Achenbach. Heimatverein entwickelt mit dem „Achenbach-Coin“ eine Sozialwährung, die Zusammenhalt stärken, Ehrenamtliche wertschätzen, Arme beteiligen soll.

Das Miteinander stärken in Stadtteil, Stadt und Region – das neueste Projekt des Heimatvereins Achenbach ist ambitioniert: Ehrenamt wertschätzen, Ärmeren mehr Teilhabe bieten, das Klima schützen. Die Initiatoren könnten eine ganze Reihe von Fliegen mit einer Klappe schlagen. Auf einen Nenner gebracht: Wer sich engagiert, bekommt virtuelle Punkte gutgeschrieben, die er gegen bestimmte Dinge eintauschen kann.

Das Konzept

Zentrales Element ist der noch namenlose „Coin“ (engl. Münze, Red.). Eine Art Stadtteil- oder Sozialwährung, die man nur erwerben kann, indem man sich für andere einsetzt. Die Coins werden über eine Stadtteil-App verdient – zum Beispiel fürs Vorlesen im Seniorenheim, Straße fegen oder Getränkekisten schleppen. Einlösen kann man sie für die Nutzung von Elektroautos, -rollern und -fahrrädern, buchbar über die Stadtteil-App. Oder für Produkte in den vier Sozialkaufhäusern des Heimatvereins Achenbach. Die Hauptschule im Stadtteil belohnt bereits soziales Engagement ihrer Schüler. Valentin Seehausen begleitet das Projekt technisch, die Volksbank Südwestfalen unterstützt finanziell.

Die Umsetzung

40.000 Euro Förderung hat die Bezirksregierung gerade erst zugesagt, damit die Stadtteil-App entwickelt werden kann. Eine Ladestation für Elektroautos am Achenbacher Sozialkaufhaus und am Heimathaus sind beantragt, den Strom dafür „erzeugen wir selbst – Solarzellen auf dem Dach“, sagt Günther Langer, Vorsitzender des Heimatvereins. Zur Zeit hat der Heimatverein ein E-Auto, beantragt sind insgesamt drei sowie fünf E-Roller und mehr als zehn E-Fahrräder.

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Der Heimatverein, der mit 27 hauptamtlichen Mitarbeitern längst eher ein gemeinnütziges Sozialunternehmen ist als ein Heimatverein im landläufigen Sinne, hat Mittel und Möglichkeiten, das Projekt anzuschieben. „Wir ermitteln den Bedarf erst einmal“, sagt Günther Langer. „Nicht wir legen die einzelnen Punkte fest, sondern die Menschen werden beteiligt und entwickeln das selbst. Wir wissen ja noch gar nicht genau, was sie brauchen.“

Die Ideen

Stadteil, Stadt und Region lebenswerter, umweltfreundlicher, menschlicher und attraktiver gestalten, mit basisdemokratischer Beteiligung der Bevölkerung: „Wir möchten Kinder, Jugendliche und Senioren genauso in den Prozess einbinden wie Neubürger“, sagt Günther Langer. Menschen sollen zueinanderfinden, aufeinander achtgeben, „links und rechts mitschauen“, sagt er. „Es gibt so viele Leute, die sich engagieren, aber keine Anerkennung dafür bekommen. Auch ärmere Menschen. „Sie schaffen einen Wert für die Gesellschaft, werden aber bei manchem ausgegrenzt.“

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Bei der E-Mobilität zum Beispiel. Die ist zur Zeit ziemlich teuer, grenzt die aus, die sie sich nicht leisten können. Teilhaben an einer gesellschaftlich bedeutsamen Entwicklung kann nur, wer das Geld dafür hat. Gleichzeitig stehen in Achenbach viele private Autos, die kaum bewegt werden, sagt Langer: Wer nur ab und zu ein Auto braucht, kann es sich verdienen, spart sich den eigenen Pkw. Und auch wer sich vorher kein E-Auto, auch kein E-Bike leisten konnte, hat künftig Zugriff darauf. Immer vorausgesetzt, es wird etwas für andere getan. Menschen sollen, so die Hoffnung der Initiatoren, mit anderen Menschen zusammenkommen; die, mit denen sie nie vorher Kontakt hatten, für die sie womöglich sogar Abscheu empfunden haben.

Wettbewerb für neuen Namen der Währung

Der Heimatverein Achenbach hat einen Wettbewerb ausgerufen: 500 Euro Belohnung für einen prägnanten, leicht zu merkenden Namen für die Sozialwährung.

Vorschläge können noch bis Mittwoch, 21. August eingereicht werden: Per Brief an Heimat- und Verschönerungsverein Achenbach, Achenbacher Straße 115, 57072 Siegen, per Mail an hvachenbach@aol.de

Heimatministerin Ina Scharrenbach habe das Projekt so begeistert, dass sie persönlich die Gewinner des Wettbewerbs auszeichnen möchte. Die CDU-Politikerin kommt am Mittwoch, 28. August, nach Achenbach.

Die Initiatoren hoffen auch, dass ihr Projekt dazu beiträgt, etwas gegen die zunehmende Vereinsamung zu tun. Viele, gerade ältere Menschen hätten kaum noch Kontakt zu Nachbarn, Bekannten, sagt Langer. Das soll der Coin ändern. „Wir sind eben nicht nur ein Heimat- und Verschönerungsverein. Wir sind für alle da, grenzen niemanden aus. Wir wollen allen eine Heimat geben.“ Ein Senior zum Beispiel habe früher eine Autowerkstatt gehabt, erzählt er. Viel kann er dort nicht mehr schrauben, „aber er kann den jungen Leuten zeigen, wie’s geht.“

Der Name

„Achenbach-Coin“ wäre irgendwie nicht gut geeignet, finden die Achenbacher, weshalb ein Wettbewerb ausgelobt wurde (siehe Infobox). Denn das Konzept soll sich nicht auf den Stadtteil beschränken, es soll überall dort eingeführt werden, wo die Menschen die Ziele des Projekts teilen. „Die Stadt Siegen ist vorbildlich bei der Förderung des Ehrenamts“, sagt der Vereinsvorsitzende – womöglich könne ja ein städtisches Projekt daraus werden. Und dann wäre ein Achenbach-Coin für Geisweid nicht so passend.

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