Siegen. Corona verhindert in den meisten Familien im Siegen ein gemeinsames Osterfest. Viele Senioren nutzen andere Wege, um in Verbindung zu bleiben.

Vor allem die Älteren werden sich erinnern, an „Lady Sunshine und Mister Moon“. Das Duett, 1962 von Conny Froboess und Peter Weck aufgenommen, passt rund 58 Jahre später zum Osterwochenende, weil seine Hauptfiguren etwas mit Familienfesten und coronabedingten Kontaktverboten gemeinsam haben: Beides gleichzeitig geht nicht so richtig – vor allem, weil die ältere Generation zu den Enkelkindern auf Distanz bleiben muss. Aber: Es gibt Mittel und Wege, um an den Feiertagen zumindest nicht vollständig auf die Generationen übergreifende Familienzeit verzichten zu müssen.

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Den bisherigen Rückmeldungen nach „nehmen die Senioren das gut auf und haben Verständnis für die Maßnahmen“, sagt Lars Dörr, Seniorenbeauftragter der Stadt Siegen, über die momentan geltenden Einschränkungen. Natürlich sei Ostern ein Familienfest, aber es herrsche „keine so große Wehmut“ bei älteren Menschen, weil sie derzeit Abstand zu ihren Lieben halten müssen. „Weihnachten wäre schlimmer gewesen“, schätzt der Seniorenbeauftragte.

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Die Einen

Es gebe außerdem Möglichkeiten, um die Distanz wenigstens etwas zu überbrücken – und beide fänden in Siegen und Umgebung Anwendung:

Neue Medien. „Viele Seniorinnen und Senioren sind längst gut ausgestattet mit PCs, Smartphones oder Tablets“, sagt Lars Dörr. Skypen – also Bildtelefonie –, Whatsapp, das digitale Versenden von Fotos und Videos seien vielen älteren Menschen längst vertraut, und in der aktuellen Lage komme diesen Kanälen eine besondere Bedeutung zu. Natürlich ist das kein 100-Prozent-Ersatz für persönlichen Kontakt, für Umarmungen, für gemeinsam verbrachte Zeit am selben Ort; aber es ermöglicht eine engere Verbindung – ob nun dauerhaft am Stück oder immer mal wieder zwischendurch.

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Für viele Senioren sei dies gar nichts Neues, wie Lars Dörr betont. Es sei schließlich immer seltener der Fall, dass Familien mit mehreren Generationen im selben Haus wohnen. Oft lebten Eltern, Kinder und Enkel nicht einmal mehr in derselben Stadt, manchmal nicht einmal mehr im selben Land: Da sei Kontakt über digitale Wege ohnehin schon etabliert.

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Sehr traditionelle Medien. Telefonieren geht natürlich immer. Lars Dörr hat aber noch einen anderen Vorschlag: „Auch ,alte' Kommunkationswege nutzen“. Bestimmt freuen sich die Großeltern, wenn die Enkelkinder etwas basteln oder malen und ganz traditionell mit der Post schicken. Das übrigens ist selbst erprobt, wie der Seniorenbeauftragte verrät: „Wir haben in der Familie gesagt, wir basteln schöne Osterkarten für die Verwandten und verschicken sie – sozusagen back to basics.“ Die Klassiker, selbst wenn sie – wenn auch etwas zu Unrecht – ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, funktionieren nämlich immer noch bestens.

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Nachholen. „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, erinnert Lars Dörr. Osterkaffee, Osteressen, Osterbasteln oder Osterspaziergang machen im Kreise der Familie auch ein paar Wochen später noch Freude. Nur, weil im Augenblick noch Kontakteinschränkungen gelten, „muss man mit dem Treffen ja nicht bis zum nächsten runden Geburtstag warten“.

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Die Anderen

„Es ist schwierig, die Dunkelziffer zu erfassen von Seniorinnen und Senioren, die wirklich allein sind“, räumt Lars Dörr ein. In Siegen gebe es gerade im und um das Haus Herbstzeitlos in der Marienborner Straße 151 eine Fülle von Angeboten und Gruppen für ältere Menschen; es gibt den Verein Alteraktiv, die Senioren-Service-Stelle der Stadt, den Seniorenbeirat; die Senioren-Zeitschrift „Durchblick“, die Heinzelwerker, Lesepaten, Englisch-Kurse Sonntagscafé und und und – aber dennoch gebe es viele ältere Menschen, „an die schwierig heranzukommen ist, um sie zu motivieren, bei etwas mitzumachen“. Eine Situation wie die aktuelle kann natürlich ein Anlass sein, sich damit noch einmal zu befassen und über Lösungen nachzudenken.

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Es gibt verschiedene Gründe, wieso Ältere nicht mehr partizipieren – selbst, wenn sie es vielleicht gerne würden. Viele Hürden lassen sich aber überwinden:

Geld. Altersarmut ist faktisch ein großes gesellschaftliches Problem. Manche Seniorinnen und Senioren nehmen an nichts teil, „weil sie kein Geld haben“, sagt Lars Dörr – und ergänzt: „Oder meinen, das erforderliche Geld nicht zu haben“. Viele Angebote – auch die richtig schicken – sind nämlich gar nicht oder kaum mit Kosten für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbunden. Kommen, reinschauen, mitmachen darf jeder und jede, betont der Seniorenbeauftragte. Niemand muss Hemmungen haben, niemand muss sich schämen.

Angebote und Kontakt

Wer sich für die Zeit nach dem Shutdown einen Überblick über Angebote für Seniorinnen und Senioren verschaffen möchte, wird unter anderem auf unser-quartier.de/haus-herbstzeitlos-siegen, auf senioren-siegen.de und auf senioren-stadt-siegen.de fündig.

Die Regiestelle Leben im Alter der Stadt Siegen ist unter 0271/404-2238 zu erreichen.

Keine Ahnung von Technik. Ältere Menschen, die Berührungsängste mit Smartphone, Tablet und Co. haben, sind eine ganz wesentliche Zielgruppe. Das Senec@fe (Untertitel: „Treffpunkt Neue Medien“) gibt es seit 2003 im Haus Herbstzeitlos – mit dem Ziel, Seniorinnen und Senioren an die digitale Welt heranzuführen. Männer und Frauen aus der eigenen Altersgruppe erklären auf Augenhöhe und im individuellen Tempo, wie die Technik funktioniert, was möglich ist und welche Geräte man dazu braucht. „Die machen auch Kaufberatung“, sagt Lars Dörr. Selbstverständlich kosten die Geräte Geld – aber zum neusten 1000-Euro-Smartphone aus dem Hochglanzprospekt gibt es auch deutlich günstigere Alternativen, und die Cracks aus dem Senec@fe wissen, welche.

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Keine Kenntnis von den Angeboten. Wer auf Internetseiten wie die des Vereins Alteraktiv oder von Haus Herbstzeitlos erst gar keinen Zugriff hat, wer vielleicht auch keine Zeitung liest, erfährt von den Möglichkeiten logischerweise schlecht. Lars Dörr hofft deshalb auf Mund-zu-Mund-Proganda und möchte Bürgerinnen und Bürger auch ermutigen, ältere Nachbarn und Bekannte aufmerksam zu machen. Im Moment macht das Haus Herbstzeitlos selbstverständlich – wie alle öffentlichen Einrichtungen – Coronapause. Aber auch die geht rum. Und vielleicht kommt der eine oder die andere in dieser Phase ja zu dem Schluss, dann etwas Neues ausprobieren zu wollen. Zu alt für Freude und neue Freunde ist man schließlich nie.

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