Hilchenbach. . Milliarden der Insekten warten nur darauf, im April und Mai auszuschwärmen und sich zu vermehren. Regionalforstamt geht strategisch dagegen vor.

Stürme, Hitze, Trockenheit und dann der Borkenkäfer: 2018 war kein einfaches Jahr für den Wald. Und auch nicht für die Hüter des Waldes vom Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein. Die Klima-Auswirkungen werden noch einige Jahre spürbar sein: Das Wetter hat zu Bedingungen im Wald geführt, in denen sich der Borkenkäfer wohlfühlt. Die Mitarbeiter des Landesbetriebs Wald und Holz gehen nun strategisch dagegen vor, um eine Massenausbreitung wenigstens abzumildern.

Kleiner als eine Erbse, aber für enorme Schäden verantwortlich: Der Borkenkäfer in echt (Bildmitte).
Kleiner als eine Erbse, aber für enorme Schäden verantwortlich: Der Borkenkäfer in echt (Bildmitte). © Hendrik Schulz

Die Situation

„Die Stimmung unter Waldbesitzern und in den Forstämtern ist ziemlich angespannt“, sagt Diethard Altrogge, Leiter des Siegen-Wittgensteiner Regionalforstamts. „Das wird sich die nächsten Jahre fortsetzen.“ Durch Sturm „Friederike“ fiel Anfang 2018 das Holz überall im Land an – und nicht nur relativ lokal begrenzt wie bei „Kyrill“, als überall „hungrige Verbraucher“ das Holz abnahmen. In der Folge sanken angesichts des Überangebots und nur örtlicher Abnehmer die Holzpreise. Dann kam der lange, trockene, Sommer – wieder fielen durch Dürreschäden große Mengen Holz an, die Sägewerke kamen kaum mit der Verarbeitung nach. Zusätzlich macht die Transportlogistik Probleme – es gibt immer weniger Holzfuhrleute. „Mit Friederike konnten wir noch ganz gut umgehen“, sagt Forstdirektor Manfred Gertz. Aber dann kam nahtlos die Käferkalamität.

Waldbrandprävention

Das Regionalforstamt will sich verstärkt den zunehmenden Waldbränden widmen, so Forstdirektor Klaus Münker. Man werde den Austausch mit den Feuerwehren intensivieren und die Feuerlöschteiche kontrollieren. „Uns macht die waldnahe Bebauung an manchen Stellen Sorge“, sagt Münker: Der Mindestabstand, 30 Meter, sei nicht immer leicht durchzusetzen.

Denn im Wald boten sich gute Bedingungen für den Borkenkäfer, der nun milliardenfach im Boden und unter den Rinden sitzt und darauf wartet, auszuschwärmen, sich zu paaren, zu brüten. Insbesondere Fichten-Monokulturen seien betroffen, so Altrogge; hier träfen die Auswirkungen des Klimawandels auf forstliche Entscheidungen, bei denen sich nach Jahrzehnten gezeigt hat, dass sie zumindest ungünstig waren. „Unsere Wälder drohen sich auf großer Fläche zu verändern. Ich bin 40 Jahre dabei – so ein Szenario habe ich noch nicht erlebt“, sagt Altrogge. Dazu kommen Verbissschäden durch Rehe und Hirsche. Und die Holzvermarktung, die ab 2020 von den Forstämtern an die Privatbesitzer abgegeben werden muss, was für „kolossale Unruhe“ sorge.

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Die Strategie

„Wir hoffen, dass der nasse Winter uns einen Puffer bietet, um die erste Welle der Borkenkäfer abzufedern“, sagt Manfred Gertz. Das Regionalforstamt will sich nicht geschlagen geben und die Verbreitung der Insekten eindämmen. Erster Schritt ist ein intensives Monitoring, erläutert Forstanwärterin Ann-Sophie Bilsing: Die Revierbeamten verschaffen sich einen Überblick über Käfernester und „Brennpunkte“, befallene Stellen und Bäume, in die die Borkenkäfer frisch „eingezogen“ sind. Mit einer „Käfer-App“ entsteht so ein aktuelles Lagebild, auf Basis dessen dann gezielt der zweite Schritt folgt: Fällen, Schälen, die Tiere – tausende pro Baum – damit unschädlich machen. „Zeitnah, bevor sie im großen Stil ausfliegen“, sagt Bilsing.

Von toten Bäumen gehe keine Gefahr mehr aus – stehen lassen, empfiehlt das Regionalforstamt, das die Waldbesitzer berät. „Sie helfen jungen Pflanzen, im Schatten groß zu werden und dienen so dem Bestandsaufbau“, sagt Ann-Sophie Bilsing. Weil der Holzmarkt gesättigt ist, werden Nasslager angelegt und – wegen der Käfer – vermehrt gefällte Stämme festmeterweise in Silofolie gepackt. Denn die hindert die Borkenkäfer am Ausfliegen; sie verhungern oder ersticken. „Gifteinsatz schließen wir aus“, betont Bilsing.

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„Wir werden eine Ausbreitung des Borkenkäfers nicht verhindern können“, sagt Forstamtsleiter Alt­rogge – „aber wir können dabei helfen, befallenes Holz so schnell wie möglich aus dem Wald zu schaffen.“ Die einzelnen Schritte werden gezielt vom Regionalforstamt aus koordiniert. Auch bei der Aufforstung in Richtung beständigerer Mischwälder unterstützen dann die Förster.