Kreuztal. . Unpassender hätte das Bundesverwaltungsgericht nicht urteilen können: Wenige Wochen vor dem Umzug der Kreuztaler Stadtbibliothek aus der Gelben Villa in das neue Domizil neben dem Rathaus soll Sonntagsarbeit in Büchereien nicht mehr zugelassen werden. Das träfe die kommunale Einrichtung hart.

Denn der Öffnungstag am Sonntag ist eine Erfolgsgeschichte. „Es wäre sehr schade, wenn uns das jemand wegnähme“, findet Stadtbaurat Eberhard Vogel, der die Nachricht im Radio gehört hat und erst einmal die Urteilsbegründung abwarten will, „um zu sehen, ob es uns auch betrifft“.

Der Sonntagsservice des Büchereiteams um Kirstin Krässel wird seit Eröffnung der Bibliothek im Jahr 1997 geboten — mit wachsendem Zuspruch. Alljährlich betont Krässel bei ihrem Rückblick im Kulturausschuss, wie stark der Sonntag angenommen wird. 24 Prozent aller Ausleihen werden in der vierstündigen Öffnungszeit getätigt, die meistens mit zwei Mitarbeitern und einigen Aushilfen besetzt ist.

Kreuztaler Bücherei die einzige "Sonntagsbücherei"

Die Kreuztaler Bücherei ist weit und breit die einzige, die diesen Öffnungstag hat: „Er hat eine hohe Bedeutung, die seit der Einführung vor 17 Jahren noch gewachsen ist“, weiß Kulturamtsleiter Holger Glasmachers. Gerade Familien, die unter der Woche selten die Gelegenheit zum gemeinsamen Besuch der Stadtbibliothek haben, nutzen diese Möglichkeit – vor allem auch Väter mit ihren Kindern. Aber von kirchlicher und Gewerkschaftsseite wird seit einigen Jahren mobil gemacht gegen die sonntägliche Inanspruchnahme von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht hatten sie jetzt Erfolg. Bezogen ist das Urteil auf eine Verordnung des Landes Hessen, soll aber allgemeingültig sein und betrifft neben Büchereien auch Videotheken oder Lottoannahmestellen. Büchereileiterin Kirstin Krässel würde es bedauern, wenn die Sonntagsöffnung nicht mehr erlaubt würde: „Es macht ja auch Spaß zu sehen, wie das Angebot angenommen wird.“ Die Besucherfrequenz sei überdurchschnittlich. Bilderbuchkino am Sonntag werde stärker besucht als wochentags.

Universität Siegen will abwarten

Inwieweit die Unibibliothek von dem Urteil betroffen sein wird, ist derzeit ebenso wenig abzusehen. „Wir warten erst einmal ab“, sagte ein Hochschul-Sprecher. Die Bibliothek auf dem Campus Adolf-Reichwein-Straße ist sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Und das soll vorerst auch so bleiben. Noch sei offen, wie der Gesetzgeber in Düsseldorf auf den Leipziger Richterspruch reagiert.

Regionale Allianz für den freien Sonntag begrüßt Urteil 

Die Regionale Allianz für den freien Sonntag Siegen-Wittgenstein-Olpe begrüßt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. „Ich habe den zuständigen Mann bei Verdi in Hessen beglückwünscht“, sagte Allianzsprecher Erwin Vitt dieser Zeitung. Er sei sicher, dass das Urteil Auswirkung auf die Sonntagsöffnung der Stadtbibliothek in Kreuztal haben werden. „So ist das Urteil auszulegen.“ Ein Ausufern der Sonntagsöffnungen sorge dafür, dass „unsere Gesellschaft den Bach runter geht.“

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Die Allianz hatte sich jüngst in einem Schreiben an die Stadt Siegen auch kritisch über verkaufsoffene Sonntage 2015 geäußert. Vitt kritisiert, dass die Allianz nicht zur Beratung darüber eingeladen worden sei. In dem Schreiben an die Verwaltung kritisiert die Vereinigung, die sich aus Vertretern der Kirchen und Gewerkschaften zusammengeschlossen hat, dass in Weidenau erneut ein verkaufsoffener Sonntag geplant ist.

Diskussion über Herbstmarkt Weidenau

Wörtlich heißt es: „Aus unserer Sicht entsprechen die beantragten Aktivitäten nicht dem engen Rahmen des im Ladenöffnungsgesetzes geforderten ,besonderen Anlasses’. In Frankfurt wurde ein beantragter verkaufsoffener Sonntag ,Wir begrüßen den Winter’ durch das zuständige Verwaltungsgericht untersagt. Dies trifft aus unserer Sicht für den beantragten Herbstmarkt ebenfalls zu.“