Wegen Corona bleiben Schulen bis zum Ende der Osterferien geschlossen. So läuft es mit dem Online-Unterricht in Netphen, Hilchenbach und Siegen.

Schule geht weiter, auch wenn in den Klassenräumen wegen der Corona-Pandemie bis nach den Osterferien kein Unterricht mehr stattfindet. Aber wie? Schüler berichten, wie sie zu Hause lernen.

Silas Stoffers aus Netphen: Zuhause lernen ist anspruchsvoller

Acht Mails mit Aufgaben lagen da am Anfang der Woche vor Silas ausgebreitet. „In höchstem Maße gymnasial“, merkt der Elfjährige mit leicht sarkastischem Unterton an. Die zweite Woche Lernen aus der Distanz. „Das ist schon ein anderes Gefühl.“ Denn so nebenbei, im Gespräch oder bei der Gruppenarbeit wie sonst in seiner 7. Klasse am Netphener Gymnasium, lernt Silas hier gar nichts. „Das hier ist anspruchsvoller.“

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Zuhause teilt sich Silas Stoffers dieses externe Schülerdasein mit einer kleinen Schwester, die eine dritte Grundschulklasse besucht, und einem älteren Bruder, der in die 8 des Gymnasiums geht. Silas hat sich viel vorgenommen: Montags will er die Aufgaben für die Hauptfächer schaffen, dienstags und mittwochs die Nebenfächer. „Dann habe ich donnerstags und freitags Zeit, eigene Sachen zu machen.“ Auch mal rausgehen, der Wald ist schließlich nicht gesperrt. „Es ist besser, wenn wir uns mehr bewegen.“ Und Silas selbst fehlt das sonst schon: Er turnt, spielt Fußball und macht Kickboxen, „Das ist jetzt alles weg.“

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Digitales Lernen: Fotos, Screenshots und ein virtueller Klassenraum

Jedes Fach, jede Lehrkraft arbeitet anders in Zeiten wie diesen. In Englisch zum Beispiel bezieht die Lehrerin eine Internetseite ein. Um zu sehen, wie ihre Schüler mit den Aufgaben zurechtkommen, lässt sie sich einen Ausdruck der Seite als Foto oder direkt einen Screenshot zuschicken. In Latein haben sie jetzt einen virtuellen Klassenraum ausprobiert, in dem alle miteinander reden konnten. „Um 11.15 Uhr kam unser Lehrer rein.“ Da wurden dann die Hausaufgaben besprochen und neue Aufgaben gemeinsam erledigt – Lückentexte ausfüllen, aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzen. Was man halt so macht im zweiten Jahr Latein. Ganz normal, aber auf einmal besonders, weil alle sich wieder hören konnten: „Das war ein schönes Erlebnis.“

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Für die Schlagzeugstunde reicht das Netz nicht

Nach dem Telefongespräch am Mittag ist für Silas die Schule noch nicht vorbei – er hinkt ein bisschen hinter dem selbst gesteckten Ziel hinterher. „Englisch muss ich noch machen, und Bio und Chemie.“ Eigentlich wäre am Nachmittag auch noch Schlagzeugunterricht gewesen. Der Musikschullehrer wollte es per Videotelefonat probieren. Nur: Silas’ Schlagzeug steht im Keller, und da unten ist das Netz zu schwach. Silas wird also Schlagzeug und Gitarre allein üben. Auch dafür gibt es eine App.

Noch eine Woche, und dann sind Osterferien. Die, genauso wie die beiden letzten Wochen Schule, etwas anders sein werden. „Ich freue mich trotzdem drauf.“

Marvin Pilz (17) bereitet sich aufs Abi vor

„Heute erstmal Deutsch.“ Auf Marvin Pilz, der die Q 1 in Stift Keppel besucht, wartet eine Übungsanalyse zum Thema Dialekte und Sprachvarianten. „Die müssen wir morgen abgeben.“ So was könnte nächstes Jahr im Abi kommen. „Materialgestütztes Verfassen von Texten mit fachspezifischem Bezug“, heißt das in den Anforderungen des Zentralabiturs. „Da sitzt man schon zweieinhalb Stunden dran“, schätzt der 17-Jährige. Danach hört es sich auch an. Sowi und Erdkunde haben sich gemeldet, Englisch ist reingekommen, Bio liegt auch noch auf dem Tisch. Viele andere in seinem Jahrgang machen gerade die Facharbeit fertig, Freitag ist Abgabetermin.

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Die Aufgaben kommen per Mail, oder sie werden, wie später auch die Arbeiten der Schüler, in einer Cloud („Datenwolke“) hochgeladen. Manchmal gibt es einfach Hausaufgaben, manchmal auch eine Übungsklausur oder einen Link, zum Beispiel zum „Simple Club“, der sich als „intelligenteste Lernapp“ selbst bewirbt. „So etwas wie Nachhilfe auf Youtube“, erklärt Marvin seine Sicht des Prinzips. „Man kann sich auch selbst viel beibringen.“

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WLAN läuft zuhause besser als in der Schule

Als einer der Medienscouts seiner Schule ist er von Anfang an ein bisschen weiter gewesen als die meisten anderen. „Natürlich könnte man das alles besser machen“, sagt er, zum Beispiel mehr in Clouds arbeiten statt Mails hin- und herschicken. „Aber dafür, dass das eine spontane Notfalllösung war, läuft das alles schon sehr gut.“ Schlechte Leitungen? Die sind in der Schule ein Problem, wo das WLAN noch nicht alle Räume erschließt. Auf den Dörfern, wo seine Mitschüler wohnen, weniger. „Klar, bei dem einen oder anderen laden Videos ein paar Minuten länger.“

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Früh aufstehen muss nicht mehr sein

Morgens um 8 an den Schreibtisch? Marvin Pilz gibt im Telefongespräch gern zu, dass der Rhythmus des Schultags nicht seiner ist. Er schläft länger. „Ich teile mir das anders ein, bei gutem Wetter gehe ich eher mal raus.“ Die Aufgaben sind dann nachmittags dran, wenn in Keppel schon Schulschluss ist. Dass es dann zum Ende hin mal ein bisschen knapp werden könnte, ist kalkuliertes Risiko. Marvin schätzt sich selbst als schnellen Arbeiter ein.

Das Fazit? „Das ist wie Ferien ohne Urlaub“, überlegt Marvin. Natürlich, auch ihm fehlen die Begegnungen mit den Leuten aus der Stufe. Wobei es ja nicht nur Lernstoff im Netz gibt, sondern auch Snapchat oder Insta. In Verbindung bleibt man schon, „mit den Leuten, mit denen ich in Kontakt bleiben möchte“. Und überhaupt: „Schade, dass es so ist. Aber da müssen wir alle durch.“

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