Siegen. Die Uni Siegen legt die aktualisierten Pläne für die Erweiterung des Campus Adolf-Reichwein-Straße (AR) vor. Erstes Laborgebäude ab 2021.
Jahrelang war es eher ruhig um den „Science Campus“, die Erweiterung der Uni Siegen auf dem Haardter Berg. Und jetzt soll es schnell gehen: Politisch beraten wurde das Vorhaben bereits, der Rat soll Mittwoch, 26. August, über den Entwurf des Bebauungsplans beschließen.
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Die Zwei-Standort-Strategie der Uni Siegen
Drei Jahre lang hat die Hochschule ihre Pläne für den Haardter Berg überarbeitet und angepasst, der Grundgedanke steht weiter. Ausgangspunkt ist die mittlerweile in deutlich festere Formen gegossene Zwei-Standort-Strategie der Uni, die personen-intensiven Studiengänge und Fakultäten („Buchwissenschaften“) in die Stadt zu verlagern, während die platz-intensive naturwissenschaftlich-technische Fakultät am Adolf-Reichwein-Campus (AR) zusammengezogen wird.
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Die Nebenstandorte wie Paul-Bonatz-, Hölderlin- und Emmy-Noether-Campus werden aufgegeben, dafür der AR deutlich auf Flächen oberhalb der Bestandsgebäude erweitert. Aus einer über die Stadt verteilten Hochschule sollen zwei räumlich kompakte Campus werden.
Der Masterplan für den Science Campus am Haardter Berg
Der AR-Campus ist zu weiten Teilen gerade erst saniert worden, insbesondere für die Naturwissenschaften fehle es der Uni aber weiter an Flächen, so Kanzler Ulf Richter: „Wir haben im Vergleich zu anderen Hochschulen ein eklatant hohes Flächendefizit insbesondere bei den naturwissenschaftlich-technischen Fächern“ – mehr als 5000 Quadratmeter.
Ein hochmodernes Labor- und Forschungsgebäude kann diesen Bedarf erst einmal decken und ist bereits vom Land genehmigt und finanziert. Es soll am nördlichen Ende des künftigen Campus entstehen. Außerdem hat die Uni die Geschosshöhen des Masterplans angepasst – ursprünglich gab es in den Entwürfen Türme mit mehr als elf Etagen – und die Topografie stärker berücksichtigt. Denn zunächst war vorgesehen, die Bergkuppe abzutragen. Auch die Straßenverläufe wurden angepasst und münden in dem nun vorliegenden Bebauungsplanentwurf.
Ursprünglich war die Idee, am Science Campus hochschulnahe Unternehmen oder Uni-Ausgründungen anzusiedeln. Das hat sich in der Zwischenzeit aber weitgehend erübrigt. Eine ganze Reihe solcher Unternehmen ist etwa im „Summit“ im Gewerbegebiet Martinshardt untergekommen, es besteht eine enge Kooperation mit der Uni. „Daraus sind seinerzeit Idee und Name des Science Campus entstanden“, sagt Ulf Richter – die Grundkonzeption einer „Grünen Mitte“, eine parkähnliche Freifläche, um die sich die verschiedensten universitären Gebäude und Einrichtungen gruppieren, inklusive Wohnheimen und Kita, sei geblieben. Ein Campus nach angelsächsischem Vorbild.
Erstmal steht der Umzug der Uni Siegen in die Stadt an
Erschlossen wird der Campus wie bisher über die Hochschulstraße – wenn Paul-Bonatz und Hölderlin wegfallen, ist kein Hochschulverkehr durch das Wohngebiet mehr nötig. Zudem ist der AR der derzeitige Hauptcampus – künftig werden tausende Studierende nicht mehr nach Weidenau, sondern ins Zentrum zur Uni fahren.
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„Dieser Masterplan beschreibt ein Ziel“, sagt Christian Vitt, stellvertretender Dezernent für Gebäude und Liegenschaften der Uni Siegen. Der Prozess hin zu diesem Ziel werde sicher zehn Jahre andauern – und sei auch keineswegs in Stein gemeißelt: „Wir sind auf das Geld aus Düsseldorf angewiesen“ – und derzeit kommt vom Land erst einmal Geld für den Umzug in die Stadt. Je nach Bedarf und Situation sei das Science-Campus-Vorhaben am Haardter Berg weiter veränderbar. „Wie die genaue Nutzung aussieht, wird sich in diesem Prozess noch entwickeln“, sagt Marlene Krippendorf von der Siegener Abteilung für Stadtplanung.
Hölderlin und Bonatz als Potenzialflächen für Wohnbebauung
In mehreren Siegener Ausschüssen monierten die Grünen den Waldverbrauch bei dem Vorhaben. Für gefällte Bäume gebe es natürlich Ausgleichsmaßnahmen, so die Uni. Ohnehin ist das Gelände landesplanerisch für die Hochschulentwicklung gesichert, merkt Stadtbaurat Henrik Schumann an – und die Flächen gehören auch seit den 1970er Jahren dem Land.
Der Bebauungsplan
105.000 m2 Geschossfläche sollen durch Neubau von insgesamt bis zu zehn Instituten, Forschungs- und Laborbauten möglich sein.
9,8 Hektar Fläche auf dem Haardter Berg umfasst der Bebauungsplan – ursprünglich waren es 6,4 Hektar.
12.500 m2 Geschossfläche sind für das Studierendenwerk mit Wohnheim und Kita vorgesehen.
Und nicht zuletzt würden durch diese Strategie auch dringend benötigte Flächen frei – wenn Hölderlin und Paul-Bonatz abgerissen werden, habe man Potenzialflächen in Toplage mitten in einem Wohngebiet – eine nachhaltigere Version, als auf der grünen Wiese oder im grünen Wald Wohnbaugebiete von Grund auf zu erschließen.
Das erste Laborgebäude Incyte auf dem künftigen Science Campus
Das Laborgebäude, erklärt Kanzler Richter, ist hochkomplex. Das „Incyte“ soll den Raumbedarf für mehrere Fächer der Fakultät decken: Nanoanalytik, Nanochemie und Cyber-physische Sensortechnologien etwa. Dem liegt ein entsprechend interdisziplinärer Ansatz zu Grunde. Man habe die Wissenschaftler beim Konzept einbezogen – denn das Laborgebäude sei so sensitiv, dass es nur an der nun ausgewählten Stelle gebaut werden kann.
Im Haardter Berg gibt es einerseits Altbergbau, aber die Messgeräte seien auch so sensibel, dass ein Bus, der zu nah am Gebäude vorbeifährt, das Erdmagnetfeld beeinträchtige, was dann die Messergebnisse verfälsche, so Richter. Geplant ist unter anderem ein Reinraum für Halbleitertechnik mit nahezu partikelfreier Umgebung. Baubeginn des 11.000 Quadratmeter umfassenden Komplexes ist für 2021 avisiert, die Fertigstellung für 2024.
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