Bad Fredeburg. Annika Schmidt-Eickelmann ist Lehrerin an der Erich-Kästner-Realschule in Bad Fredeburg. Wie sie Schülern den Druck nehmen will.
Annika Schmidt-Eickelmann kann sich vorstellen, wie es ist, unter Schuldruck zu leiden. Ihren Schülerinnen und Schülern möchte sie daher durch besondere Erlebnisse und Projekte Last von den Schultern nehmen. Als Lehrerin an der Erich-Kästner-Realschule in Bad Fredeburg nimmt die 36-Jährige jedes Kind an, so wie es ist. Im Interview erzählt die Finnentroperin, was die Realschule so besonders macht, welche Schüler für die Schulform geeignet sind und auf welche Projekte sie sich freuen können.
Warum sind Sie Lehrerin geworden?
Ich bin schon lange Rhönradtrainerin bei ESV Finnentrop und habe schon früh damit begonnen, bei den Zeltlagern mitzufahren. Später habe ich auch selbst welche geleitet. Dadurch habe ich schon früh gelernt, Kinder bei ihrer Entwicklung zu begleiten und Spaß daran gefunden, sie in ihrer Persönlichkeit und ihren Stärken zu fördern.
Dann gab es für Sie also keine Alternative zum Lehrerberuf?
Doch natürlich! Als Jugendliche war ich noch unentschlossen, was ich einmal machen will. Nach meinem Realschulabschluss bin ich daher auch aufs Gymnasium gegangen, weil ich einfach noch nicht wusste wohin. Ich hatte verschiedene Ideen im Kopf - eine Anstellung im Rathaus, in der Gastro, im Städtebau oder als Sonderpädagogin. Letztlich habe ich mich dann für das Lehramtsstudium entschieden, was sich nach dem ersten Praktikum für mich auch als richtige Entscheidung herausgestellt hat.
Wenn Sie an Ihre eigene Schulzeit denken, woran erinnern Sie sich gern und woran nicht?
Besonders positiv in Erinnerung geblieben sind mir die zusätzlichen Angebote und Projekte meiner Schule. An unsere Klassenfahrten, Ausflüge und Musicalaufführungen denke ich noch heute gerne zurück. Im Gegensatz dazu denke ich eher ungern an Konflikte mit Mitschülern sowie Druck- und Prüfungssituationen, mit denen auch ich als Schülerin ab und zu zu kämpfen hatte.
Gibt es etwas, was Sie heute als Lehrerin tun, um ihren Schülern diesen Druck von den Schultern zu nehmen?
Unser aktuelles Schulsystem macht dies leider manchmal schwer. Als Lehrerin versuche ich dennoch diesen Druck mit positiven und besonderen Erlebnissen für meine Schüler auszugleichen. Der persönliche Draht zu den Kindern ist auch sehr wichtig.
Gibt es denn auch ein besonderes Projekt, das Sie an Ihrer Schule betreuen?
Ich organisiere unsere Projektwoche, bei der eine Woche lang kein Regelunterricht stattfindet. Stattdessen widmen sich unsere Schüler in gemischten Gruppen eigenen Projekten und lernen so neue, spannende Dinge kennen.
Was macht die Erich-Kästner-Realschule für Sie besonders?
Das harmonische Umfeld und Schulleben. Als ich meine alte Stelle an einer Realschule aufgeben musste, weil diese geschlossen wurde, und nach Fredeburg teil-abgeordnet wurde, hat mich vor allem der offene Umgang zwischen Eltern, Schülern und Lehrern überzeugt. Alle waren sofort hilfsbereit und hatten ein offenes Ohr für mich. Diese Verbundenheit spiegelt sich im gesamten Schulleben wider. Aber auch unser schulisches Angebot zeichnet sich aus: Wir veranstalten nicht nur Theaterprojekte, sondern versuchen jeden unserer Schüler individuell zu fördern. Unser Markenzeichen ist der bilinguale Zweig, bei dem sprachinteressierte Kinder weitere Fächer wie Geschichte und Erdkunde auf Englisch lernen. Dazu gehört unser Kurs „Deutsch als Fremdsprache“, was gerade vor allem den ukrainischen Kindern zugutekommt.
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Für welche Schüler sehen Sie die Realschule als passende Schulform?
Das Besondere an der Realschule ist ja, dass den Schülern nach ihrer Zeit bei uns alle Türen (von der Ausbildung bis hin zum Abitur mit anschließendem Studium) offen stehen. Diese Schulform ist also für alle Kinder geeignet, die sich selbst in Theorie als auch in der Praxis ausprobieren wollen. Durch die theoretischen Fächer, aber auch durch praktische Tätigkeiten wie in Technik, Hauswirtschaft, Theater, Garten-AG, Organisation eines Festivals und vielen mehr, können sie ihre Stärken herausfinden.
Wie würden Sie Eltern und Schüler von Ihrer Schule überzeugen?
Wir als Erich-Kästner-Realschule nehmen jedes Kind an, wie es ist - egal ob mit seinen Stärken oder seinen Schwächen. Uns ist es wichtig, durch positive Erlebnisse die Persönlichkeiten der Kinder zu stärken und sie so gut wie möglich auf ihr junges Erwachsenenleben vorzubereiten. Dafür steht auch unsere Vielfalt an Lehrpersönlichkeiten, die diesen Wert der Offenheit selbst verkörpern.
Was tut Ihre Schule für die Berufserkundung - welchen Stellenwert hat sie?
Die Berufserkundung ist für uns als Realschule eine der größten und wichtigsten Aufgaben, denn die Vielfalt zwischen den anschließenden Berufs- und Bildungswegen unserer Schüler ist sehr groß. Wir sind Teil des landesweiten Systems „Kein Abschluss ohne Anschluss“. Neben einer Potenzialanalyse in der achten Klasse gibt es außerdem ein großes Praktikum in der neunten Klasse, bei der die Schüler ihre Interessen praktisch stärken können. Zusätzlich besuchen unsere Schüler regelmäßig Berufsinformationsmessen, bei denen sich verschiedene Betriebe vorstellen. Eine Besonderheit bei uns ist unser schuleigener Berufsinfoabend, bei der regionale Betriebe bei uns zu Gast sind. So kommen unsere Schüler schon früh in Kontakt mit unserer Berufslandschaft. Dieser Weg hat mir früher gefehlt.
Abschließend: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in Ihrem Job?
Eine der größten Herausforderungen für mich als Lehrerin ist, meinem eigenen Anspruch gerecht zu werden, den Lehrplan mit den außerschulischen Aktivitäten zu vereinbaren. Der bürokratische Aufwand ist groß. Langfristig gesehen bin ich mir sicher, dass man das Konzept Schule neu denken muss. Neue Anforderungen erfordern auch neue Antworten. Besonders die Digitalisierung spielt da meiner Ansicht nach eine wichtige Rolle. Wir Schulen müssen an den Punkt kommen, die Digitalisierung als Werkzeug zu benutzen, das den Lernprozess der Kinder unterstützt. Es gilt also einen gesunden Umgang mit den digitalen Medien zu schaffen - das gilt auch für den Bereich Social Media.