Meschede. Im dritten Anlauf ist der Täter gesucht worden, der 2019 einen Menschen bei Meschede tötete. Doch der blutige Fall bleibt ungelöst.

Der inzwischen dritte Prozess um den Tod eines Ukrainers ist beendet. Der Fall dieses Toten im Maisfeld bei Meschede bleibt danach ungelöst. Seit Mai war vor dem Landgericht Hagen gegen einen inzwischen 32 Jahre alten Polen verhandelt worden. Er soll, so die Anklage, im August 2019 den 45-jährigen Ukrainer erschlagen haben. Tatsächlich aber sprachen die Hagener Richter den Polen jetzt frei. Auch die Staatsanwaltschaft hatte Freispruch gefordert.

Aus Untersuchungshaft entlassen

Der Fundort der Leiche: ein Maisfeld bei Schüren.
Der Fundort der Leiche: ein Maisfeld bei Schüren. © Brigitta Bongard

Der Freispruch deutete sich zuletzt bereits an: Der Mann war schon vor Wochen von den Richtern aus seiner Untersuchungshaft entlassen worden – ein Indiz dafür, dass sich die Vorwürfe nicht aufrechterhalten lassen würden.

Der 32-Jährige lebte 2019 zusammen mit anderen osteuropäischen Wanderarbeitern, darunter auch der Ukrainer, in einer Unterkunft in Meschede-Voßwinkel. Von ihrer Basis dort wurden sie von ihrem Auftraggeber, einem Unternehmen in Wuppertal, als Arbeiter zu Baustellen im ganzen Land gefahren. Gesprochen wurde untereinander in einem Gemisch aus Polnisch, Russisch und Ukrainisch. An den Abenden und den Wochenenden wurde in Voßwinkel getrunken – auch an dem tragischen Abend 2019.

Im Maisfeld abgelegt

Fest steht: Es kam zu einem Streit, dessen Anlass nicht bekannt ist. Bei der Auseinandersetzung war der Ukrainer erschlagen worden. Er starb an 13 Knochenbrüchen am Kopf. Seine Leiche wurde zur Vertuschung in einem Maisfeld bei Schüren beseitigt, sie wurde eine Woche später zufällig von einem Jäger entdeckt. Der 32-Jährige wurde dann vom Landgericht Arnsberg wegen Totschlags zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte immer seine Unschuld behauptet und will an dem Abend geschlafen haben.

Damals beim Urteil am Landgericht Arnsberg: Der Angeklagte (Mitte) mit seinem Verteidiger Otto Entrup (rechts).
Damals beim Urteil am Landgericht Arnsberg: Der Angeklagte (Mitte) mit seinem Verteidiger Otto Entrup (rechts). © Jürgen Kortmann

Eingeräumt hatte er nur, die Leiche mitbeseitigt zu haben - quasi aus Gruppenzwang. Gegen dieses Urteil warf sein Pflichtverteidiger Otto Entrup (Meschede) dann vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe erfolgreich: Deutschlands oberste Richter folgten Entrups Argumentation, wonach sich die Arnsberger Richter zu sehr auf die Aussagen eines 39 Jahre alten Polen verlassen hatten. Denn dieser Mann war plötzlich in diesem zweiten Prozess zum Hauptbelastungszeugen geworden, nachdem er noch in einem ersten Prozess der Angeklagte gewesen war (und aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde).

Dritter Prozess in Hagen

Die Karlsruher Richter merkten an, dass dieser Mann doch „ein erhebliches Eigeninteresse an einer Falschbezichtigung“ gehabt haben könnte. Sie forderten einen dritten Prozess an einem neutralen Ort. In Hagen wurde deshalb der gesamte Fall wieder aufgerollt, alles von vorne. Und in Hagen gelang es tatsächlich, auch ein bislang unbekannt gebliebenes Detail zu entdecken.

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So wurde diesmal eine Frau aus dem Ort vernommen, die an dem Abend der Tat eine Schlägerei vor der Unterkunft der Bauarbeiter beobachtet hatte. Daran beteiligt gewesen war demnach auch ein damals 45 Jahre alter Pole, der in der Unterkunft das Kommando führte – das war nur seltsam, denn in den vergangenen zwei Prozessen hatte dieser Mann immer beteuert, zur Tatzeit geschlafen zu haben.

Nicht in Polen auffindbar

Das Landgericht Hagen hatte versucht, sowohl den 39-Jährigen als auch den 45-Jährigen als Zeugen zu verpflichten – beide Männer konnten aber in Polen nicht entdeckt werden. Waren sie die Täter? Darauf findet sich keine Antwort. Einzig greifbar ist eine DNA-Spur an einem Vorschlaghammer, die der Angeklagte im allerersten Prozess hinterlassen hatte. Sie reichte den Arnsberger Richtern aber nicht aus. Im zweiten Fall glaubten sie wiederum dem ehemals ersten Angeklagten, der den 32-Jährigen mit einem Axtstiel beim Schlagen des Ukrainers gesehen haben will – von dem Stiel fand sich aber nie eine Spur.

Rund 800 Tage war der 32-Jährige in Untersuchungshaft gewesen, nachdem er vom Landgericht Arnsberg verurteilt worden war. Jetzt steht ihm dafür eine Haftentschädigung zu: rund 50.000 Euro . Verteidiger Otto Entrup spricht nach diesem Prozess von einem „beruhigenden Gefühl“: „Wir leben in einem Staat, in dem man eine Schuld zweifelsfrei nachweisen muss.“

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