mues habe er sich daran gemacht, die seinerzeit noch 15.000 Studierenden, die auf dem Haardter Berg ein „Inseldasein“ fristeten, mitten in die Stadt zu bringen. Gemeinsam habe man angefangen, Stadt und Land davon zu überzeugen, sehr viel Geld für eine unsichere Sache bereitzustellen. Die Idee überstand Regierungswechsel und wurde mit dem Unteren Schloss als Kernstück eines Innenstadt-Campus erstmals konkret.
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Die Vision von Rektor und Bürgermeister: Eine Uni, in der Stadt- und Hochschulgesellschaft sich begegnen, füreinander und für die Region da sind. Das alte Stadtkrankenhaus kam dazu, inzwischen sind Hörsaalzentrum im Karstadtgebäude und Mensa fertig, die Uni hat zahlreiche Innenstadt-Immobilien angemietet, „in konzentrischen Kreisen hat sich immer mehr entwickelt“, sagt Burckhart. „‘Siegen zu neuen Ufern’ und ‘Uni (kommt) in die Stadt’ sind unser Anker in die Zukunft“, sagt Steffen Mues. „Die Uni Siegen hat sich toll entwickelt, wir stehen in NRW aber immer noch hinten. Der Abstand ist nur kleiner geworden“, so Burckhart.
Der Plan für den Umzug vom Haardter Berg in die Siegener Innenstadt
Ein Innenstadt-Campus, in dem kein Fußweg länger als 15 Minuten dauern soll – das ist die Kernidee von „Uni (kommt) in die Stadt“ und die wird immer greifbarer. Jahrzehntelang wuchs die Uni hier und da – aber längst nicht immer an einem Ort, sondern überall verteilt. Nun soll wieder zusammengezogen werden, was über die Stadt verteilt ist – aber eben nicht als reiner Universitäts-Block, sondern engmaschig in der Innenstadt, in Wechselwirkung zu anderen Einheiten und Systemen. Keine „Monokulturen“, „links und rechts gibt es andere Nutzungen“, sagt der Siegener Stadtbaurat Henrik Schumann.
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Das könne die Uni nicht alles neu bauen, so Kanzler Ulf Richter, der das Land überzeugen konnte, dass nicht der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) Gebäude errichtet, sondern dass die Uni selbst Bauherr ist. Nachhaltigkeit – Holzbauweise etwa – und die Nutzung von Bestandsgebäuden seien dabei wichtige Prinzipien, so der Kanzler, der unzählige Gespräche mit Grundstückseigentümern und Ministerialen führte, bis der Plan stand.
Die Effekte: Verkehrswende in Siegen soll durch Uni-Umzug gelingen
„Die Autofahrerei muss aufhören“, sagt Holger Burckhart. Und das gehe auch gar nicht anders, wenn eine autozentrierte Großeinrichtung vom Haardter Berg in die flächenmäßig kleine und eng bebaute Innenstadt verlagert wird, so Stadtbaurat Schumann: Der Autoverkehr werde vor der Innenstadt abgefangen, die letzte Meile zum Campus müsse anders zurückgelegt werden, Fuß- und Radverkehr erhielten so zwangsläufig mehr Raum. Die Stadt will den Druck auf den Autoverkehr, den das Projekt erzeugt, in ihrem Sinne nutzen und das Auto im Zentrum zurückdrängen. „Die Verkehrswende in Siegen kann erst durch dieses Projekt gelingen“, so Schumann, hier werde es eine „Abstimmung mit den Füßen“ geben – zugunsten des auch politisch gewollten Umweltverbunds.
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Das Projekt solle den Siegenern dienen, nicht dem Autoverkehr, sagt auch Preisträger Wörsdorfer. An der Friedrichstraße etwa gibt es viele Parkflächen, „man kann diese wertvollen Flächen viel besser nutzen als Autos draufzustellen“, betont Schumann.
Siegener Stadtentwicklung: kleinteilige Strukturen begegnen dem Wandel besser
„Die Innenstadt ist nicht besonders groß“, erinnert der Stadtbaurat an Tallage und durch Eingemeindung entstandene „Nebenzentren“ Siegens. Angesichts des Wandels etwa im Einzelhandel zeige sich immer mehr, dass kleinteilige Strukturen sich als widerstandsfähig gegenüber Entwicklungen zeigen würden. „Nutzungsmischungen können reagieren und sich anpassen“ – heute würde man keine riesigen Einkaufszentren auf der grünen Wiese bauen.
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„An einer Uni passiert immer sehr viel“, so Schumann, das sei im wahrsten Sinne ein Stabilitätsanker für Stadtentwicklung, „dieses Projekt ist ein Versprechen für die Zukunft unserer Stadt.“ Etwa an der Friedrichstraße werde eine unordentliche Hinterhofstruktur geglättet und optimiert, Siegen werde am Ende wirken, als wäre es immer schon so gewesen, so Schumann: Eine gewachsene, selbstverständliche Stadtstruktur. Das sei alles andere als selbstverständlich. „So ein Projekt ist im Leben eines Stadtbaurats sehr selten.“
Das soziale Leben in Siegen profitiert von der Uni in der Stadt
„Wie wichtig die Uni für die Stadt ist, konnten wir in den vergangenen Jahren schon gut feststellen“, sagt Steffen Mues. „Wir sollten Stolz auf unsere Uni sein, die immer neue Ideen nach Siegen bringt.“ Es gelte, alles dafür zu tun, dass die Uni attraktiv bleibt – und was könne dazu besser beitragen, als sie in der Mitte der Stadt anzusiedeln, mit dem historischen Schloss als Zentrum. Auch wenn die Idee anfangs nicht auf sonderlich große Gegenliebe gestoßen sei, erinnert sich der Bürgermeister.
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Es werde mehr und bessere öffentliche Flächen geben, etwa weil die versteckte Weiß als Fluss offengelegt werde, so Schumann. Und die große Freitreppe von der Friedrichstraße schaffe mit dem öffentlichen Aufzug eine barrierearme Verbindung von Unter- zur Oberstadt für alle Siegener, so Jury-Vorsitzender Prof. Andreas Fritzen.
Die Uni hat positive Effekte auf die Siegener Wirtschaft
Zunehmend entschieden sich Studierende, nach dem Abschluss in der Region zu bleiben, Firmen gründen sich aus der Uni aus, entwickeln sich zu führenden Unternehmen ihrer Branchen und suchen Mitarbeiter – Menschen, die in Siegen leben und arbeiten.
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„Seit ich Bürgermeister bin, wurde vier Mal über die Schließung von Karstadt-Filialen diskutiert und Siegen stand jedes Mal auf der Liste“, so Mues. Zuletzt, als es um 70 Filialen ging, war nicht dabei. „Auch Karstadt glaubt an das Projekt“, so Mues’ Rückschluss; allein das Hörsaalzentrum bringe täglich tausende Menschen in die Stadt, schon heute seien die Straßenzüge um das Schloss viel belebter.
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