Siegerland. Zwar verzeichnet der Evangelische Kirchenkreis Siegen fast ein Drittel mehr Eintritte – gegen den demografischen Wandel hilft das aber nicht.

Die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen im Siegerland gehen zurück. Diese seit Jahren bestehende Entwicklung wird immer mehr auch in strukturellen Veränderungen spürbar.

Evangelische Kirche: Neue Wege gehen

Der Ev. Kirchenkreis Siegen spürt weiter die Auswirkungen des demografischen Wandels. Grund für den Rückgang um knapp 1,6 Prozent von 2017 auf 2018 ist vor allem, dass die Zahl der Sterbefälle größer ist als die der Taufen und Eintritte.

Auf der anderen Seite ist die Zahl der Menschen, die wieder in die Ev. Kirche eingetreten sind, deutlich gestiegen ist – sie stieg um mehr als ein Drittel, von 147 im Jahr 2017 auf 200 im vergangenen Jahr. Dazu zählen Aufnahmen von konfessionslosen Menschen und Gläubigen anderer Konfessionen sowie Taufen von Erwachsenen und Jugendlichen ab 14 Jahren. Gestiegen ist auch die Zahl der Taufen von Kindern unter 14 Jahren.

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Gleichzeitig sind aber 2018 auch mehr Menschen als im Jahr davor aus der Kirche ausgetreten – mit 36 Personen im Vergleich zu den Eintritten ein eher moderater Anstieg.

Innovationsfonds für innovative Projekte

„Als kleiner werdende Kirche müssen wir auch neue Wege gehen“, teilt Superintendent Peter-Thomas Stuberg mit. Zwar sei ein Großteil des Mitgliederrückgangs durch den demografischen Wandel bedingt. Aber gerade deswegen müsse die Kirche noch aktiver auf die Menschen zugehen, die ihr zurzeit fern stehen. „Wir müssen den christlichen Glauben in die heutige Zeit übersetzen, um mehr Menschen für die Botschaft der Liebe Gottes zu gewinnen“, so der leitende Theologe des Kirchenkreises.

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Die Kreissynode als oberstes Leitungsgremium des Kirchenkreises hat zu diesem Zweck erst im Juni einen Innovationsfonds beschlossen. Aus ihm werden künftig innovative Projekte gefördert, die Menschen ansprechen sollen, die bisher von kirchlichen Angeboten noch nicht erreicht werden. „Die Kirche muss angesichts sinkender Mitgliederzahlen aber auch ihre Strukturen überdenken und an künftige Herausforderungen anpassen“, ergänzt Stuberg.

Der Kirchenkreis Siegen prüft aus diesem Grund zurzeit in einer Machbarkeitsstudie zusammen mit dem Kirchenkreis Wittgenstein, ob eine Vereinigung neue Perspektiven und eine gegenseitige Bereicherung bringen kann (wir berichteten). „All diese Herausforderungen gehen wir in der Hoffnung und Zuversicht an, dass Gott seine Kirche leitet und sein Geist in ihr wirkt“, betont Stuberg. „Bei allen Überlegungen über Strukturen ist der Glaube an Gott unser Antrieb und Ankerpunkt.“

Katholische Kirche: Ideen für Pastorale Räume und Gemeinden

Auch die Katholische Kirche im Siegerland, mitgliedermäßig etwa halb so groß wie die Evangelische, hat im Dekanat Siegen damit zu kämpfen, dass mehr Katholiken bestattet als getauft werden. Die Zahl der Taufen sinkt, die der Austritte steigt – jeweils moderat, aber recht konstant, wie aus den Zahlen des Erzbistums Paderborn hervorgeht.

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Laut Generalvikar Alfons Hardt liege der entscheidendste Grund für einen Austritt auf der persönlichen Ebene, wahrscheinlich in einem schrittweisen persönlichen Entfremdungsprozess, der dem Austritt als letzten Schritt vorangeht, so der katholische Theologie, der im Erzbistum als Stellvertreter des Bischofs für die Verwaltung der Diözese zuständig ist. „Hier ist es unsere Aufgabe, die Menschen in der Gemeinschaft der Kirche zu halten, sie anzusprechen, zu begleiten und immer wieder neu einzuladen, gemeinsam auf die frei- und frohmachende Botschaft Gottes für uns Menschen zu hören und sie mitten in unserer Welt umzusetzen.“

Ursachen auch im Missbrauchsskandal

Auf allen Ebenen des Erzbistums werde dazu weiter an Ideen und Projekten gearbeitet, insbesondere auf der Ebene der Pastoralen Räume und der Kirchengemeinden vor Ort, so Hardt. „Wir wollen Gemeinschaft erfahrbar machen und unsere Kommunikation miteinander und den Austausch mit allen Menschen, die auf dem Gebiet unseres Erzbistums leben, intensivieren. Wir wollen vor allem auch hören, was die Menschen suchen und brauchen und was sie von uns als Kirche erwarten.“

Die hohe Zahl der Austritte auf Bistumsebene liege wohl auch im Missbrauchsskandal begründet. „Wir stehen auf der Seite der Opfer sexueller Gewalt, wir arbeiten auf der Grundlage der geltenden Leitlinien auch mit den staatlichen Behörden zusammen“, so Hardt, engagiere sich in der Prävention. Es gelte, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. „Mit den Realitäten müssen wir leben.“ Es komme besonders darauf an, spezifische kirchliche Anliegen und Aufgaben zu erfüllen.

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