Siegen. Siegens Kämmerer Wolfgang Cavelius nennt erste Zahlen zum Preis von Corona für die Stadt: Allein 30 Millionen Euro Steuereinnahmen bleiben aus.
Kämmerer Wolfgang Cavelius hat den Rat auf harte Zeiten vorbereitet. Die Beseitigung der von Corona bedingten Schäden, so Cavelius, „wird uns mehr Opfer abverlangen als das Virus selbst.“
Fast zwei Monate hat in Siegen kein politsches Gremium mehr getagt. Für die erste Sitzung in Zeiten der Kontaktsperre kam der Rat im Gläsersaal zusammen. Draußen hielten Demonstrierende Abstand und Transparente – für die Seebrücke für Geflüchtete und für den Erhalt der Platane am Johann-Moritz-Quartier waren auch die meisten Zuschauer gekommen. Wo sonst bis zu 800 Konzertgäste Platz finden, waren Tische für 67 Ratsmitglieder, Dezernenten und wenige Abteilungsleiter und ein paar Zuschauer gestellt.
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Man trug Schutzhauben oder Mund-Nasenschutze. Zwei behandschuhte Mitarbeiter der Stadt trugen lange Mikrofongalgen zu den Plätzen, wo die Sprechanlage nicht funktionierte, und wechselten nach jedem Redner die Plastikhülle auf dem Mikro. Und geredet wurde viel – der Mahnung von Bürgermeister Steffen Mues zum Trotz, angesichts der Umstände „einfach mal zu überlegen, ob eine Wortmeldung wirklich notwendig ist“.
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Der Kämmerer: Haushaltsausgleich in weiter Ferne
Ausgerechnet im Verlauf dieses Nachmittags werden die weitreichenden Lockerungen der Beschränkungen der letzten Wochen bekannt. Was der Kämmerer zu sagen hat, dürfte manches Aufatmen gestockt haben: Nicht die geplanten sechs Millionen Defizit werden am Jahresende auf der Rechnung stehen. Sondern ein „zweistelliger mittlerer Millionenbetrag“.
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Insgesamt 30 Millionen Euro an Steuereinnahmen werden fehlen. Hinzu kommt der Ausfall von je zwei Millionen Euro an Gebühren und Eintrittsgeldern . Mehrausgaben von 200.000 Euro stehen fest, zusätzlich eine halbe Million für den Rettungsdienst und Sozialausgaben in noch nicht bekannter Höhe. Dass die Kommunale Entwicklungsgesellschaft keinen Gewinn macht, versteht sich: Ihr entgegen pro Woche 30.000 Euro an Gebühreneinnahmen in den Parkhäusern.
Wolfgang Cavelius nennt keine Summe. Aber er führt ein Rechenbeispiel vor: Sollte Siegen mit 50 Millionen Euro Defizit aus dem Jahr herauskommen, wären das hochgerechnet auf ganz NRW 10 Milliarden Euro. Genau das ist aber die Summe, die landesweit jetzt schon hochgerechnet wird. „Fragen Sie mich lieber nicht, was ich davon halte“, kommentiert der Kämmerer die Idee des Landes, wie die Städte diese Schulden bezahlen sollen: indem sie die Defizite wie Investitionen, beginnend ab 2025, über 50 Jahre abschreiben. Und die Kassenkredite sollen auch über eine Laufzeit von 50 Jahren aufgenommen werden.
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Der Haushaltsausgleich, der nach städtischem Haushaltssicherungskonzept 2022 erreicht werden soll, „ist in weite Ferne gerückt.“ Trotzdem: Jetzt auf Investitionen zu verzichten, wäre ein falsches Signal: „Der kommunale Raum darf nicht auch noch als Konsument und Auftraggeber ausfallen.“
Die Lockerungen: Was ist mit dem offenen Ganztag?
Schuldezernent André Schmidt wird von den Nachrichten incorona- unternehmen in siegen rechnen mit langer kriseder Sitzung überrascht: Bis Ende Mai sind alle Kinder und Jugendlichen wieder in der Schule. Was das für offenen Ganztag und Mittagessen unter Coronaschutzbedingungen heißt? „Wir arbeiten 24 Stunden“, berichtet Schmidt, denn auch diese Anweisung aus Düsseldorf gleicht den vorigen: „Enge Zeitpläne und relativ unklare Vorgaben.“ Von „absolutem Schweinsgalopp“ spricht Bürgermeister Steffen Mues: Schon ab Donnerstag dürfen Freiluftsportanlagen wieder geöffnet werden. Die Stadt selbst reagiert ebenfalls schnell: Die Stufen an den neuen Ufern der Sieg dürfen tagsüber wieder besetzt werden, bis 18 Uhr.
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Erleichterungen: Starthilfe für Handel und Gastronomie
Einstimmig sprichr sich der Rat dafür aus, keine Gebühren für Außengastronomie und Warenauslagen auf städtischen Flächen zu erheben. Bürgermeister Mues will das jetzt auch als „Starthilfe“ für Einzelhändler und Wirte verstehen, die für die Einzelnen durchaus eine vierstellige Summe ausmachen könnte. Gereizt reagiert Mues allerdings auf den Antrag der UWG, auf Antrag Grund- und Gewerbesteuern zu stunden. Das mache die Verwaltung von sich aus sowieso. „Wir tun alles, was in unserer Macht steht – wir sind doch nicht blöd.“
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