Siegen. . Was haben Porträts von Rubenspreisträgern auf Einweg-Würstchenpappe verloren? Antworten gibt eine Ausstellung im Siegerlandmuseum.

  • Ausstellung im Siegerlandmuseum wirft speziellen Blick auf die Rubenspreisträger
  • Hommage voll schrägen Humors und feinsinniger Zwischentöne
  • Vernissage am Sonntag

Denkanstöße und anderweitig Erhellendes serviert Albrecht Thomas nicht auf dem Silbertablett. Er hat sich für Würstchenpappe entschieden. Klingt irre. Ist es auch. Und brillant, zu sehen in einem Raum des Siegerlandmuseums unter dem Titel „Weltkunst auf Würstchenpappen. Die Rubens­preisträger des Albrecht Thomas und andere Tellergerichte“.

Ein Fest beim Kunstverein endete einst mit einem Überschuss an den Einweg-Würstchen-Tellern. Albrecht Thomas nahm sich ihrer an, wie er erzählt. Er – nicht nur Vorsitzender des Vereins sondern selbst Künstler, Zeichner, Cartoonist – habe geahnt, dass sich mittels Zweckentfremdung noch etwas aus den Pappkameraden machen lassen würde. Das Ergebnis sind die Zeichnungen und Texte auf den Papptellern, deren Rand die Bilder wie ein Barockrahmen umgibt. Wo sonst Bratwurst und Senf ihren Platz haben, kredenzt Thomas seine hinter- und feinsinnigen, kritischen und humorigen Bemerkungen zu Absurditäten des Alltags und großer Kunst – gerichtet „an das heitere Gemüt wie auch den für Ironie empfänglichen Geist“, wie er selbst es in der Beschreibung des Projekts formuliert.

Hoch passend ist der Zeitpunkt der Ausstellung, die das Kulturbüro des Kreises und das Siegerlandmuseum in Kooperation präsentieren. Gewissermaßen ist es ein Double-Feature: Einerseits hat Thomas jedem Rubenspreisträger eine Pappe gewidmet, einschließlich Niele Toroni. Als 13. auf der Liste nimmt der Schweizer die Auszeichnung im Juli entgegen, die „Weltkunst auf Würstchenpappen“ hat also schon von daher einen aktuellen Bezug. Andererseits nimmt Thomas Aspekte quer durch alle Gesellschafts- und Lebensbereiche ins Visier – die „anderen Tellergerichte“ eben, die der Ausstellungstitel verspricht.

Auf die Rubenspreisträger, deren Siegener Ausstellungen Thomas beginnend mit Hans Hartung, 1957/58 erster in der Reihe, intensiv verfolgt hat, wirft er einen ganz eigenen Blick. Jede Zeichnung ist unverkennbar ein Thomas, doch genauso unverkennbar greift er den Stil jedes und jeder Porträtierten auf. Drum herum laufen die Textzeilen, geprägt von diesen ebenso schrägen wie feinfühligen Humor; die typisch thomas’sche Mischung aus durchgeknallt, genial und überraschend. Über Cy Twombley etwa schreibt er, dass dieser seine Bilder irgendwann „nicht mehr dechiffrieren konnte“ – doch dann machte er künstlerische Fotos mit der Polaroid-Kamera: „Nun wusste er immer gleich, was er meinte“. Und Bridget Riley habe ihre Ideen „von einem bestimmten Zeitpunkt an“ aus gutem Grund von anderen Leuten umsetzen lassen: „Nach Schwindelanfällen und Ohnmachten beim Malen ihrer Op-Art-Bilder.“

Die Besonderheit liegt darin, dass Albrecht Thomas sich zwar durchaus das Freche, das Schelmische herausnimmt, aber nie danebenhaut. Hochachtung und Spitzbubentum gehen beim ihm die natürlichste Verbindung ein – auch das eine Kunst für sich. Das gilt auch für die nicht auf die Rubenspreisträger bezogenen Arbeiten. So zeigt er auf, wieso Papst Franziskus Fiat fährt (soviel sei verraten: es hat mit „Fiat voluntas tua“ zu tun). Oft und ebenso virtuos taucht er aber auch einfach ins Absurde ein, spielt mit Wortwitz („Abends fühlt sich das Matterhorn schon mal matter als morgens“) und dreht bekannte Bilder einen fantastischen Dreh weiter („Einsteins Zunge war entgegen aller Theorie relativ lang“).

Ironie ist ein wesentlicher Teil der Ausstellungs-DNA. Ihm sei „alles so heilig wie nichts“, beschreibt Thomas seine „Weltkunst auf Würstchenpappen“. „Hauptsache der Blickwinkel ist schräg oder spitz oder windschief oder zwerch, also quer, oder wie auch immer.“

>>>>INFO

Die Vernissage zur „Weltkunst auf Würstchenpappen“ beginnt am Sonntag, 25. Juni, gegen 11.30 Uhr im Siegerlandmuseum. Zur Ausstellung ist auch ein 67-seitiger Katalog erschienen.

Vorher, um 11 Uhr, steht ebenfalls im Siegerlandmuseum die Eröffnung der Ausstellung „Rubens in Antwerpen“ an. Auch diese hat einen Bezug zum Rubenspreis: Sie würdigt das Werk des in Siegen geborenen Malers, nach dem die Auszeichnung benannt ist.

Die Arbeiten von Albrecht Thomas werden bis zum 3. September 2017 gezeigt.

Die Lokalredaktion Siegen ist auch auf Facebook