Siegen. . Datasec aus Weidenau hat sich auf Digitalisierung von Geschäftskorrespondenz spezialisiert. Die Kunden sind unter anderem Lufthansa und Peugeot.

Kein Unternehmen funktioniert ohne Bürokratie. Jeden Tag: hunderte, tausende Dokumente. Die meisten Firmen sind ziemlich gut in dem, was sie tun. Nicht immer sind sie ziemlich gut mit Papierkram. Aber das Siegener Unternehmen Datasec: „Rechnungen erfassen ist nicht die Kernkompetenz unserer Kunden“, sagt Geschäftsführer Sebastian Weber.

Bei Datasec werden jeden Tag tausende Dokumente erfasst, digitalisiert und in die Softwaresysteme der Kunden – darunter Lufthansa, Peugeot, Vonovia – eingespeist. Wenn man so will, ist Datasec so etwas wie der Wirtschaftsbuchhalter Europas; Papierkram auf industriellem Niveau.

„Zu Dienstleistungen rund ums Dokument sind wir gekommen wie die Jungfrau zum Kind“, sagt Weber. Das 1995 von seinem Vater Gerhard Weber gegründete Unternehmen betrieb anfangs an der Welterstraße ein Rechenzentrum. Heute ist Datasec europaweit führend im Dokumenten- und Datenmanagement.

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Datasec digitalisiert riesige Mengen an Papier

Das erste Paket: Datasec digitalisiert Korrespondenz. Riesige Mengen Papier laufen durch die Hochleistungsscanner, „einfach nur die Geräte hochfahren reicht nicht“, sagt Weber: Mensch und Maschine müssen interagieren. Die Geräte ziehen 200 Bilder und mehr pro Minute durch. Aber die Maschine ist nicht der Engpass. Auch nicht der Mensch. Sondern das Dokument. Abgesehen von unzähligen Papierqualitäten; verschiedenen, auch riesigen Formaten: Akten sind zerknittert, gelocht, geheftet, stecken in Umschlägen. Sie müssen aufbereitet werden, um die Scanner gleichbleibend auszulasten. Die meisten Mitbewerber setzen laut Weber auf reine Softwarelösungen, mit Erfolgsquoten zwischen 65 und 85 Prozent. Abhängig von der Qualität des Scannens und Erfassens. „Unsere Erfolgsquote schwankt nicht“, sagt er: Die Mitarbeiter fangen die Differenz auf, präparieren die Dokumente. Es gibt einen Festpreis pro Akte, egal wie zerknittert und zerfleddert sie ist. „Es gibt keinen Mitwettbewerber in Europa, der alles aus einer Hand liefert“, sagt Weber.

Das zweite Paket: Physische Behandlung des Papiers. Akten werden mit eigenen Lastwagen abgeholt, Datasec lagert ein oder vernichtet, „wir machen alles selber“, betont Weber. Datasec hält 7000 Palettenstellplätze nur für Papier vor. Viele europäische Firmen haben ein Postfach in Siegen: Sie bekommen ihre Korrespondenz gar nicht mehr physisch in die Hand. Datasec übernimmt das, tausende Poststücke, abertausende Rechnungen, extrahiert alle relevanten Daten und speist sie in die Systeme der Kunden. Da kommt dann nicht nur ein pdf per Mail – die Rechnung erscheint direkt in der Software.

Das dritte Paket: Die Software. Mitbewerber kaufen Programme zu, Datasec entwickelt sie selbst.

Datasec will in Siegen bleiben

Baulich: Der Standort mitten in einem Wohngebiet ist Fluch und Segen zugleich. Papier braucht Platz, die Straßen sind eng und Flächen rar. Als das Nebengebäude verkauft wurde, schlug Datasec zu. Auch das reicht längst nicht mehr: In der ehemalige „Bananenhalle“ am Bahnhof Weidenau werden bald 80 Mitarbeiter tätig sein. „Die Nachbarkommunen stehen Schlange mit ihren Industriegebieten“, sagt Sebastian Weber. Aber Datasec will in Siegen bleiben, dann eben an mehreren Standorten. Lange Busfahrten will man den Angestellten nicht zumuten. Und um für Fachkräfte attraktiv zu sein, möchte Datasec zentrumsnah liegen.

