Siegen/Kreuztal. „Bäume für die Zukunft“: Autohaus Keller, Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein und städtisches Gymnasium Kreuztal tun etwas für den Klimaschutz.

Die Traubeneiche ist ein Baum, der mit dem Klimawandel klarkommt. Sie verträgt höhere Temperaturen und Trockenheit besser als die hier äußerst präsente – und leidende – Fichte. Dadurch und durch den Borkenkäfer sind bereits große Kahlflächen in den Siegerländer Wäldern entstanden.

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Das Projekt „Bäume für die Zukunft“ dient der stabilen Wiederaufforstung: Für jeden verkauften Wagen spendet das Autohaus Toyota Keller 50 Bäume, die das Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein auf einer Kahlfläche in Fellinghausen pflanzt (siehe Infobox). Die Umwelt-AG des städtischen Gymnasiums Kreuztal begleitet die Aktion, unterstützt die Förster und lernt vor Ort Konsequenzen des Klimawandels – und wirksame Gegenmaßnahmen – kennen.

Kahlfläche in Siegen-Wittgenstein womöglich doppelt so groß wie nach Kyrill

Viele Baumarten kommen mit dem Trockenstress nicht gut klar, sagt Manfred Gertz – zum Beispiel die Fichte, die rund 70 Prozent des heimischen Waldbestands ausmacht. Im Frühjahr 2018 gab es Windwurf im Wald, Sturm Friederike kippte Bäume um, das Holz wurde nicht aufgearbeitet – und in der Folge vermehrte sich der Borkenkäfer explosionsartig. Dazu kam die Trockenheit der vergangenen zwei Jahre: Bäume reagieren auf den Schädling, indem sie verstärkt Harz produzieren und die Käfer damit abtöten.

Die Projektpartner um Wolfgang Keller (Mitte hinten), Forstdirektor Manfred Gertz (links daneben) und Schulleiter Herbert Hoß (rechts daneben) sowie die Umwelt-AG wollen aktiv etwas für den Klimaschutz tun.
Die Projektpartner um Wolfgang Keller (Mitte hinten), Forstdirektor Manfred Gertz (links daneben) und Schulleiter Herbert Hoß (rechts daneben) sowie die Umwelt-AG wollen aktiv etwas für den Klimaschutz tun. © Hendrik Schulz

Das funktioniert aber nur, wenn sie ausreichend Harzdruck produzieren können – und dafür braucht es genug Wasser. Auf sechs bis sieben Millionen Käfer pro betroffenem Hektar Wald schätzt Hertz das Vorkommen – und fast eine Million davon überwintern nicht in der Rinde, sondern im Boden. „Es ist noch nicht vorbei.“ Die Kahlfläche könne womöglich doppelt so groß sein wie nach Kyrill.

Das Ziel: Mischwälder für das Siegerland

Mischwald. Die CO2-Bilanz verbessern, Wälder klimafest machen, Bewusstsein schaffen, vor Ort etwas verbessern. „Wir wissen nicht, was kommt“, sagt Manfred Gertz – also setzen die Förster auf verschiedene Baumarten, um möglichst viele Szenarien abzubilden.

Diese Baumarten sollen gut mit höherer Temperatur, weniger, dafür wenn schlagartigem Niederschlag umgehen können und als Nutzholz geeignet sein. Das dient nebenbei dem Naturschutz, weil die Artenvielfalt größer wird, und der Naherholung – Mischwälder sind schöner als Fichtenmonokulturen. Dass sie auch wirtschaftlich sein können, komme langsam bei Waldbesitzern an, sagt Gertz.

Das Autohaus Toyota Keller

Schon nach Kyrill hatte Wolfgang Keller 2008 eine große Aktion mit dem Regionalforstamt und mehreren Siegerländer Grundschulen durchgeführt; mehr als 10.000 Bäume wurden gepflanzt. „Bei einer Besichtigung zeigte sich der damals gepflanzte Mischwald auch bei der Trockenheit sehr widerstandsfähig“, sagt Keller. Der Klimawandel werde aktuell nicht nur an Großkatastrophen wie den Buschbränden in Australien deutlich, sondern auch am Zustand der Siegerländer Wälder. 19 Prozent der CO2-Emissionen würden durch menschliche Mobilität verursacht – „für einen Automann eine wichtige Frage“, sagt er.

Jeder Käufer unterstützt

Wer bis 28. März einen Neuwagen im Kreuztaler Stammhaus von Toyota Keller oder in einer der Filialen in Siegen, Olpe, Limburg oder Hagen kauft, unterstützt automatisch und ohne Mehrkosten die Pflanzaktion. Die Spende der jeweils 50 Traubeneichen pro Fahrzeug erfolgt unabhängig von Modell, Antrieb oder Kaufpreis.

Die ersten Setzlinge werden Freitag, 20. März, in Fellinghausen gepflanzt.

Toyota hat sich selbst das Ziel gesteckt, bis 2050 ein Auto auf den Markt gebracht zu haben, das kein CO2 emittiert, weder auf der Straße, noch in der Produktion. „Wir glauben, dass wir mehr tun müssen“, sagt Keller: 50 Bäume nähmen pro Jahr eine halbe Tonne CO2 auf, so viel, wie ein Auto im Schnitt in sechs Monaten ausstößt. Insgesamt 5000 Bäume sollen es in Fellinghausen werden.

Das städtische Gymnasium Kreuztal

Die Gründung der Umwelt-AG war ein Zufall, erzählt Schulleiter Herbert Hoß: Im Februar 2019 teilen ihm Schüler mit, dass sie zur Fridays-For-Future-Demo gehen wollten, und fragten nach Konsequenzen. Per Ministererlass war das seinerzeit noch strafbewehrt, Hoß wollte seine Schüler aber nicht bestrafen. Sie sollten sich mit dem Klimawandel beschäftigen und ihre Ergebnisse in anderen Klassen vorstellen. Vor der nächsten FFF-Demo fragten wieder zwei Schülerinnen, ob sie sich für ihre „Strafe“ nicht auch in der Schule treffen könnten.

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Und als er dann von Wolfgang Keller und seiner Pflanzaktions-Idee hörte, dachte sich Hoß, dass er hier genau die richtige Gruppe dafür hatte. „Es kommen immer neue Schüler“, berichtet Betreuungslehrerin Lea Ehses: Das Projekt biete ganz andere Chancen, als theoretisch in der Schule zum Thema zu arbeiten, losgelöst von Noten, sondern aufgrund von Interesse, Selbstwirksamkeit zu erfahren; dass man etwas bewirken kann, sagt sie.

Die Förster vom Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein

Das Siegen-Wittgensteiner Regionalforstamt hat alle Hände voll zu tun: Mit der Wiederbewaldung und damit, tausende Festmeter Schadholz zu verkaufen. Als Wolfgang Keller Manfred Gertz nach einer gemeinsamen Aktion fragte und die Kreuztaler Umwelt-AG ins Spiel brachte, waren die Förster trotzdem dabei.

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„Es bringt nichts, über den Klimawandel zu reden, wenn man ihn vor der Haustür auch spüren kann“, sagt Gertz. „Die Wiederaufforstung mit Mischwald ist eine Mammutaufgabe. Gut, dass wir junge Verbündete gefunden haben.“

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