Netphen. Thema der 16 Klassensprecher in Niedernetphen ist die gewünschte Boulderwand für den Schulhof: Sie schaffen das...
Es wird eng in der kleinen Sitzecke neben Bücherei und Computerarbeitsplätzen, als die beiden Nachzügler aus der 1 b auch noch dazukommen. 16 Klassensprecher und -sprecherinnen aus acht Klassen der Grundschule in Niedernetphen. Die vierte Sitzung des Schülerparlaments in diesem Jahr, normalerweise immer am ersten Dienstag eines Monats in der zweiten Stunde. „Möchte diesmal jemand von euch das Protokoll übernehmen?“, fragt Lehrerin Brigitte Motz. „Was ist das?“, fragt Franzi, die nach der Antwort gemeinsam mit Giulia den Auftrag übernimmt. „Darf man da Rechtschreibfehler machen?“
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Projekt des Schülerparlaments in diesem Jahr ist die Boulderwand für den Schulhof. Voriges Jahr waren es die Toiletten, für die sich die Klassensprecher Mittel ausgedacht haben, ihre Mitschüler zu mehr Reinlichkeit anzuhalten. Zuerst wurde nach Wünschen gefragt: Fußballfeld, Schwimmbad… Rektorin Annette Kramps hatte die Idee mit der Boulderwand, als sie im Sommer den neuen Schulhof des Gymnasiums sah. Es folgte ein Ortstermin. „Die Kinder haben die beiden Wände ganz kritisch betrachtet.“ Und sich überhaupt nicht durch die anderen Attraktionen ablenken lassen.
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Das ist erledigt
„Jede Klasse hat einen Brief geschrieben“, berichtet Alessio. „An den Förderverein, dass wir unbedingt eine Boulderwand haben wollen“, ergänzt Marie. „Ich klettere gern in der Pause, weil das Kraft gibt“, heißt es in einem der Briefe aus der 1 a. „Weil man sich so frei fühlen kann“, steht in einem anderen. Die 4 b kommt etwas direkter daher: „Könnt ihr uns das Geld geben, damit wir die Wand kaufen können?“ Es gibt noch mehr zu berichten: „Wir haben am Gymnasium geguckt, wie das aussieht und ob die Wand gut ist.“ Und es gibt noch mehr zu tun. „Wir müssen noch dem Bürgermeister schreiben.“
„Es ist unser erstes Ziel, dass die Kinder die Strecke durchhalten“, sagt Annette Kramps. „Deswegen schreiben wir auch Protokolle, damit man die kleinen Schritte sieht, die schon erreicht sind“, ergänzt Brigitte Motz. Die Ersties, Zweities, Dritties und Vierties erweisen sich als gute Partner: „Sie können gut einschätzen, was realistisch ist““, sagt Schulsozialarbeiterin Svenja Steinberger. Ein bisschen schiebt Annette Kramps im Hintergrund aber schon mit: 5500 Euro sind für einen Grundschul-Förderverein schließlich kein Pappenstiel.
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Das ist die Neuigkeit
Rektorin Annette Kramps berichtet von der Sitzung des Fördervereins am Abend zuvor. Sie hat einen Brief mitgebracht: „Wir haben beschlossen, dass wir die gesamten Kosten für die Boulderwand übernehmen werden.“ Erste Rückfrage: „Darf ich das gleich meiner Klasse erzählen?“ Erste Anmerkung: „Die müssen ja gar nicht alles bezahlen, ein bisschen haben wir ja schon.“ Genau: Herr Bellersheim, der Nachbar, dem die Tankstelle gehört, hat nicht nur zugestimmt, dass die Wand auf die Grundstücksgrenze gestellt wird, sondern auch Geld dazu gegeben. „Aber er will auch einmal klettern dürfen.“
„Die fühlen sich verantwortlich für ihre Klassen“, stellt Rektorin Kramps fest. „Und sie kennen ihre Aufgabe“, sagt Svenja Steinberger.
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Das steht jetzt an
„Wie gehen wir jetzt weiter vor?“, fragt Brigitte Motz. „Wir müssen zum Bürgermeister“, erinnert Matis , denn der muss die Installation erlauben. „Vielleicht zwei Kinder und nicht alle.“ „Du meinst zwei aus jeder Klasse?“ „Nein, zwei Kinder.“ Alessandro: „Wir brauchen noch den Mann, der uns das erklärt.“ „Wer möchte mir die Mail für die Einladung diktieren?“, fragt Annette Kramps, „wir machen das sofort nach der Pause.“
Die Kinder erteilen sich gegenseitig das Wort. „Wie heißt du?“, muss man dann schon manchmal fragen, um den Nächsten aufrufen zu können.
Evelyn beginnt eine Diskussion: „Wir müssen fragen, ob wir größere Griffe haben dürfen.“ „Die großen sind viel zu einfach.“ „Wir können aber nicht mischen. Sonst kommen die Ersties und Zweities nicht weiter.“ Unten die großen Griffe, oben die kleinen? „Weil man von oben leichter runterfallen kann.“ „Auf gar keinen Fall, dann kommen die Kleinen ja gar nicht hoch.“
Zwei Standorte
Auch am Standort Obernetphen gibt es Klassenräte. Einmal im Schulhalbjahr, so das Ziel, soll das Gesamt-Schulparlament tagen. Dann wird es um Themen gehen, die Nieder- und Obernetphen verbinden. Die „Flitz Kidz“ zum Beispiel, der Laufwettbewerb, in welcher Klasse die meisten Schritte gesammelt worden sind. Und natürlich die Gestaltung der Wandertage.
Das Schülerparlament der Grundschule in Niedernetphen ist nicht die Versammlung der „lauten Kracher“, wie Annette Kramps es formuliert: „Die Kinder wissen genau, wer ihre Interessen am besten vertreten kann.“ „So soll es ja auch sein in der Demokratie“, stellt Svenja Steinberger, die Schulsozialarbeiterin, fest. Denn darum geht es letzten Endes: kleine Menschen für die Demokratie zu gewinnen, sagt Annette Kramps: „Es ist ja heute nicht mehr jeder glücklich, dass er wählen darf.“
„...den Fachmann fragen“, notiert Franzi das Ergebnis der Diskussion im Protokoll. Rektorin Annette Kramps setzt zu einem Schlusswort an, dankt für die gute Zusammenarbeit mit dem Schülerparlament, lobt für das Erreichte, bittet noch, die Online-Weihnachtskarte für die Schul-Homepage zu unterschreiben. „Wenn die Boulderwand Ostern steht, dann habt ihr entscheidend dazu beigetragen.“ „So lange“, mault jemand, „erst im April?“ „Vielleicht kommt ja noch der Winter“, gibt Annette Kramps zu bedenken. Die Protokollführerinnen geben das Protokollheft an Lehrerin Brigitte Motz zurück. „Aber das nächste Mal schreibt jemand anders.“
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