Fachlich: „Wir fahren auf Sicht, die Arbeitsweise verändert sich stetig“, sagt der Geschäftsführer. Mit 30 Jahren Wachstum kann Datasec nicht rechnen. Noch gibt es viel Papier, aber der Anteil digitaler Informationen steigt. Datasec will die Weichen jetzt stellen, beschäftigt sich mit Künstlicher Intelligenz und Big Data, der Verarbeitung und Analyse riesiger Datenmengen. „Unser Ansatz ist, den Menschen technische Unterstützung zu geben“, sagt Weber – und nicht Menschen durch Technik zu ersetzen. Die Frage ist, wie sehr man sich auf Maschinen verlässt. „Die digitale Transformation ohne die Menschen – das geht nicht“, sagt Weber.

Die Stadt Siegen als Unternehmensstandort

Siegen ist auf dem Weg in eine modernere Welt, findet Datasec, muss aber seine Identität womöglich noch finden. In jedem Fall: Punkten kann die Stadt mit weichen Faktoren – einer attraktiven Stadt und der Natur, „die Summe macht’s“, sagt Sebastian Weber.

Aber es brauche auch Infrastruktur, bei der Stromversorgung und vor allem beim Internet: Bei Datasec springen mehrmals im Jahr die Notstromaggregate wegen Schwankungen und Unterbrechungen an. „Nur schön reicht nicht, es muss auch technisch funktionieren, um nicht abgehängt zu werden“, sagt Weber.

Wenn die Region es schaffe, diesem Problem zu begegnen und eine Vorreiterrolle bei verlässlicher, mehrfach gesicherter Infrastruktur einzunehmen, „kann das ein irrer Standortfaktor sein.“

„Unsere Philosophie: Familienunternehmen“

„Unsere Philosophie: Familienunternehmen“, sagt Weber. Datasec lagert nicht ins Ausland aus, bleibt am Stammsitz, richtet sich nach der deutschen Sozialgesetzgebung. „Das hat qualitative und sozialethische Gründe“, sagt Weber. „Wir sind eine Siegener Familie.“ Woanders wäre es vielleicht einfacher, Fachkräfte zu bekommen. Also muss Datasec etwas dafür tun, dass die Fachkräfte zu ihnen kommen.

Der erste Personalbereich: Anlerntätigkeiten. Scanner bedienen, Akten präparieren, Mensch-Maschine-Interaktion. Hier arbeiten viele Mütter, die aus der Babypause zurückkehren. Es gibt flexible Teilzeitmodelle, keinen Schichtbetrieb. „Wir wissen, wann für welchen Kunden welche Arbeitsplätze besetzt sein müssen“, so Weber, danach können Mitarbeiter ihre Einsatzzeiten planen. Für für alle Angestellten gelten die „Vorteile eines Familienunternehmens: freie Getränke, Betriebssport, Sozialleistungen.“

Der zweite Personalbereich: Informationstechnologie. „Eine hochkreative, wissenschaftliche Tätigkeit“, sagt Weber. Hier wird an künstlicher Intelligenz, Big Data gearbeitet, hier sitzen die dringend benötigten Fachkräfte: Fachinformatiker, Systemintegratoren, Anwendungsentwickler.

Der dritte Personalbereich: Projektmanagement und Vertrieb. Irgendwer muss die Kunden beraten und die Veränderungen im Unternehmen begleiten, die zwangsläufig auftreten, wenn die Bürokratie ausgelagert wird.

Azubis erhalten eine Jobgarantie

„Wir suchen in allen Bereichen“, sagt Sebastian Weber. Für Anlerntätigkeiten kooperiert Datasec seit Kurzem mit den AWO-Werkstätten, acht Arbeitskräfte mit Behinderung sind an der Welterstraße tätig. Bei den Fachkräften ist das Ziel, Leute zu finden und ans Unternehmen zu binden, die gut ausgebildet sind und in der Region bleiben möchten. „Bei den Studierenden winken häufig am Ende Bosch und Daimler“, sagt Weber. Datasec setzt hier fast vollständig auf Ausbildung: Azubis werden von Null an aufgebaut und passgenau für die Bedürfnisse der Firma ausgebildet.

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Sie erhalten eine Jobgarantie mit Aufstiegs- und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten. „Wir möchten, dass sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, dass sie aus sich selbst heraus motiviert sind, für uns zu arbeiten“, sagt Weber. Die Azubis werden über den eigenen Datasec-Campus geschult und begleitet: Gesundheit und Fitness, Ernährung, Umgang mit Geld, Wohnung, Auto, Altersvorsorge. „Wir wollen, dass sie sich nicht abwerben lassen“, sagt Weber. Von rund 360 Mitarbeitern sind 17 Auszubildende, die eigene Projekte und auch die Kooperation mit dem Evangelischen Gymnasium Weidenau betreuen. Datasec fördert hier den Informatik-Unterricht.

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