Wilnsdorf. Um die finanziellen Auswirkungen der Coronakrise ging es bei der Ratssitzung in der Festhalle Wilnsdorf. Der Rat fordert vom Land „echte“ Hilfe
„Beträchtliche wirtschaftlichen Schäden“, richte das Coronavirus in ganz Deutschland an, sagte Bürgermeisterin Christa Schuppler bei der Ratssitzung in der Festhalle. Dass auch Wilnsdorf betroffen sei, könne man sich an den Fingern abzählen. Anschließend stellte sie gemeinsam mit Kämmerer Daniel Denkert vor, wie hoch der Schaden voraussichtlich sein wird und wie die Gemeinde damit umgehen will.
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Die finanziellen Auswirkungen der Coronakrise
„Das Wort Prognose ist eigentlich schon zuviel“, relativierte der Kämmerer seine Zahlen, schon bevor er sie überhaupt verkündete. Es sei vielmehr eine grobe Schätzung, die sich täglich ändern könne. Überhaupt eine Schätzung zu machen, sei dem Kämmerer sehr schwergefallen, verriet Christa Schuppler. Sie habe es aber für wichtig gehalten, dem Rat zumindest irgendeine Grundlage zu präsentieren.
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Und das tut Daniel Denkert dann auch. Auf 4.790.934 Euro schätzt er die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gemeinde Wilnsdorf nach aktuellem Stand. Der größte Teil davon kommt durch mangelnde Gewerbesteuereinnahmen zustande. Um 1,8 Millionen Euro haben sich die bisherigen Vorauszahlungen für das Jahr 2020 reduziert. Auf mehr als eine Million Euro schätzt Denkert die Mindereinnahmen durch verschlechterte Jahresabschlüsse, die erst in späteren Jahren ersichtlich werden. „Unabhängig von den Gewerbesteuer-Vorauszahlungen wird sich bei nahezu allen Unternehmen das Ergebnis verschlechtern“, erwartet Denkert. Seinen Zahlen zugrunde liegt die Mai-Steuerschätzung des Bundesfinanzministers Olaf Scholz, der von einem Gewerbesteuerrückgang von 28,6 Prozent ausgeht.
Nicht in allen Kommunen tagt der gesamte Rat
Politische Gremien wie der Rat dürfen sich trotz Versammlungsverbot treffen. Es gebe jedoch einen Appell der Landesregierung, auch diese Sitzungen grundsätzlich so gering und kurz wie möglich zu halten, sagte Bürgermeisterin Christa Schuppler.
In manchen Kommunen übertrug der Rat seine Befugnisse an den Hauptausschuss, damit ein kleineres Gremium tagen kann und wichtige politische Entscheidungen trotzdem getroffen werden können. Diese Lösung habe sie in Wilnsdorf gar nicht erst vorgeschlagen, so Schuppler. Sie halte die Diskussion im gesamten Rat für wichtig und die Festhalle biete dafür außerdem die nötigen Voraussetzungen.
Ebenfalls auf Grundlage der Mai-Steuerschätzung erwartet der Kämmerer einen Rückgang des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer in Höhe von 1.608.804 Euro. Im Bereich der Umsatzsteuer erwartet Denkert Verluste von 260.630 Euro. Durch die Schließung der Spielhalle verliert Wilnsdorf monatlich 20.000 Euro an Vergnügungssteuer. Dazu kommen weitere Einnahmenausfälle durch die entfallenden Elternbeiträge (15.000 Euro) und die Schließung kultureller Einrichtungen wie des Museums (7.000 Euro). Gleichzeitig sorgt die Coronakrise für zusätzlich anfallende Kosten, zum Beispiel für Reinigung, Desinfektionsmittel oder die IT-Infrastruktur. Diese schätzt Denkert auf insgesamt 51.000 Euro.
Hilfe für die Wilnsdorfer Unternehmen
Um den durch die Corona-Pandemie geschädigten Unternehmen und auch Einzelpersonen helfen zu können, beantragte die Verwaltung eine Erweiterung der Befugnisse der Bürgermeisterin. Über Stundungen von Geldforderungen bis zu 1.500 Euro sowie den Erlass von Geldforderungen bis zu 3.000 Euro konnte die Bürgermeisterin schon vor Corona entscheiden. In Fällen, die im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Corona-Virus stehen, ist die Bürgermeisterin nun ermächtigt, ohne einschränkende Betragshöhen Stundungszinsen und Säumniszuschläge zu erlassen sowie Geldforderungen bis zu einem Jahr zu stunden.
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Wie dieser coronabedingte Zusammenhang festgestellt werden könne und wie vor allem eine entsprechende Begründung aussehen könne, wollte Hannes Gieseler (SPD) wissen. Die Begründung müsse schlüssig sein, antwortete die Verwaltungschefin. Jeder Einzelfall müsse gesondert betrachtet werden. Der Rat stimmte dem Beschlussvorschlag schließlich einstimmig zu. Schuppler versprach, sorgsam mit diesen Instrumentarien umzugehen. „Ich hoffe, sie nicht allzu oft einsetzen zu müssen“, so die Bürgermeisterin.
Hilfe für die Gemeinde Wilnsdorf
Auf die Frage, was nötig sei, um die finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinde aufzufangen, hatte Schuppler ebenfalls eine Antwort parat: „Wir brauchen Geld, und zwar am besten vom Land.“ Bisher habe das Land lediglich buchhalterische Möglichkeiten geschaffen, mit den Kosten der Coronakrise umzugehen. Deshalb hat Schuppler gemeinsam mit dem Landrat und den anderen Bürgermeistern des Kreises in einem Schreiben an Ministerin Ina Scharrenbach bereits „echte finanzielle Unterstützung“ gefordert.
Die Ratsfraktionen Wilnsdorfer Parteiunabhängige, Bürger für Wilnsdorf und FDP, SPD und CDU verfassten ebenfalls eine Resolution an den Landtag und die Landesregierung, in der sie unter anderem die Erstattung der durch Corona entstandenen Mehraufwendungen fordern. Die Kommunen leisteten ihren Beitrag zur Bekämpfung der Krise, heißt es in der Resolution. „Wir warnen aber ausdrücklich davor, dass unsere Städte und Gemeinden überfordert werden könnten, wenn sich die Bedingungen nicht erheblich ändern.“ Zehn Jahre habe man ordentlich für den Haushaltsausgleich gearbeitet, sagte Hannes Gieseler. Es könne nicht sein, dass Corona zwei Jahre vor der Erreichung dieses Ziels die gesamte Arbeit zunichte mache.
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Das Thema sei beim Land angekommen, versicherte Schuppler. Sie habe auch schon Signale der Ministerin erhalten, dass an einer „echten Hilfeleistung“ gearbeitet werde, Details gebe es aber noch nicht. Die Resolution verabschiedete der Rat ebenfalls einstimmig.
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