Bad Fredeburg. Das Schieferunternehmen Magog will in Bad Fredeburg erweitern. Dabei kam es jetzt zu einer ungewöhnlichen Ausschusssitzung.

Letztlich kam es zur geheimen Abstimmung – über einen Aufstellungsbeschluss. „Wir möchten nicht wie bei der Diskussion über das Gewerbegebiet Donscheid persönlich angefeindet werden“, hatte ein Politiker zu Beginn erklärt.

Zwei Seiten standen sich am Donnerstagabend im Bezirksausschuss Bad Fredeburg – relativ unversöhnlich gegenüber – dazwischen die ehrenamtlichen Politiker: Das Schieferbergbauunternehmen Magog möchte erweitern. Es hat ein neues Verfahren entwickelt, verspricht sich zusätzliche Gewinne. Auf der anderen Seite stehen die Bürger, die fürchten, dass das Unternehmen und seine Schieferhalde immer näher an ihre Gärten heranrückt, weil der dazwischenliegende Wald verschwindet. „Eine Schutzzone“, so erklärte Fritz Carmesin, Sprecher der Anliegergemeinschaft Schieferweg, die den Bauherren mit den ersten Plänen vor rund 50 Jahren zugesichert worden sei.

Die Fotos aus einem Garten einer der Anwohner im Schieferweg verdeutlicht die aktuelle Dimension der Schieferhalde.
Die Fotos aus einem Garten einer der Anwohner im Schieferweg verdeutlicht die aktuelle Dimension der Schieferhalde. © Funke Medien NRW | Laura Nowicki

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Die Aufregung war entstanden, weil in der jüngsten Bezirksausschusssitzung der Aufstellungsbeschluss, nach Meinung der Bürger „einfach so durchgewunken“ werden sollte. „Wir hatten kaum Zeit, uns mit der Frage zu beschäftigen.“ Der Ärger um das Gewerbegebiet Donscheid habe gezeigt, dass der frühe Zeitpunkt für den Protest wichtig sei.

Fritz Carmesin stellte die Sichtweise der Anlieger im Bezirksausschuss Bad Fredeburg vor.
Fritz Carmesin stellte die Sichtweise der Anlieger im Bezirksausschuss Bad Fredeburg vor. © Funke Medien NRW | Ute Tolksdorf

Nun durften Anlieger-Vertreter mehr als eine Stunde lang ihre Sicht im Ausschuss noch einmal vorstellen. Wie ungewöhnlich das an dieser Stelle ist, betonte zu Beginn Michael Eiloff, der Vorsitzende des Bezirksausschusses. Normalerweise gibt es dort Informationen von Experten und für die Bürger debattieren gewählte Politiker. Mehrmals musste Eiloff die Zuhörer bitten, nicht in den Saal zu rufen. Fritz Carmesin rief er zur Ordnung, er möge „die Spitzen“ gegen den Planer unterlassen.

Forderung der Anlieger

In ihrem Vortrag appellierten die Anlieger Fritz Carmesin und Nina Schirp an die Politiker, auch ihre Sichtweise zu berücksichtigen. Sie erinnerten an die Baugeschichte, in der der Wald immer schon als Schutzwall vorgesehen gewesen sei. Unter dieser Prämisse habe man damals gebaut. Sie forderten aus diesen Gründen, das Vorhaben im westlichen Teil, aufzugeben, den Wald wiederaufzuforsten und den Restschiefer nach Osten abzukippen.

Die Gesellschaft lebt nicht im Stillstand. Veränderungen müssen möglich sein.
Martin Steppler - sachkundiger Bürger

Außerdem, so führte Carmesin aus, solle Magog den Restschiefer „entsprechend der rechtlichen Vorgaben unter Tage verdichten“ und nicht weiter auf der Halde ablagern, die Betriebsfläche solle im nordöstlichen Bereich weiterentwickelt werden. Der Teilbereich „Spanischer Schiefer“, so forderte er, müsse komplett ins Gewerbegebiet Hochsauerland verlagert werden. Nina Schirp ergänzte in einer emotionalen Ansprache, dass sie um den Wert ihres Hauses und die Sicherheit ihrer Familie fürchte, wenn Magog erweitere.

In geheimer Abstimmung wurde gewählt.
In geheimer Abstimmung wurde gewählt. © Funke Medien NRW | Ute Tolksdorf

Kein Stillstand in der Bauleitplanung

Heiner Beste vom Amt für Stadtplanung erklärte dagegen, Bauleitplanung sei nicht auf Stillstand ausgerichtet, weshalb auch die alten Formulierungen in den Plänen immer wieder auf den Prüfstand müssten. „Alte Rechtszusicherungen gelten nicht für alle Zeiten“, kritisierte er die Darstellung von Carmesin. Daneben sei es das gute Recht der Magog, einen Antrag zu formulieren. „Damit wird das Verfahren erst eingeleitet.“ Es gebe im Anschluss zwei mindestens vierwöchige Zeiträume, in denen die Pläne ausgelegt würden und in denen jeder seine Kritik vorbringen könne. Das sei ein normales demokratisches Verfahren. „Mit dem Aufstellungsbeschluss ist nichts entschieden.“

Die Schiefergrube Magog in Bad Fredeburg – ein Bild vom November 2020. Unten sieht man die Anliegerstraßen. Der Wald dazwischen soll verschwinden.
Die Schiefergrube Magog in Bad Fredeburg – ein Bild vom November 2020. Unten sieht man die Anliegerstraßen. Der Wald dazwischen soll verschwinden. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Wilfried Welfens (SPD) fordert Abstimmung auszusetzen

Dass anschließend über den Aufstellungsbeschluss abgestimmt wurde, daran konnte auch der Einwurf von Wilfried Welfens (SPD) nichts ändern. Er hatte gefordert, die Entscheidung auszusetzen: Auch die Politik habe zu wenig Zeit gehabt, sich mit der Materie zu beschäftigen. Er regte an, dass beide Parteien sich erst noch mal zusammensetzen. „Es kann doch nicht sein, dass ein so alteingesessenes Unternehmen, sich einer solchen Bevölkerungswucht entgegenstellen muss.“ Diese Idee fand keine Mehrheit. Hubertus Guntermann (CDU) erwiderte, man sei dann ja keinen Schritt weiter. Der Antrag wurde mit neun Neinstimmen, zwei Enthaltungen und einer Ja-Stimme abgelehnt.

Auch Vertreter der Magog  (dritte Reihe) folgten der Sitzung.
Auch Vertreter der Magog (dritte Reihe) folgten der Sitzung. © Funke Medien NRW | Ute Tolksdorf

Beschluss als Grundlage für demokratischen Prozess

Denn genau die genannten Bürgerinteressen und schützenswerten Belange könnten ja erst überprüft werden, wenn ein Aufstellungsbeschluss als Grundlage erstellt worden sei, darauf wies Ausschussmitglied Martin Steppler als sachkundiger Bürger noch einmal hin. Erst damit sei das Verfahren klagefähig. „Die Gesellschaft lebt nicht im Stillstand. Veränderungen müssen möglich sein“, argumentierte er. Und: „Kompromisse sind ein wesentlicher Teil der Demokratie. Wenn wir uns nicht auf Kompromisse einigen, stoßen Gruppen von rechts in den Rahmen.“ Er verteidigte auch die geheime Abstimmung: „Wir wollen uns nicht persönlich anfeinden lassen.“

Die geheime Abstimmung ergab dann eine deutliche Mehrheit mit einmal neun und einmal zehn von zwölf Stimmen für die Einleitung des Verfahrens.