Niele Toroni nimmt 13. Rubenspreis in Siegen entgegen
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Siegen. . Der Schweizer Maler ist bekannt für seine Werke aus Pinselabdrücken. Retrospektive im Museum für Gegenwartskunst zeigt auch ganz neue Arbeiten.
Schweizer Maler ist bekannt für seine Werke aus Pinselabdrücken
Große Retrospektive im Museum für Gegenwartskunst
Neue Arbeiten extra für Siegener Ausstellungsräume
Niele Toronis Werk lässt sich auf den Pinselabdruck reduzieren – aber nur, wenn die Bandbreite an Möglichkeiten, die er damit ausschöpft, Teil dieser Einschätzung ist. Der Schweizer, 1937 im Tessin geboren, nimmt am Sonntag, 2. Juli, den 13. Rubenspreis der Stadt Siegen entgegen. Das Museum für Gegenwartskunst (MGK) widmet ihm deshalb bis zum 15. Oktober eine Ausstellung mit rund 50 Arbeiten in zwölf Räumen.
Toroni fand Ende der 1960er Jahre seine Methode, die sich im Namen aller seiner Werke ausdrückt und an der er seitdem konsequent festhält: „Pinselabdrücke Nr. 50, wiederholt in regelmäßigen Abständen von 30 cm“. Tatsächlich macht er nichts anderes, als diese Punkte in strenger Ordnung auf Untergründe zu setzen; im Ergebnis ist das aber bemerkenswert, weil er demjenigen, der sich darauf einlässt, mehrere Ebenen der Betrachtung erschließt. Sein Vorgehen habe anfangs „grundlegend die Malerei in Frage gestellt“, sagt MGK-Direktorin Dr. Eva Schmidt – und diese Fragen „dann grundsätzlich positiv beantwortet“.
Jeder Abdruck individuell
Es geht dem 80-Jährigen nicht um einen Abgesang auf das Medium – das Gegenteil ist der Fall. Zwar gebe es längst die technischen Möglichkeiten, mit denen jeder ein Bild machen könne, doch Malerei sei mehr. Sie „kann existieren, sie ist wie die Musik“, sagt er und führt zum Vergleich Maria Callas an. Entscheidend sei nicht so sehr, welchen Text sie singt – sondern ihre Stimme, die Art, wie sie es tut.
Diese Besonderheit, diese spezielle Weise, die Welt in den Blickpunkt zu rücken, ist für Toroni der fünf Zentimeter breite Pinselabdruck. „Die Methode ist immer dieselbe, aber die Arbeit ist immer neu“, erläutert er. Es fängt damit an, dass die jeweils in einer einzigen Farbe gehaltenen Flecken nur scheinbar identisch sind. Toroni setzt sie mit der Hand, darum ist keiner wie der andere: „Ich bin keine Maschine.“ Ein fundamentaler Faktor ist dabei seine eigene Tätigkeit – Delegieren lehnt er ab, die Ausführung seiner Ideen anderen zu übertragen schließt er aus.
Als Untergrund nutzt er Leinwand, aber auch Mauern, Wachsfolie, Packpapier, Zeitungsseiten, bei früheren Ausstellungen auch Weinfässer. „Prinzipiell eignen sich jegliche Flächen dazu, Träger von Toronis Pinselabdrücken zu sein“, betont Eva Schmidt.
Untergrund ist Bildelement
Sei die klassische Malerei darauf aus gewesen, die Leinwand komplett mit Farbe zu bedecken und letztlich verschwinden zu lassen, sei es hier genau umgekehrt, weil weite Teile des Untergrunds frei bleiben und so in den Blick rücken. „Toroni wertschätzt Flächen“, sagt Schmidt. „Er hilft uns, etwas wahrzunehmen, was wir normalerweise übersehen.“
Niele Toroni, 13. Rubenspreisträger der Stadt Siegen
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Deutlich wird das vor allem bei seinen „Interventionen“, also seinen erst vor Ort entstandenen Beiträgen. Toroni schaut sich Ausstellungsräume an und reagiert darauf. „Ich finde an jedem Platz wichtig, was ich sehe -- und wo meine Arbeit dort sein kann“. Im MGK setzte er seine Pinselabdrücke deshalb auf Wände, um einen Durchgang herum, auf Säulen und auf Fensterscheiben – auch auf eine Tür, die eigentlich unsichtbar in eine Wand integriert sein soll, und die er durch seine Eingriffe zum Bild erhebt.
Wiederholung ist existenziell
Auch wenn faktisch jeder Abdruck ein Unikat ist, bleibt die Wiederholung ein bewusstes Grundelement von Toronis Werk. Aber das habe seine Berechtigung. „Das Leben ist Repetition“, sagt er und verweist auf den Herzschlag und auf Bewegung. „Auch laufen ist Repetition, Fuß links, Fuß rechts. Ich kann natürlich auch liegenbleiben – und sterben.“
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Die Verleihung des 13. Rubenspreises der Stadt Siegen erfolgt am Sonntag, 2. Juli, im Leonhard-Gläsersaal der Siegerlandhalle – im Zuge einer Festsitzung des Rats ab 11 Uhr. Die Ausstellungseröffnung im Museum für Gegenwartskunst beginnt um 15.30 Uhr.
Der Rubenspreis ist mit 5200 Euro dotiert und wird seit 1957/58 vergeben. Erster Preisträger war Hans Hartung.
Die Auszeichnung für europäische Künstlerinnen und Künstler ist international renommiert. Die Ausstellung, zu der ein Katalog mit über 260 Seiten erschienen ist, wird gefördert von der Stadt Siegen, der Schweizer Kulturstiftung „prohelvetia“ und der Rubensstiftung Siegen.
Die fünfköpfige Jury, die sich am 15. Februar 2016 auf Niele Toroni als 13. Rubenspreisträger einigte, tat dies nach eigenen Angaben „in Anerkennung seines konsequenten Lebenswerkes“. Er sei bekannt für die Pinselabdrücke, „die die malerischen Mittel auf ein Minimum reduzieren“.
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