Meschede/Siegen. Rund 1700 Teilnehmer waren bei der Bauern-Demo in Meschede. Eine Abgeordnete der Grünen aus Siegen attackiert die Landwirte jetzt. Die reagieren.

Es war ein Protest gegen die Politik der Ampel-Regierung: Rund 1700 Landwirte und Unterstützer kamen in Meschede-Schüren zusammen. Mit Traktoren waren sie aus dem gesamten Hochsauerlandkreis dorthin gerollt. Sie demonstrierten gegen geplante Streichungen von Subventionen für die Landwirtschaft. Sie stemmen sich weiterhin dagegen, auch wenn die Bundesregierung einen Teil der Streichungen zurückgenommen hat. So sollen Steuervergünstigungen für Agrardiesel zwar weiterhin erfolgen, allerdings nicht auf einmal, sondern schrittweise.

Klar wurde in Meschede: Die meisten Landwirte und die Grünen - das wird keine Freundschaft mehr. Während Friedrich Merz (CDU) auf dem Podium mit Jubel begrüßt worden war, wurde Dr. Georg Kaiser (Landtagsabgeordneter von Bündnis 90 / Die Grünen im Kreis Olpe) gnadenlos ausgebuht. Jetzt sorgt mit Laura Kraft eine Bundestagsabgeordnete der Grünen für weiteren Zoff mit den Bauern: Sie kommentierte die Proteste auf X (früher Twitter) wie folgt: „Liebe Bauern, your problem in a nutshell!“ Auf Deutsch: Hier ist euer Problem auf den Punkt gebracht.

H-Vollmilch aus dem Discounter

Zu sehen auf dem dazu gehörigen Foto: Eine Tüte H-Vollmilch der Discounter-Marke JA. „Die Politikerin dazu: PS: Das Foto stammt vom Kaffee-Stand auf dem Bauernprotest in Meschede.“ Was sie mit dem Posting sagen will: Nicht die Politik der Grünen ist das Problem der Landwirte, vielmehr die Markt-Macht der Lebensmittelkonzerne. In der Debatte dazu ergänzt die Abgeordnete: „Es geht um den Preisdruck, unter dem die Landwirte leiden. Das ist ein strukturelles Problem!“

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Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband reagierte auf Anfrage: „Es war eine Notlösung“, teilte Pressesprecherin Barbara Kruse mit: „Die Caterer hatten zunächst Markenmilch angeboten. Sie hatten aber nicht mit diesem riesigen Ansturm gerechnet, sodass sie blitzschnell Nachschub an Kaffeepulver, Zucker und Milch herbeischaffen mussten, und es im nächstbesten Geschäft nur noch diese No-Name-Milch gab.“

Reaktion: „Völlig überflüssig“

Sie erklärte darüber hinaus, die Marktmacht von Supermärkten sei ein Problem, ebenso aber die Politik der Ampel: „Aber gegen den Markt können wir nicht demonstrieren, daran arbeiten wir täglich. Die politischen Unsicherheiten sind derzeit das große Thema.“ Das Posting der Abgeordneten bezeichnete der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband als „sehr ärgerlich und unserer Ansicht nach völlig überflüssig. Eine plumpe Art, sich selbst interessant zu machen.“

Proteste gegen die Ampel: die Bauern-Demo in Meschede-Schüren.
Proteste gegen die Ampel: die Bauern-Demo in Meschede-Schüren. © Meschede | Katharina Kalejs

Neben Zustimmung für ihre Meinung, bekam die Politikerin auch auf X direkt Kritik nach ihrem Posting: „Ist sehr herablassend“. Oder: „Puh, schwierig. Gibt ja genug Landwirte die nicht Milchbauern sind. Und die haben auch Probleme. Das hört sich gerade hier ein bisschen herablassend an.“ In einer weiteren Antwort wird angemerkt: „Die strukturellen Probleme kennen wir. Ich verstehe es so, dass Sie anmerken wollen, dass die Landwirte selber Milch aus dem Discounter beziehen und hier nicht eine Kuh dabei haben und die Milch direkt aus dem Euter in den Kaffee melken.“

Seit 2021 im Deutschen Bundestag

Laura Kraft wohnt in Siegen und hatte 2021 im Bundestagswahlkreis Siegen-Wittgenstein kandidiert. Sie zog über einen Listenplatz ihrer Partei Deutschen Bundestag ein. Auf Anfrage dieser Zeitung erklärte sie: „Ich war bei der Bauerndemo in Meschede, denn es war mir wichtig, mir ein Bild vor Ort zu machen und für die Landwirte ansprechbar zu sein. Die geplanten Subventionskürzungen betreffen schließlich auch die Landwirte in unserer Region.“ Die Demonstration gegen die Politik der Bundesregierung und die Agrardiesel-Pläne sei absolut legitim.

Die Politik der Bundesregierung und der Agrardiesel seien aber nicht das Kernproblem der Landwirtschaft. „Die Probleme bestehen seit Jahrzehnten und u.a. ein gnadenloser Preisdruck, die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels und Preise unter den Produktionskosten bringen Bauern regelmäßig um ihre Existenz. Statt einer Symptombekämpfung braucht es faire Erzeugerpreise und eine nachhaltige Agrarpolitik, zum Wohle von Natur, Tieren und Menschen. Und das symbolisiert diese Tüte Milch am Kaffeestand einer Bauerndemo meiner Meinung nach ganz treffend“, so Laura Kraft. Es gehe ihr mit dem Bild der Milchtüte nicht um eine Kritik an den Landwirten oder billiges Konsumenten-Bashing, sondern um eine Systemfrage. Die Abgeordnete: „Nicht allen war direkt klar, worum es mir bei meinem Post ging. Das würde ich beim nächsten Mal anders machen.“