Kredenbach. Die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe richten eine Ausweichklinik ein, falls durch das Coronavirus die Krankenhäuser an ihre Grenzen kommen.
Das Coronavirus könnte zu Überlastungen in den Krankenhäusern führen. In der ehemaligen Bernhard-Weiss-Klinik der Diakonie in Kredenbach bereiten sich die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe auf dieses Szenario vor – 110 Betten sollen hier für Patienten bereitstehen, die hoffentlich niemals kommen. Landrat Andreas Müller, Kreisdirektor Theo Melcher aus Olpe und Thomas Tremmel, Amtsleiter Rettungswesen, Brand- und Bevölkerungsschutz des Kreises Siegen-Wittgenstein, stellen das Konzept des Ausweichkrankenhauses vor.
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Das Gebäude
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Reinigungspersonal fegt durch die Gänge der ehemaligen Klinik, im Hintergrund organisieren die Verantwortlichen der Kreise und der Krankenhäuser die notwendige Ausstattung für die Zimmer. Die Betten stehen schon bereit, der Auftrag für eine zentrale Sauerstoffversorgung ist erteilt, die notfalls innerhalb von fünf Tagen eingerichtet werden könnte. Auf einer „Einkaufsliste“ steht der übrige Bedarf, aktuell prüfen die Kliniken, was sie zur Verfügung stellen können. „Was unterm Strich übrig bleibt, kaufen wir ein“, erklärt Thomas Tremmel.
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Bei Tremmel laufen die Fäden zusammen. In kürzester Zeit und mit enormem Aufwand organisiert er die Einrichtung des Krankenhauses. Erst am vergangenen Freitag wurde das Einverständnis des Eigentümers, der Diakonie, eingeholt und die Partner aus den Kreisen und deren Kliniken begannen mit der Vorbereitung. Schon in zwei Wochen soll das Ausweichkrankenhaus bezugsfertig sein.
Die Patienten
Es sollen keine Corona-Fälle nach Kredenbach kommen. „Wir können das nicht ausschließen, aber es ist nicht vorgesehen“, sagt Tremmel. Stattdessen sollen hier Betten für andere Patienten bereitstehen, falls die anderen Kliniken an ihre Kapazitätsgrenzen kommen.
„Wir bereiten das vor, in der Hoffnung, dass wir es nicht brauchen“, sagt Landrat Andreas Müller. Noch hofft man beim Kreis, durch die Kontaktsperre und Hygienevorschriften das Virus eindämmen zu können. „Derzeit zielen alle Maßnahmen auf eine Verlangsamung der Ausbreitung ab“, erklärt Müller. Doch falls das wider Erwarten nicht gelinge, wolle man vorbereitet sein.
Nicht jeder soll sich testen lassen
Plan A ist immer noch die Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus. Trotz der geringen Fallzahl habe man aber auch im Kreis Siegen-Wittgenstein eine Verdopplung der Zahlen in einem kurzen Zeitfenster beobachtet, sagt Landrat Andreas Müller.
Die Auswertung der Coronatests nimmt immer mehr Zeit in Anspruch. Aktuell stehen noch die Laborergebnisse der Tests vom vergangenen Montag, 16. März, aus. Dieser Rückstau erschwert die Einschätzung der tatsächlichen Ausbreitung des Virus
Die aktuelle Stimmungslage, nach der jeder getestet werden müsse, sei kontraproduktiv, sagt Landrat Müller. Er appelliert an die Bevölkerung, nach Möglichkeit zuhause zu bleiben.
Das Coronavirus kann in der Regel nur dann nachgewiesen werden, wenn Krankheitssymptome auftreten. Das Robert-Koch-Institut gibt Richtlinien dazu heraus, in welchen Fällen Tests sinnvoll sind. Wer in Sorge ist, sich infiziert zu haben, sollte in jedem Fall zunächst telefonisch Kontakt zu seinem Hausarzt aufnehmen.
„Die Alternative wären Zelte oder Turnhallen, das wollen wir mit allen Möglichkeiten verhindern“, sagt Müller, an anderen Orten wäre das die Realität. Deshalb sei es quasi ein Glücksfall, das das ehemalige Diakonie-Krankenhaus zur Verfügung stehe. Das Gebäude bietet eine gute Infrastruktur, auf der ehemaligen Intensivstation wäre auch eine Versorgung von Schwerverletzten zumindest zeitweise möglich.
Im Erdgeschoss sitzen noch die Gynäkologie des Medizinischen Versorgungszentrums Kredenbach und eine nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis. Im ersten und zweiten Stock werden die Ausweichbetten eingerichtet. Falls Patienten nach Kredenbach eingeliefert werden, sollen sie möglichst wenig Kontakt zu den anderen Menschen im Haus haben. Deshalb würden sie im Falle des Falles durch den ehemaligen Entsorgungsbereich im Keller in das Krankenhaus und durch einen Aufzug auf die Stationen gebracht.
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Das Personal
Im Fall einer Inbetriebnahme soll das medizinische Fachpersonal in drei Schritten gesucht werden. Zuerst würde bei den bestehenden Krankenhäusern nachgefragt, im zweiten Schritt würde ein Aufruf an alle Pflegekräfte gestartet, die aktuell nicht in dem Beruf arbeiten. Schließlich würde auf ehrenamtliche Kräfte der Sanitätsdienste DRK und Malteser zurückgegriffen. „Wir können froh sein, dass wir so gute Hilfsorganisationen haben“, sagt Theo Melcher. „Ohne die wären wir aufgeschmissen.“
Schon ohne diesen Aufruf hätten Bürger ihre Hilfe angeboten, freut sich Andreas Müller, und zwar von einer Krankenschwester bis hin zum Bäcker. Trotz aller Vorbereitung ist noch nicht alles für den Ernstfall geklärt. „Wir beantworten die Fragen, die wir beantworten können, alles andere improvisieren wir“, sagt Thomas Tremmel. Falls das Krankenhaus in Kredenbach in Betrieb genommen werden müsse, sei auch das Szenario nicht unwahrscheinlich, dass die Hilfe der Bundeswehr in Anspruch genommen werden müsse, sagt Tremmel. Die Hürden dafür seien allerdings sehr hoch.
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„Die Zeit, sich etwas zu wünschen, wird dann vorbei sein“, stellt Andreas Müller klar. Woher zum Beispiel die Ärzte kommen würden, ist bisher noch völlig unklar. Die Bernhard-Weiss-Klinik war unter anderem wegen Ärztemangel geschlossen worden. „Wir kriegen das schon hin“, ist sich Thomas Tremmel sicher. Trotzdem wünschen sich alle Verantwortlichen, dass sie die Vorbereitungen umsonst treffen und gar kein Patient nach Kredenbach kommen muss.
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