Hilchenbach. Stadt Hilchenbach schließt sich der Aktion „Seebrücke – schafft sichere Häfen“ nicht an. Das Abstimmungsergebnis fällt denkbar knapp aus.

Mit fünf gegen fünf Stimmen hat der Sozialausschuss den Antrag von Grünen und Linken abgelehnt, dass die Stadt Hilchenbach sich der Aktion „Seebrücke – schafft sichere Häfen“ anschließt und vor dem Ertrinken gerettete Geflüchtete aufnimmt, „direkt und unkompliziert“, wie es in dem Antrag hieß, und über die Verteilquote hinaus, die für alle Kommunen bei der Aufnahme von Asylsuchenden angewendet wird.

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Fünf Hände aus den Reihen von Linken, Grünen und SPD gingen hoch, als Vorsitzende Susanne Kues-Gertz (Grüne) nach den Unterstützern des Antrags fragte. Ebenso fünf aus den Reihen von CDU, UWG und SPD, als die Gegenstimmen abgefragt wurden. Am Schluss kam von der UWG noch eine Stimmenthaltung.

Vorsitzende vergisst eigene Stimme mitzuzählen

Die Vorsitzende ging zum nächsten Tagesordnungspunkt über, während es im Saal und in den Verwaltungsreihen zunehmend unruhig wurde: Zwölf Ausschussmitglieder hätten abstimmen können, nur elf Stimmen wurden gezählt. „Ich habe meine eigene Stimme vergessen“, gab Susanne Kues-Gertz (Grüne) schließlich zu. Stadtrat Udo Hoffmann hielt eine Wiederholung der Abstimmung nicht für möglich; das letzte Wort hat nun der Rat.

„Mich überkommt Scham und Verzweiflung“, sagte Katrin Fey (Linke), als sie den Antrag begründet, der fast wortgleich am Mittwoch von den Grünen auch in den Siegener Rat eingebracht wurde. Die Linken-Sprecherin erwähnte die Bilder von Menschen in Seenot, „es ist wichtig, dass wir in Hilchenbach ein Zeichen setzen.“

Jungbluth: Ehrenamtliche stemmen Flüchtlingshilfe weitgehend allein

Ähnliches hatte zuvor schon Karl-Heinz Jungbluth (FDP) in einem persönlichen Schreiben an den Bürgermeister gefordert. Holger Menzel hatte abschlägig geantwortet, mit Verweis auf die EU-weite Verantwortlichkeit.

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Jungbluth zeigte sich nachhaltig verärgert: Dass 2015 „gemeinsam mit Politik und Verwaltung“ Geflüchtete eine „große Welle der Hilfsbereitschaft“ in Hilchenbach erfahren hätten, sei eine Legende, die auch Linke und Grüne nun in ihrem Antrag verbreiteten: Die rund 100 Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe hätten das gestemmt, „die Politik hatte daran den geringsten Anteil“. Jungbluth berichtete auch von Reaktionen, als sein Brief an den Bürgermeister öffentlich wurde: „Ich wurde beschimpft und beleidigt.“

Tomas Irle: Kommunale Initiative nicht erforderlich

Die SPD war sich nicht einig. Zu den Befürwortern des Antrags gehörten Markus Köppen, der auf die lange Ignoranz gegenüber dem Flüchtlingselend an den Küsten Italiens und Griechenlands hinwies: „Das Problem ist nicht neu, wir haben es nur nie wahrhaben wollen.“ „Freiwillig verlässt keiner die Heimat“, sagte Betty Roth.

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Als Gegner des Antrags äußerte sich nur Tomas Irle (CDU), der auf die sich ändernden politischen Bedingungen in Italien, Bewegung in der EU-weiten Diskussion und die neu geäußerte Aufnahmebereitschaft des Bundesinnenministers verwies – eine eigene kommunale Initiative sei nicht erforderlich: „Das Thema wird von den Medien hochgepusht.“

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