Siegen/Hanau. Die Urteile gegen die von Siegen aus geführte Menschenhändler-Bande sind gefällt: Die Hauptangeklagten müssen für mehrere Jahre ins Gefängnis.
Im Prozess gegen fünf Mitglieder eines bundesweit agierenden Bordellrings mit Transsexuellen aus Thailand sind am Mittwoch die Urteile gegen die fünf Angeklagten gesprochen worden. Gegen die Hauptangeklagte, eine 61 Jahre alte Frau aus Thailand, wurden acht Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe verhängt. Ihr Partner, ein 61 Jahre alter Deutscher, wurde zu vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die drei weiteren Angeklagten erhielten Strafen zwischen drei Jahren und zwei Jahren auf Bewährung. iframe newsletter wp siegerland anmeldemaske
In dem im Sommer 2019 begonnenen Prozess vor dem Hanauer Landgericht ging es um Menschenhandel, Einschleusung, Zwangsprostitution, Ausbeutung und Steuerhinterziehung. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt warf den Angeklagten vor, über Jahre vor allem Transsexuelle aus Thailand mit erschlichenen Touristenvisa nach Deutschland eingeschleust zu haben.
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Ziel sei gewesen, sie als Prostituierte auszubeuten. An dem Prozess hatten sich vier Transsexuelle als Nebenklägerinnen beteiligt. Eines der Opfer hatte berichtet, dass sie oft eingesperrt gewesen sei und zeitweilig rund um die Uhr für Sex zur Verfügung habe stehen müssen. Sie sei in mehreren Bundesländern tätig gewesen. In dem Hanauer Prozess ging es nur um Vorkommnisse in Maintal (Hessen) und Siegen.
Mit 15.000 Euro Schulden in Deutschland angekommen
Die Opfer wurden ausgebeutet, als rechtlose Sex-Arbeiterinnen unter Druck gesetzt und wer nicht spurte, der musste als Strafe auch mal Hunger leiden. Die Prostituierten aus Fernost hofften auf ein besseres Leben in Deutschland und viel Geld beim Geschäft mit der Lust. Doch sie hatten in den Etablissements ein hartes Leben. Die Transsexuellen wurden als Mann geboren und leben als Frau. Ladyboys sind zum Beispiel in Asien bekannt, einige davon arbeiten im Rotlicht-Milieu.
Eine Nebenklägerin beschrieb ihre Angst vor Konsequenzen mit den Worten: „Wenn ich abhaue, kommen nur noch meine Knochen zurück.“
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Die Prostituierten wurden in Thailand über das Internet angeworben, wie der Vorsitzende Richter Andreas Weiß im Urteil schilderte. Ihnen sei bewusst gewesen, dass sie in Deutschland anschaffen gehen würden. Doch die Arbeitsbedingungen seien keinesfalls klar gewesen.
So mussten sie nach ihrer Ankunft in Deutschland erst mal Reise-, Werbe- und Visakosten in Höhe von
15.000 bis 20.000 Euro abarbeiten. Das dauerte laut Gericht etwa drei bis sechs Monate. In dieser Zeit seien sie völlig mittellos gewesen.
Zudem mussten sie danach die Hälfte ihres Lohns abgeben – für weitere Unkosten in den Bordellen. Dinge des täglichen Bedarfs wie Hygieneartikel mussten dort zu überteuerten Preisen gekauft wurden. Dass sie sich frei bewegen durften und allein das Bordell verlassen durften, war eher die Ausnahme.
Knallhartes Geschäftsgebahren auf Kosten der Prostituierten
Die Beschuldigten im Hanauer Prozess haben optisch nichts mit dem Bild zu tun, das man landläufig mit gefährlichen und gewalttätigen Zuhältern verbinden mag. Vor allem der Kopf des Netzwerks, die 61 Jahre alte Thailänderin, wirkte wie eine unauffällige, ältere Dame.
Schwerpunkt NRW
Das Netzwerk flog bei einer Großrazzia auf. Am 18. April 2018 hatten mehr als 1500 Bundespolizisten insgesamt 62 Bordelle, Wohnungen und Büros in zwölf Bundesländern durchsucht. Die Schwerpunkte lagen in NRW (17 Objekte), Hessen (10), Niedersachsen (9) und Baden-Württemberg (9). Es war die bis dato größte Durchsuchungsaktion in der Geschichte der Bundespolizei.
Doch zusammen mit ihren Helfern wusste sie ihr knallhartes Geschäftsgebaren auf Kosten der Prostituierten durchzuziehen. Sie haben die Frauen und Transsexuellen in massiver wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten, wie Richter Weiß sagte.
Einigen haben die Beklagten die Reisepässe abgenommen, um eine Heimreise zu verhindern. In den Bordellen hatten die Opfer kein Mitspracherecht, welchen Freiern sie gefügig sein mussten. Sie mussten mitunter auch ohne Kondome Sex haben.
Revision vor dem Bundesgerichtshof prüfen
Wenn die Prostituierten zum Beispiel im Bordell in Siegen bei der Hauptangeklagten und ihrem Partner angefangen hatten, wurden sie danach in anderen Etablissements im Bundesgebiet herumgereicht. So sollte der Kundschaft Abwechslung geboten werden.
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Einige kamen daher auch ins hessische Maintal, wo zwei Schwestern ein Etablissement führten. Die beiden Schwestern, früher selbst in dem Gewerbe aktiv, wurden zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Am glimpflichsten kam eine Hausdame aus Siegen davon, die auch als Fahrerin fungierte. Sie bekam zwei Jahre auf Bewährung.
Gegen das Urteil können die Verurteilten Rechtsmittel einlegen. Die Verteidiger der Hauptangeklagten und ihres Partners sagten, dass sie eine Revision vor dem Bundesgerichtshof prüfen.
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Neben den Haftstrafen müssen die Hauptangeklagte und ihr Partner auch erwirtschaftetes Geld erstatten. Mehr als 1,1 Millionen Euro werden laut Urteil eingezogen. Von den beiden Maintaler Schwestern sind mehr als 50.000 Euro fällig. (dpa)
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