Kreuztal. In Kreuztal hat Kabarettistin Martina Schwarzmann das Publikum dank ihres feinen Humors sofort auf ihrer Seite. Und sie rät von Nudelsträußen ab.
Wenn Frauen auf der Kabarettbühne stehen, wird das nicht immer zur ungetrübten Freude. Selbst Fernsehgrößen wie Carolin Kebekus mit ihrem Pussy-Terror und Lisa Fitz glänzen eher durch Zoten und prolligen Krawall als durch Gehirnakrobatik – und der angebliche Jungstar Lisa Eckhart aus Österreich vor allem durch Beleidigungen anderer wegen ihrer Religion oder Hautfarbe. Zumal mit gütiger Unterstützung des Kabarett-Gotts Dieter Nuhr.
Auch interessant
Das alles hat Martina Schwarzmann nicht nötig. In ihrem neuen Programm „Genau richtig“ nimmt sie ihre Mitmenschen und ihre kleinen und großen Marotten aufs Korn: Ihre vier Kinder, ihren „Moa“, ihre Nachbarn und Freunde, kritisch, aber liebevoll und immer grundehrlich.
Martina Schwarzmann gibt in Kreuztal Einblick ins Familienleben in Bayern
Sie bleibt auch auf der Bühne bodenständig, so dass das Publikum am Ende die sechsköpfige Schwarzmann-Familie und deren Heimat Bayern kennen- und lieben gelernt hat. „Gruest euch, i freu mi, dass ihr doa seid“, sagt sie, und Kabarett-Kenner wissen, dass der Abend auch eine Unterrichtseinheit für bayerischen Dialekt wird. „Eine Übersetzungs-App ist zwecklos, nach 20 Minuten habt’s euch dran g’wöhnt.“ Wie wahr!
Auch interessant
Und so beschreibt sie ohne Punkt und Komma, scheinbar ungeordnet, aber doch mit rotem Faden, viele Verhaltensweisen ihrer Mitmenschen. Etwa den Weiberstammtisch, „eine Protestveranstaltung“, bei der die Frauen in erster Linie über ihre Männer herziehen. Sie selbst ist mit ihrem Moa sehr zufrieden, einen wortkargen Bio-Bauern, der aber auch die vier Kinder im Griff hat, wenn Mama mal wieder auf Tournee ist.
Die Kinderschar ist nicht ohne. „Minderjährige Mitbewohner“ nennt sie ihr Quartett, von dem sie den Kleinsten gerade abgestillt hat. Auch die Großen halten sie auf Trapp. Mal spielen sie „töten“ und finden kein Messer, dann wieder in ihrem großen Bauernhaus „verstecken“ oder sind einfach nur „Witzableiter“, ob im Supermarkt, Schwimmbad, Spielplatz. „Nichts wie weg“, singt Martina Schwarzmann mit schön klingender sonorer Alt-Stimme, doch in Wirklichkeit ist dieses Lied eine Liebeserklärung an Moa und Kinder.
Auch interessant
Martina Schwarzmann gewinnt in Kreuztal mit lakonischem Humor
Doch diese in die Hausarbeit einzubinden und damit lebenstüchtig zu machen, ist nicht leicht. Auf den Protest eines Kindes, das es nicht schafft, die T-Shirts gerade aufzuhängen, antwortet sie: „Die es genäht haben, waren nicht älter als du.“ In einem Lied meint sie sich selbst, ihre fehlende Liebe zum Fensterputzen und ihren unterentwickelten Sinn für Ordnung: „Mittelalt, mittelschön, mittelg’scheid, so wie die meisten Leut.“ Ihr lakonischer Humor reizt mehr zum Schmunzeln als zum Auf-die-Schenkel-klopfen.
Auch interessant
Dass das nicht allen gefällt, gibt sie offen zu. „Früher, als du noch mehr vom Bumsen gesungen hast, hast du mir besser gefallen“, sagte jüngst ein fast 90-Jähriger zu ihr. Ihr Kommentar ob dieser in die Jahre gekommenen Bezeichnung für Geschlechtsverkehr: „Wenn di heut jemand fragt, ob’s bumsen magst, weißt sofort: Der ist sowieso zu alt.“
Geschichten in Kreuztal: Thermomix zweckentfremdet, Sträuße aus Nudeln
Das sind aber auch schon (fast) alle Annäherungen an dieses Thema. Wär da nicht die Ballade in Moll über die sexuellen Praktiken von Susi und Herbert, bei der ein Thermomix eine gewisse Rolle spielt. Auch für Paare, deren Liebesleben ins Stocken geraten ist, hat sie ein Lied, und über einen Mann, der sich nicht entscheiden kann, ob er seiner Frau am Valentinstag Blumen oder ein Essen spendiert und mit einem Nudelstrauß gründlich danebenliegt, trällert sie „Sei doch einfach ein bisschen nett.“
Auch interessant
Martina Schwarzmann ist nicht bei Facebook oder Instagram und hat auch kein Smartphone. Sie ist dennoch – oder gerade deswegen – eine zufriedene Frau, die man gerne zur Nachbarin haben möchte. Ebenso zufrieden sind die Besucher, die fast zwei Stunden ihren Geschichten zuhören.
Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.