Siegen. . Bauarbeiten am und im Karstadt-Gebäude für die Universität Siegen sind hoch kompliziert. Zum Wintersemester 2020 soll die Hochschule einziehen.

Das Hörsaal- und Seminarzentrum am, auf und im Karstadt-Gebäude nimmt Form an. Zeitlich und finanziell liegen die auf mehr als zwei Jahre terminierten Bauarbeiten im Plan, sagt Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen. Zum Wintersemester 2020/21 soll das 20-Millionen-Euro-Bauwerk fertiggestellt sein. Die Bauarbeiten sind hoch kompliziert, zwangsläufig auf die baulichen Gegebenheiten des 70er-Jahre-Kaufhauses abgestimmt. „Das kann so nur in Siegen entstehen“, sagt Architekt Rainer Oestereich-Rapaport. „Würden wir das Gebäude heute neu bauen, würden wir es genau so machen.“

Das Ziel

600 Personen finden im großen Hörsaal Platz – Audimax-Format. Vom Schlossplatz aus gesehen liegen zwei kleinere Hörsäle (je rund 200 Personen) davor. Auf beiden Seiten trennen Flure weitere Seminarräume für 40 bis 80 Personen, einen Eltern-Kind-Raum sowie Sanitärräume ab.

280 Quadratmeter groß ist das Foyer, das über ein eigens errichtetes Treppenhaus vom Schlossplatz aus erschlossen ist. Dafür wird die derzeitige Fassade etwa 1,50 Meter nach vorn versetzt, erklärt Oberprojektleiter Dominik Fuß. Im Foyer können auch Veranstaltungen für bis zu 280 Personen stattfinden.

Das Gebäude

„Mit dem Hörsaal- und Seminarzentrum wird der Campus allein lebensfähig“, sagt Rektor Prof. Holger Burckhart. Bislang verfügt die Fakultät III am Campus Unteres Schloss im Wesentlichen über Räume für Lehrpersonal und eine Bibliothek – mit den Hörsälen und der zeitgleich entstehenden Mensa am Obergraben seien dann alle wichtigen Eckpfeiler für eine Uni-Infrastruktur im Siegener Zentrum vorhanden. Die soll noch ausgeweitet werden, ergänzt Kanzler Ulf Richter. Die Uni will weitere zwei Fakultäten in die Stadt verlagern, die dadurch als Lebensraum einen neuen Charakter erhalte – und eine neue, andere Interaktion zwischen Hochschul- und Stadtgesellschaft ermögliche, der Lebensraum Stadt verändere sich.

So sieht es auf der Hörsaal-Baustelle im Karstadtgebäude aus

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„Wir ziehen dahin, wo die Siegener Bürger leben“, so Rektor Burckhart – einfacher und billiger wäre ein Neubau irgendwo außerhalb gewesen. Die Entscheidung für diese aufwändige Variante bedinge aber eben auch, dass Stadt- und Universitätsentwicklung kompatibel seien. Man rücke zusammen, die Uni übernehme Verantwortung – das nehme im Unteren Schloss und dem Hörsaalgebäude, das Hochschule und Kaufhaus unter einem Dach vereint, auch konkret Gestalt an.

Der große Hörsaal wird bis zu 600 Personen Platz bieten. Der große Träger in der Mitte hat noch eine tragende Funktion. Später wird er entfernt.
Der große Hörsaal wird bis zu 600 Personen Platz bieten. Der große Träger in der Mitte hat noch eine tragende Funktion. Später wird er entfernt. © Hendrik Schulz

Die Bauarbeiten

„Hörsäle und Seminarräume mitsamt der erforderlichen Technik in einem Gebäude unterzubringen, das als Warenhaus geplant wurde, ist eine Herausforderung“, sagt Christian Vitt, stellvertretender Baudezernent der Uni. „Aus einem werden zwei lebende Wesen gemacht“, vergleicht Bauunternehmer Reinhard Quast, dessen Firma für die Bauausführung verantwortlich zeichnet, das Gebäude mit einem Organismus: Blut- und Nervenbahnen für Strom und Wasser, Schall- und Brandschutz, Fluchtwege und Belüftung.

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Allein die Logistik ist kompliziert, denn aufgrund der heiklen Statik des Schlossplatzes – darunter liegt die Tiefgarage – kann das Gebäude nur über die Straße Unteres Schloss angefahren werden. Die Rolltreppen mussten in einem Stück aus dem Gebäude gehievt werden. Die Baustelle muss einigermaßen trocken bleiben, das Dach wurde aufgebrochen, um Platz für das ansteigende Gestühl der Hörsäle zu haben. „Das Kaufhaus wurde immer wieder umgebaut, die haben die alten Kabel hängen lassen“, sagt Quast.

Vom Foyer bietet sich ein hervorragender Blick auf den Schlossplatz und das Untere Schloss.
Vom Foyer bietet sich ein hervorragender Blick auf den Schlossplatz und das Untere Schloss. © Hendrik Schulz

Kompliziert ist vor allem die Statik: Im großen Hörsaal trägt ein riesiger Stahlbetonbalken (Unterzug) Teile eines Nebengeschosses. Das muss anderweitig abgestützt werden, der Unterzug in Fünf-Tonnen-Blöcke zersägt werden, erklärt Projektleiter Robert Wolfinger. Die Stützpfeiler waren in einem Raster von 10 mal 10 Metern angeordnet, hätten mitten im riesigen Hörsaal gestanden. Also müssen die Lasten anders abgefangen werden, damit das Gebäude auch die schwere Medientechnik aushält – eine LED-Wand wiegt fünf Tonnen.

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Der Ablauf

Bisher wurden die Karstadt-Etagen baulich vom obersten Stockwerk getrennt, das entkernt wurde.

Derzeit wird die stählerne Dachkonstruktion montiert. Parallel dazu laufen – wo möglich – die Vorbereitungen für den Innenausbau.

Demnächst wird die Fassade entfernt und neu gebaut, Technik installiert und der Innenausbau vorangetrieben. Für Weihnachtsgeschäft und Weihnachtsmarkt werden die Bauarbeiten vom 1. November bis 15. Januar ausgesetzt.