Hilchenbach. In Hilchenbach zeigen die vier Schlagzeuger von „Quattro Percussioni“, was ihre Instrumente drauf haben. Mit dabei: Sopranistin Sophia Körber.
Schlagzeuger gelten in Bands gemeinhin als Taktgeber, die den Melodien dienen, ansonsten aber höchstens durch gelegentliche Soli auffallen. Was die vier Rhythmuskünstler von „Quattro Percussioni“ am Samstagabend in der gut besetzten Evangelischen Kirche in Hilchenbach bieten, stellt dieses Vorurteil völlig auf den Kopf.
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Hier bilden vier virtuose Könner ein Ensemble, in dem sich Homogenität und Synchronität paaren. Und das, obwohl sie erst vor wenigen Monaten zu dieser Formation zusammengefunden haben: Die drei Schlagzeuger der Philharmonie Südwestfalen, Matthias Kelemen, Danilo Koch und David Friederich, und Yu Fujiwara vom Landespolizeiorchester Baden-Württemberg. Diese vier „schlagzeugenden Jungs“ gönnen sich und ihrem Publikum noch eine Sängerin und treffen damit ins Schwarze. Denn Sophia Körber erweitert mit ihrer klaren, ausdrucksstarken Sopranstimme die Programmvielfalt des Abends und ermöglicht ihnen, musikalische Bögen von Hildegard von Bingen bis in die Popmusik der Gegenwart zu schlagen.
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In Hilchenbach nutzt Sophia Körber die besondere Akustik der evangelischen Kirche
Los geht’s mit einer ungarischen Polka von Johann Strauß, bei der das Quartett das beeindruckende Arsenal von Marimbaphonen, Trommeln und Schlagzeugen auf Betriebstemperatur bringt und Matthias Kelemen die Musik seiner ungarischen Vorfahren präsentiert. Doch gute Schlagzeuger können auch leise. Sanft begleiten sie ein Lied des Norwegers Edvard Grieg, das Sophia Körber mit allem zelebriert, was eine sehr gute Sängerin von durchschnittlichen unterscheidet: Leicht schweben ihre Töne durch den hohen Kirchenraum, nutzt sie die wunderbare Akustik.
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Ihr Gesang ist auch dann nicht angestrengt, wenn sie dynamisch zulegt. Sie bleibt immer eine Idee unter den Möglichkeiten, die das Lied bieten könnte und beeindruckt dadurch umso mehr. Vor allem auch bei „Greensleeves“, jenem alten englischen Volkslied, das sie von der Empore der Kirche a cappella anstimmt und damit Gänsehautstimmung erzeugt. Mit welcher Power ihre percussiven Mitstreiter dann diese zarte Melodie fortsetzen, ist höchste rhythmische Improvisationskunst.
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Hilchenbach: Quattro Percussioni bringen die Kirchenwände zum Vibrieren
Geschickt bauen Quattro Percussioni musikalische Petitessen aus ihrer Heimat ins Programm: Der Brasilianer Danilo Koch einen Bossa Nova, der Japaner Yu Fujiwara, gleichzeitig Arrangeur der meisten Stücke des Programms, fernöstliche Klänge und der Engländer David Friederich eine Komposition seines Vaters: acht Variationen des Hochzeitsmarschs von Felix Mendelssohn-Bartholdy, mal Bachs Fugenkunst, Typisches von Mozart oder Beethovens musikalische Wucht karikierend.
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Eine besondere Überraschung: Friederich kann auch Stepptanz. Sein Fuß-Feuerwerk bringt das Publikum zum Toben und damit die Kirchenwände zum Vibrieren, wie vorher schon, als die dickste aller Pauken bearbeitet wird. Doch insgesamt dominiert eher Leises. Ein kleines musikalisches Kunstwerk Hildegard von Bingens, diesem Multitalent des Mittelalters, bei dem die vier Herren ihr Schlagwerk weglegen und mit ihren Stimmen einen sensiblen, ganz weichen Teppich für ihre Sängerin legen. Und vor allem bei George Gershwins „Summertime“. Sophia Körber befreit dieses Lied von allem gesanglichen Bombast, interpretiert es mit sommerlicher Leichtigkeit und die fantastischen Vier werden zu einer beschwingt swingenden Jazzcombo. Der lange, enthusiastische Beifall zeigt: Diese Gruppe möchte man häufiger hören.
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