Siegen. Aufruf an Bevölkerung: An Entwicklung beteiligen – vom Projekt „Uni (kommt) in die Stadt“ sollen Hochschule, Stadt und Bürgerschaft profitieren.
Die Uni baut sich ihre Uni, wie sie sie braucht. Und die Siegener sollen daran mitbauen. Das Projekt „Uni (kommt) in die Stadt“ nimmt merklich Fahrt auf. Als „Jahrhundertchance“ für Uni, Stadt und Bürger bezeichnet Rektor Holger Burckhart das Vorhaben.
Grundstücke: Erfolg hängt nicht von einer Parzelle ab
Die Grundstückssituation in den Bereichen vordere Friedrichstraße und Häutebachweg sei so weit geklärt, dass die Landesregierung den Planungsauftrag erteilt habe, sagt Kanzler Ulf Richter beim Bürgerdialog zum Großprojekt im Apollo-Theater. Kaufverträge seien geschlossen, andere stünden kurz davor, für wieder andere gebe es Absichtserklärungen. „Wir haben immer in Alternativen gedacht“, ein Grundstück könne jederzeit wegfallen. Davon sei der Erfolg nicht abhängig.
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Geld: Statt Sanierungsstau beheben in Neubauten investieren
Richter spricht von einem hohen dreistelligen Millionenbetrag für den Umzug der Fakultäten I und II ins Siegener Zentrum. Das Geld sei in der mittelfristigen Haushaltsplanung des Landes veranschlagt. „Die Argumente waren unwiderlegbar“, meint der Kanzler.
Die Gebäude am Haardter Berg haben so einen Sanierungsstau, dass ohnehin viel Geld nach Siegen hätten fließen müssen. Und: „Für eine Durchsanierung im laufenden Betrieb hätten wir eine Dekade nur Baustelle gehabt.“ Statt des mitunter trägen Bau- und Liegenschaftsbetriebs könne die Uni als Bauherr flexibler, schneller agieren.
Verkehr: Die Stadt wird nicht be-, sondern entlastet
Die Aufteilung des Verkehrsraums wird immer wichtiger. Man habe die Hochschulangehörigen am Unteren Schloss beobachtet und befragt, „sie wählen in die Stadt komplett andere Verkehrsmittel als auf den Berg“, so Stadtbaurat Henrik Schumann: weniger Auto, mehr ÖPNV. Dennoch: „Wir müssen die Kapazitäten im System umschichten“, der motorisierte Individualverkehr zur Uni soll möglichst vor der Innenstadt abgefangen werden.
Die Stadt werde so nicht be-, sonders entlastet, betont Bürgermeister Steffen Mues. Die „ewige Umsteigerei“ zwischen Bahn und Bussen, die Pendelei auf den Berg entfalle in großen Teilen.
Fahrrad: Eigentumsverhältnisse machen Radwegen Probleme
Man werde sich verstärkt dem Radwegebau widmen müssen, meint Verkehrsplaner Dirk Meinhard, IVV Ingenieurbüro. „Verwaltung und Politik sind voller fahrradfreundlicher Menschen, die nichts lieber täte, als Siegen so fahrradfreundlich wie möglich zu machen“, so Mues.
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Problematisch seien oft Eigentumsverhältnisse; jahrzehntelang wurde mangels Bedarf wenig getan – im Gegensatz zu den letzten Jahren. In Niederschelden etwa fehlten aber nur zwei Grundstücke zum Lückenschluss entlang der Sieg. Zudem „führt die gesamte Infrastruktur der Stadt durch enge Tallagen, da kann man nicht einfach links und rechts Fahrradspuren hinbauen.“ Dem Auto ganze Verkehrswege wegzunehmen, „wird nicht funktionieren.“
Bürger: Haus der Wissenschaft als Begegnungsstätte
Auch für die Bevölkerung biete das Projekt Vorteile: Frei- und Grünflächen, Wegebeziehungen, zählt Bürgermeister Mues auf, die Stadt werde noch stärker belebt. Eine Nutzung des Campus als Ort der Bildung für Bürger sei noch kaum beleuchtet, gibt Richter zu, viele Gebäude sollen aber öffentlich zugänglich, ein Haus der Wissenschaft Begegnungsstätte zwischen Uni und Gesellschaft sein. „Wir wünschen uns, dass die Bürger an der Hochschule partizipieren.“
Wohnen: Langfristig sinkt die Zahl der Studierenden
An der Wohnungssituation werde sich nicht viel ändert, meint Bürgermeister Mues – die Studierendenzahlen sinken, eine gewisse angespannte Situation, vor allem zu Semesterbeginn, gebe es in jeder Universitätsstadt. In den vergangenen Jahren habe sich das auch bereits gebessert.
„Abseits der Innenstadt gibt es durchaus freie Wohnungen“, so Mues, für alle Einkommensklassen. „Es tut uns gut, wenn wir Wohnheime ermöglichen“, meint Stadtbaurat Henrik Schumann. „Dadurch werden auch wieder Wohnungen frei.“
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Forschung und Lehre: Optimale Strukturen schaffen
Laut Rektor Holger Burckhart sei die frühere Gesamthochschule bei Personal und Gebäuden auf Lehre ausgerichtet. Seinerzeit passte das, heute, mit Forschungsbetrieb, nicht mehr. In der Stadt könne das korrigiert werden.
Die Uni sei stark gewachsen, angebaut wurde „irgendwo und irgendwie“, so Kanzler Richter, die räumlich durcheinandergewürfelten Fakultäten könnten nun zusammengeführt werden, dabei interdisziplinäre Beziehungen durch die Nähe in der Innenstadt bewahrt werden: „Optimale Rahmenbedingungen für Forschung und Lehre.“
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