Freudenberg. Bei der Generationsbrücke kommen Senioren und Kinder in Freudenberg zusammen. Alle profitieren gleichermaßen von den monatlichen Treffen.

Plötzlich wird es wuselig im Altenzentrum Freudenberg. Sieben Kleinkinder kommen rein, verstauen ihre Autositze und sind ganz aufgeregt. Einige sogar so sehr, dass sie bereits seit 4 Uhr wach sind. Jetzt ist es 10. Die Kleinen quasseln durcheinander und folgen Kindergartenleiterin Klaudia Panczyk durch die Flure. Normalerweise wird um diese Uhrzeit im Kindergarten „Haus der kleinen Flecker“ gespielt. Aber heute steht etwas ganz Besonderes auf dem Plan: Das Projekt Generationsbrücke geht in die nächste Runde.

Ab ins Untergeschoss, erstmal Hände waschen. Das muss sein. Im Nebenraum warten bereits sieben Rentner. Sie sollen mit den Kleinen sogenannte Tandems bilden. Auch die Alten sind gespannt, was sie erwartet. Nicole Becker und Monika Krause vom Betreuungsteam haben ihnen von dem Projekt erzählt und die Senioren bewusst ausgewählt. Wer ist mobil genug? Wer hat Zeit? Und wer passt vom Charakter zu den wilden Kindern? Heute geht es los mit dem großen Kennenlernen. Und auf einmal sind nicht nur Michel, Mateo, Charlotte und die vier anderen Fünfjährigen ganz schüchtern.

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Bereits seit 2017 gibt es die Generationsbrücke in Freudenberg – und damit regelmäßige Begegnungen von Kindergartenkindern und Senioren. Dafür hat sich Claudia Kritzler von der Bürgerstiftung „Gut für Freudenberg“ eingesetzt. „Ohne sie würden wir hier heute nicht sitzen“, sagt Monika Krause. Jedes Kind bekommt einen Bewohner einer Senioreneinrichtung als festen Partner zugeteilt, den es über ein Jahr hinweg alle vier Wochen besucht. Das Ziel: „Glücksmomente für beide Seiten“, sagt Klaudia Panczyk. Jung und Alt erleben – so die Hoffnung – bei den Begegnungen gegenseitige Wertschätzung, Verbundenheit und Freude. Das hinzubekommen ist immer wieder eine neue Herausforderung für alle Beteiligten.

Gemeinsam wird gemalt und gebastelt.
Gemeinsam wird gemalt und gebastelt. © Jennifer Wirth

Hohe Nachfrage bei den Eltern

„Die Eltern haben sehr großes Interesse an dem Projekt“, sagt Klaudia Panczyk . „Wir haben 29 interessierte zukünftige Schulanfänger im Kindergarten. Davon mussten wir acht auswählen, die mitkommen durften.“ Keine leichte Wahl. Die Vorbereitung ist wichtig, damit nichts schief geht. Das sogenannte Brückenteam besteht aus vier Frauen -- außer Klaudia Panczyk (Kita), Monika Krause (Altenzentrum) und Nicole Becker (Altenzentrum) ist auch Kirsten Gebhauer (Kita) dabei. Die Frauen haben sich vorab gegenseitig in ihren Einrichtungen besucht, um besser abschätzen zu können, welche Teams am besten zueinander passen.

Langsam und im Pulk gehen die Kleinen in den Raum. Die Senioren sitzen im Stuhlkreis, jeweils rechts und links neben ihnen stehen leere Stühle. Die Betreuerinnen verteilen Tierkarten an die Alten und Namensschilder mit den passenden Tieren an die Jungen. Zum Warmwerden gibt es eine Art Memory. Noch fremdeln die Kleinen etwas. Doch spätestens nach dem ersten gemeinsamen Lied, als Nicole Becker und Monika Krause Luftballons herausholen, hebt sich die Stimmung.

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Charlotte und Frau Gieseler beginnen zögerlich. Langsam balancieren sie den Ballon auf einem bunten Seidentuch. „Die ist gut, die Charlotte“, sagt die Seniorin stolz und streichelt dem Mädchen immer wieder sanft über den Kopf. Ganz anders ist da Michel. Der Fünfjährige hat viel Energie und verzichtet gemeinsam mit seiner Partnerin Frau Beckmann auf das Tuch. „Dass man mal mit so Kleinen zusammen ist, ist etwas Besonderes“, sagt die Rentnerin und genießt jeden Augenblick.

Im Siegerland machen bereits einige Einrichtungen mit

Das Basiswissen rund um die Begegnungen wird Vertretern der teilnehmenden Kindertages- und Senioreneinrichtungen durch eine zweitägige Schulung vermittelt.

Weitere Informationen über das Projekt im Allgemeinen gibt es online unter generationsbruecke-deutschland.de

In Siegen und in Freudenberg engagieren sich acht Einrichtungen, vier „Tandems“ in dem Projekt: Begleitet werden die teilnehmenden Einrichtungen durch regelmäßige Fachtagungen.

Auch die Bürgerstiftungen in Kreuztal, Netphen und Wilnsdorf möchten das Miteinander der Generationen fördern. Daher wurden im Juli Kindertages- und Senioreneinrichtungen aus der umliegenden Region zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.

Plötzlich mehr Beweglichkeit

Einen Schritt weiter gehen Alina und Frau Jung. Kurzerhand macht die 91-Jährige Kopfbälle und liefert sich eine wilde Partie mit dem Kind. Das spornt auch die Sitznachbarin an. Die 85-jährige Frau Langenbach hält nichts mehr auf ihrem Stuhl. Gebrechlich? Schmerzen? Alles scheinbar vergessen. Die Arme fliegen in die Luft – eine Beobachtung, die auf viele der Senioren zutrifft. Die Betreuerinnen haben ein waches Auge und sagen ihr, dass sie sich ruhig wieder setzen kann. „Ich will stehen! Ich bin nicht alt“, ist die klare Antwort. Das findet auch Spielpartnerin Tilda spitze. „Ich brauchte nicht lange zu überlegen, ob ich hier mitmache“, sagt die Seniorin.

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Nach dem aufregenden Spiel geht es an die Basteltische. Die Teams malen gegenseitig ihre Hände auf Papier nach und verzieren sie. Für beide Parteien ist das eine gute Übung – und Spaß macht es auch noch. Die Bilder dürfen alle mit nach Hause nehmen. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt Monika Krause. Die Chemie scheint zu stimmen; die nächsten Treffen können kommen. „Das ist ein Geben und Nehmen“, erklärt Nicole Becker.

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