Arnsberg/Sundern. . Wer die derzeit sehr niedrigen Baukredit-Zinsen sieht, ärgert sich, vor Jahren zu deutlich höheren Zinssätzen seinen Kreditvertrag mit einer Bank abgeschlossen zu haben. Über die Möglichkeit, doch noch aus teuren Immobiliendarlehens-Verträgen herauszukommen, informierten die Finanzexpertin der Verbraucher-Zentrale NRW, Dr. Annabel Oelmann, und die Leiterin der Neheimer Verbraucher-Zentrale, Marlies Albus.

Es geht um bestimmte, rechtlich unzulässige Formulierungen in Widerrufsbelehrungen bei Immobilienkrediten. Den Stein ins Rollen brachten die Verbraucher-Zentralen Hamburg, Bremen und Sachsen, die fast 10 000 Baukredite überprüften und in etwa 80 Prozent (!) der Fälle juristisch angreifbare Passagen in Widerrufsbelehrungen fanden. Dieses Nachricht erzeugte bundesweit eine Welle von Verbraucher-Anfragen hinsichtlich juristisch korrekter Widerrufsbelehrungen.

Widerrufsbelehrungen werden geprüft

„In den ersten vier Monaten dieses Jahres haben wir NRW-weit 589 Widerrufsbelehrungen überprüft. In 70 bis 80 Prozent der Fälle halten wir die Widerrufsbelehrungen für juristisch angreifbar“, berichtet Dr. Annabel Oelmann. Marlies Albus ergänzt: „Bei uns gibt es zurzeit vier Fälle bei vier Banken, deren Widerrufsbelehrung wir für juristisch angreifbar halten. 19 Fälle befinden sich derzeit bei uns noch in der Warteschleife.“

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„Wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, hat die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen und Verbraucher können eine in der Vergangenheit gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückverlangen oder eine teure Finanzierung kündigen, um das aktuelle Zinstief auszunutzen“, sagt Oelmann und fügt an: „Wenn eine Widerrufsbelehrung falsch ist, gilt keine Frist für den Widerruf und der Darlehensvertrag kann jederzeit widerrufen werden.

Bankkunden sollten allerdings nicht übermütig werden. „Die Bewertung, ob die Widerrufsbelehrung rechtlich unzulässig ist, sollte ein Jurist vornehmen. Deshalb bieten wir Beratungen durch einen Juristen an. Niemand sollte voreilig seinen Baukredit kündigen, ohne die Sicherheit zu haben, auf einen anderen Kredit ausweichen zu können“, betont Marlies Albus.

Außergerichtliche Einigung möglich

Wenn nun in der Verbraucher-Zentrale ein Jurist eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung feststellt, heißt dies natürlich nicht automatisch, dass dies von der kreditgebenden Bank sofort akzeptiert wird. Es könnte durchaus sein, dass es zu einem kostenträchtigen Rechtsstreit vor Gericht kommt. „Doch auch dies sollten Verbraucher nicht unbedingt fürchten“, meint Oelmann. Sie kennt mehrere Banken in NRW, die sich bereits in mehreren Fällen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen außergerichtlich mit Kunden geeinigt haben.

Banken und Sparkassen vertrauen Rechtssicherheit der Musterverträge 

Noch bedeckt halten sich die Volksbank Sauerland und auch die Sparkasse Arnsberg-Sundern, die unsere Redaktion nach ihrer Position im Umgang mit Widerrufsbelehrungen fragte. „Mir ist noch kein Fall eines Kunden auf den Tisch gekommen, der eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung beanstandet hat“, betont Volksbank-Vorstandsmitglied Jürgen Dörner.

Er vertraut der „Rechtssicherheit der von der Volksbank genutzten Musterverträge mit Widerrufsbelehrung“. Ähnlich äußert sich Sparkassen-Vorstandsvorsitzender Norbert runde: „Ich gehe davon aus, dass die von uns genutzten Verträge des Sparkassenverlags in Ordnung sind. Sollten Kunden dennoch - aus ihrer Sicht - juristische Fehler entdecken, werden wir sicherlich Einzelfallgespräche führen und die rechtliche Zulässigkeit der Widerrufsbelehrung prüfen.“

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Wer die rechtliche Zulässigkeit der Widerrufsbelehrung in einem Immobiliendarlehen überprüfen lassen möchte, kann eine Einzelfallberatung in der Neheimer Verbraucher-Zentrale, Burgstraße 5, nutzen. Die 45-minütige Beratung durch einen Juristen kostet 60 Euro. Anmeldungen sind hierfür über 02932/5109701 oder persönlich in der Beratungsstelle möglich.

Für Beratungstermine gibt es mittlerweile schon eine Warteliste, denn die Nachfrage ist sehr stark. „Eine 45-minütige Beratung kostet zwar 60 Euro, doch sollte sich die Widerrufsbelehrung als juristisch unkorrekt erweisen, könnte dies für den Bankkunden einen Finanz-Vorteil von mehreren Tausend Euro bis zu einer fünfstelligen Summe bedeuten“, betont Marlies Albus.