Bad Fredeburg. Manfred Ruttke deckt sein Dach auf Empfehlung des Dachdeckers mit rechteckigem Schiefer. Das verbietet aber die Gestaltungssatzung. Und jetzt?

Die Baustelle rund ums Haus ist soweit abgeschlossen. Die Schieferverkleidung sitzt an der Außenfassade genauso wie auf dem Dach. So, wie sich das für den Bad Fredeburg Ortskern gehört. Also alles gut? Nein, der Schein trügt. „Wenn es hart auf hart kommt, muss das komplette Dach wieder runter“, sagt Manfred Ruttke: „Dann geht alles wieder von vorne los.“ Doch soweit will er es nicht kommen lassen.

Manfred Ruttke misst den Abstand zwischen den Dachsparren. Zu groß, um klassischen Schiefer zu halten.
Manfred Ruttke misst den Abstand zwischen den Dachsparren. Zu groß, um klassischen Schiefer zu halten. © Alexander Lange

Seit rund drei Jahren leben Manfred Ruttke und Partnerin Natalie Hauschild im Bad Fredeburger Ortskern, in der Oberstraße. Mühsam renovierten und sanierten die beiden das Haus in den vergangenen Monaten und Jahren, nun war auch das Dach fällig. „Ich glaube der alte Schiefer war da 30 oder 40 Jahre drauf, zumindest sagten uns das die Nachbarn“, sagt Ruttke. Der Zustand war aber schlecht, teilweise hing das Dach zwischen den Sparren fünf bis sieben Zentimeter durch, so Ruttke. Ein neues muss her, Schiefer soll es sein. Das Problem: die Sparren des alten Dachstuhls sind bis zu 110 Zentimeter auseinander, teilweise nur 15 bis 20 Millimeter dick. Schiefer, wie er vorher auf dem Dach befestigt wurde, wäre viel zu schwer, hätte auf dieser Konstruktion nicht gehalten, erfährt Ruttke vom beauftragten Dachdecker.

22 Kilogramm statt 80 Kilogramm Last

Statt eines neuen Dachstuhls schlägt der Dachdecker Ruttke eine Alternative vor. Rechteckige große Schieferplatten, dann laste auf dem Dach nicht wie vorher eine Gewicht von 80 Kilogramm pro Quadratmeter, sondern nur noch ein Gewicht von 22 Kilogramm, wie Ruttke erklärt: „Er sagte, dass der Dachstuhl das halten könne.“ Wenngleich klar sei: Die Gestaltungssatzung schreibt Schiefer im Bogenschnitt oder als Schuppendeckung vor.

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Doch vom städtischen Bauamt erhält der Dachdecker die Zusage - wenn auch mündlich, so Ruttke. Die Deckung mit rechteckigem Schiefer wird abgesegnet, der Dachdecker beginnt mit der Arbeit, Ruttke und seine Partnerin sind zufrieden. Ehe dann Post von der Stadt im Briefkasten landet: Ordnungsverfügung. Ruttke: „Ich vermute, dass irgendjemand aus dem Ort zur Stadt gegangen ist und gesagt hat, dass hier rechteckiger Schiefer auf dem Dach ist.“ Denn anfangs habe die Stadt das Ganze ja offenbar noch durchgewunken, so Ruttke. Der Schiefer muss also wieder runter: „Das ist ein absolutes Unding. Wir hatten die Zusage, dass wir es dürfen, jetzt ist das Dach fertig und alles soll wieder runter.“

Das alte Schieferdach: Hier seien die Wellen eindeutig zu erkennen, sagt Ruttke.
Das alte Schieferdach: Hier seien die Wellen eindeutig zu erkennen, sagt Ruttke. © Privat

Schon jetzt habe das Dach zusammen mit der Schieferverkleidung an der Fassade 60.000 Euro gekostet. Für den Rückbau kämen Kosten hinzu, zudem dann noch einmal Extrakosten für die Verstärkung des Dachstuhls, wenn der klassische Schiefer aufs Dach müsse. Ganz zu schweigen von eben jenem neuem Schiefer: „Das sind Gesamtkosten, da sind wir dann im sechsstelligen Bereich. Da fehlt das Geld dann, dann kommt eben Pappe aufs Dach.“

Klage bis zum 13. August

Grundsätzlich kritisieren die beiden gar nicht die Gestaltungssatzung: „Wir finden das gut, dass das historische Ortsbild damit erhalten bleibt. Aber wir sehen hier überall Ausnahmen. Velux-Fenster, Edelstahlkamine, Balkone, Kunststoffhaustüren. Das wurde offenbar alles durchgewunken. Und wir sollen es jetzt zurückbauen?“ Bis zum 13. August kann Ruttke Klage einreichen, einen Anwalt hat er bereits eingeschaltet: „Wir wollen es auf jeden Fall probieren, die Entscheidung können wir so nicht akzeptieren und nachvollziehen. Für uns ist das reine Willkür.“

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Von Andreas Dicke, dem Technischen Beigeordneten der Stadt, heißt es zu dem Fall: „Ja, es hat ein Gespräch mit dem Dachdecker stattgefunden, es ging dabei aber nie um diese Adresse.“ Zudem machte Dicke deutlich: „Solche Entscheidungen, auch was Abweichungen angeht, würden wir nie mündlich aussprechen, das passiert natürlich immer schriftlich.“ Es habe also keine Zusage der Stadt gegeben. Zudem würden Baumaßnahmen mit Schiefer ja auch gefördert - auch diesbezüglich sei niemand auf die Stadt zugekommen, so Dicke auf Nachfrage dieser Zeitung.

Photovoltaik und Gestaltungsbeirat

Für die Schiefer-Alternative entschieden sich die beiden auch, weil sie langfristig gerne Photovoltaikanlagen installieren möchten.

Der Gestaltungsbeirat, so Ruttke, habe am 1. Juli nachträglich entschieden, dass das rechteckige Schieferdach nicht bleiben dürfe. Denn da war das Dach bereits neu gedeckt.