Alchen. Das Unglück beim Backesfest Alchen, das im September 2019 zwei Todesopfer forderte, jährt sich zum ersten Mal. Im Dorf ist es noch immer präsent.

Die Gedenkveranstaltung für die Opfer des Backesfest-Unglücks vor einem Jahr, sie wird nicht am Ort des Unfalls stattfinden. Der Heimat- und Verschönerungsverein und die Evangelisch-Reformierte Kirchengemeinde Oberholzklau haben sich sehr bewusst für einen Abend in der Kirche am Dienstag, 8. September entschieden. „Die Kirche ist ein geschützter Raum“, sagt Pfarrer Oliver Günther. Der Unglücksort hingegen sei im Alltag präsent, konfrontiere die Menschen immer wieder unmittelbar mit dem, was passiert sei: mit der Explosion, bei der viele Menschen verletzt wurden, zwei so schwer, dass sie an den Folgen starben.

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Heimatverein und Kirchengemeinde hätten gemeinsam überlegt, „welche Form des Gedenkens in diesem Jahr eine angemessene sein könnte“, sagt Oliver Günther. Eine Gedenkstunde habe es bereits bei der Enthüllung der Tafel, die an die beiden Todesopfer erinnert, Anfang Juli gegeben, auch bei der Hauptversammlung des Heimatverein s vor rund zwei Wochen war das Unglück Thema. „Aber wir können am Jahrestag nicht so tun, als ob nichts geschehen wäre“, betont der Pfarrer. „Dafür ist es noch viel zu präsent in den Köpfen der Menschen.“

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Die Trauer und der Umgang mit der Katastrophe seien individuell, sagt Martin Lucke, Vorsitzender des Heimatvereins. „Es gibt Menschen, die darunter leiden, wenn sie an den Ort kommen – während es für andere schon Teil der Historie ist.“ Insgesamt werde es weniger, „aber es ist präsent“. Erst vor ein paar Tagen habe ein Fahrradfahrer neben ihm gehalten, habe ihm gesagt, wie wichtig es ihm sei, seine Solidarität mit dem Heimatverein Alchen zu bekunden, erzählt Martin Lucke. Solche Gespräche erlebe er immer wieder, „dieses Mitgefühl, diese Solidarität. Ich habe in der ganzen Zeit nicht einen Vorwurf gehört, immer nur: ,Wir stehen hinter Euch’.“

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Die enge Gemeinschaft im Freudenberger Ortsteil, die vor dem Vorfall schon bestanden habe, aber seitdem noch intensiver geworden sei, „hat uns auch über die schwierige Zeit getragen“, sagt Oliver Günther. „Das ist eine wesentliche Strategie der Bewältigung: dass wir zusammenrücken, zusammenhalten und gemeinsam in die Zukunft sehen.“

Veränderte Gedanken

Die Trauer und die damit verbundenen Gedanken, die die Menschen in Alchen beschäftigen, veränderten sich im Laufe der Zeit, sagt Pfarrer Oliver Günther.

Hätten in der Zeit nach dem Unglück vor allem die unmittelbaren Geschehnisse eine Rolle gespielt, kämen nun zunehmend weitere Fragen auf: Etwa nach dem juristischen Ausgang oder danach, wie Vereinsarbeit künftig zu gestalten ist.

Gedenkstunden für Opfer des Backesfest-Unglücks in der Kirche in Alchen

In diesem Geiste ist auch die Veranstaltung zum Jahrestag geplant. Von 18 bis 20 Uhr ist die Kirche geöffnet, ab 19 Uhr gibt es eine Andacht, aber es gibt kein durchgetaktetes Programm. Gespräche, stilles Gedenken, Beten – jede Besucherin und jeder Besucher kann selbst entscheiden, wie er oder sie mit den Gefühlen und Gedanken umgehen möchte, was ihm oder ihr guttut. Eingeladen sind alle, die den Wunsch verspüren, zu kommen, unabhängig von Konfession, Religion oder Wohnort – denn das Unglück hat schließlich weit über Alchen hinaus Betroffenheit ausgelöst.

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Überaus belastend sei, dass die Ermittlungen gegen ein Vorstandsmitglieds des Vereins im Zusammenhang mit dem Zwischenfall noch nicht abgeschlossen seien, sagt Martin Lucke. Es geht um die Frage nach Verschulden, um fahrlässige Tötung. „Ich habe den Eindruck, dass die Menschen in Alchen mit dem Unglück abschließen wollen“, sagt Vorsitzende. Die noch nicht beendete Untersuchung, die damit verbundene Unsicherheit seien eine zusätzliche Belastung. Der Heimatverein hoffe auf eine Einstellung und stehe hinter dem betroffenen Mitglied.

Die Kirche in Alchen, Vor der Nörr 26, ist am Dienstag, 8. September, von 18 bis 20 Uhr geöffnet.

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