Lennestadt. Der Lennestädter HFA beschäftigt sich heute mit der Frage, ob die Stadt freiwillig sogenannte „Seenot-Flüchtlinge“ aufnehmen soll.

Jeden Tag spielen sich im Mittelmeer Tragödien ab, mehr als 35.000 Menschen sind bereits auf dem Weg nach Europa, auf der Flucht vor Krieg, Hunger, Menschenrechtsverletzungen und Armut ertrunken. Das Mittelmeer ist weit weg, dennoch wird sich heute der Haupt- und Finanzausschuss (18 Uhr, Rathaus) mit dem Thema beschäftigen müssen.

Denn in einer Bürgeranregung fordert der Sporker Reinhard Kluge für das Bündnis Seebrücke im Kreis Olpe die Stadt auf, nicht nur Druck auf Land und Bund auszuüben, damit dem Sterben ein Ende gemacht wird, sondern „sofort geflüchtete Menschen aus der Seenotrettung über den bisherigen Verteilerschlüssel hinaus aufzunehmen.“ So wie es viele Städte, wie z.B. Köln, Düsseldorf oder Krefeld, bereits praktizieren.

Taten statt Worte gefordert

„Denn reine Solidaritätsbekundungen ohne praktische Konsequenzen sind wirkungslos“, liefert Kluge die Begründung für seinen Appell gleich mit. Gleichzeitig soll die Stadt alle Kommunen im Kreis auffordern, ähnliche Erklärungen zu beschließen und erinnert an den „Sommer der Migration“ vor vier Jahren, als es der „weltoffenen und bunten Stadt“ auf „vorbildliche Art und Weise“ gelungen sei, Menschen, die fliehen mussten, aufzunehmen und willkommen zu heißen.

Diese Willkommenskultur wurde damals hoch gelobt. Ob sich die Stadtverordneten sich auch heute, freiwillig und ohne wenn und aber dazu bekennen werden, wird sich zeigen. Denn der Antrag von Reinhard Kluge, der auch stellvertretender Vorsitzender der „AG es TUT sich WAS ist“, wurde bereits im Oktober bei der Stadt eingereicht. Behandelt wird er erst heute, ein halbes Jahr später. „Allein in diesem Jahr sind schon über 530 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Mehr als Kickenbach Einwohner hat“, so Dr. Gregor Kaiser, Ratsmitglied und ebenfalls engagiert in der „AG es TUT sich WAS“.

Antrag vertagt

Im Dezember hatte sich der Haupt- und Finanzausschuss bei erstmaliger Vorlage des Antrags darauf verständigt, diesen in einem interfraktionellen Arbeitskreis zusammen mit dem zusätzlich in der Sitzung eingebrachten CDU-Antrag zur Unterstützung der Aktion „1000 Schulen für Afrika“ zu diskutieren.

„Die 40.000 Euro für die Schule wurden auch flugs in den Haushalt eingestellt, mittlerweile ist dieses Projekt Teil der Werbung der Stadt zum 50-jährigen Jubiläum und die CDU macht fleißig Wahlkampf damit“, kann sich Kaiser eine „Spitze“ in Richtung Mehrheitsfraktion nicht verkneifen. Aber das Sterben im Mittelmeer gehe weiter und der Bürgerantrag wurde immer noch nicht behandelt.

Attendorner Erklärung

Die Stadt Attendorn hat mittlerweile eine Resolution verabschiedet, die Vorbild für eine Lennestädter Erklärung werden könnte. Darin erklärt sich die Hansestadt bereit, Menschen, die in Seenot gerettet wurden, aufzunehmen, aber nicht ohne wenn und aber, sondern nach den Verteilungsschlüsseln von Bund und Land.

„Gut formuliert und gemeint, aber wieder nur viele Worte und keine Taten“, so der Kommentar von Kaiser dazu. Er appelliert an seine Stadtratskolleginnen und -kollegen: „Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung, einen vorübergehenden Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge. Viele Städte und Kommunen in Europa wollen „Sichere Häfen“ sein. Lassen wir das Realität werden.“