Meschede. Für Ingrid Wiechert war der Mescheder Beginenhof ein Herzensanliegen. Warum sie sich jetzt davon verabschiedet und was das fürs Projekt bedeutet.

Im Beginenhof wollen Frauen jeden Alters - auch mit deren Kindern - ihr Leben gestalten, gemeinsam wohnen und sich gegenseitig unterstützen. Schweren Herzens nehmen Christel Hauert und Ingrid Wiechert nun davon Abstand. Was das für das Projekt bedeutet, das die Mescheder Unternehmer Jörg und Frank Hohmann über ihre Immobilien GmbH seit 2015 unterstützen.

Der Rückzug der beiden Seniorinnen verbreitete sich schnell in Meschede. Manch einer behauptete dann auch gleich, das sei das Aus für das Projekt. Was Jörg Hohmann auf Nachfrage vehement bestreitet: „Von unserer Seite ist das Projekt nicht gescheitert. Wenn dies jemand verbreitet, sollte er sich bei uns direkt melden, aber bitte nicht über die Presse, dass fände ich unpassend.“ Auch Ingrid Wiechert betont, das Projekt laufe weiter, „nur Frau Hauert und ich werden nicht mehr einziehen. Wir sind darüber einfach zu alt geworden.“

Ingrid Wiechert (links) und Christel Hauert vom Beginenverein Meschede mit den Plänen für das Beginenhaus an der Beringhauser Straße. Ein Foto aus dem Jahr 2018 - damals wurden die Pläne real.
Ingrid Wiechert (links) und Christel Hauert vom Beginenverein Meschede mit den Plänen für das Beginenhaus an der Beringhauser Straße. Ein Foto aus dem Jahr 2018 - damals wurden die Pläne real. © WP

Gründung des Vereins

Fast 85 sind die beiden Frauen nun, ein weiterer Umzug sei ihnen zu beschwerlich. Dabei hatten sie seit rund elf Jahren das Projekt vorangetrieben. Damals gründete sich der Beginenverein.

Die pensionierte Pfarrerin hatte schon in ihrem Dortmunder Pfarrhaus stets mit anderen Menschen zusammengelebt. Als Rentnerin zogen sie und Christel Hauert nach Schüren, heute ist dort das Wohnprojekt „Gut Möglich“. Damals schon ging es ihnen um gemeinschaftliches Wohnen. Mit der Zeit wurde ihnen aber die Entfernung zur Innenstadt zu groß. Also sahen sie sich in Meschede und Arnsberg nach Baugrundstücken und Investoren um. Eine Zusammenarbeit mit der Siedlungs-. und Baugenossenschaft im Rinschen Park scheiterte.

Frank und Jörg Hohmann als Investoren

2015 erklärten sich dann Jörg und Frank Hohman bereit, das Projekt zu verwirklichen. Ein Baugrundstück fand sich zwischen der Beringhauser Straße und der Straße Überhenne. Doch verschiedene rechtliche Probleme führten dazu, dass sich das Projekt zog, zu lang für die beiden Seniorinnen. „Wir sind darüber zu alt geworden“, bedauert Ingrid Wiechert. Ihr ist es aber wichtig, dass aber das Projekt weiterläuft. „Wir bleiben dran, sagt sie kämpferisch.“ Sie ist weiterhin zuständig für den Verein, Hildegard Kießler ist Ansprechpartnerin für neue Frauen.

Immer noch gibt es freie Wohnungen, alle sind zentrumsnah, barrierefrei, haben zwei Schlafzimmer, einen Balkon oder eine Terrasse. Eine Gemeinschaftswohnung soll auch als Veranstaltungsort dienen. „Da wird der Verein der Mieter“, erklärt Wiechert. Er müsse dafür aber erstmal Einnahmen generieren. „Bisher kostet der Jahresbeitrag nur 12 Euro.“

Einzug im Jahr 2023

Die Wohnungen sind auch für Frauen mit Kindern geeignet. Mittlerweile rückt das Einzugsdatum in greifbare Nähe. 2023 sagt Jörg Hohmann auf Nachfrage zu. Genauer will er sich nicht festlegen. Ingrid Wiechert hofft darauf, dass der erste Gebäudekomplex schon im Frühjahr freigegeben wird, der zweite Ende des Sommers.

Mit dem Termin werden die Wohnungen interessanter. Auch weil sie als gut gedämmte Neubauten mit Wärmepumpe und Dreifachverglasung nach neuesten Standards errichtet werden und damit in diesen unsicheren Zeiten nur geringe Energiekosten nötig werden. 7,50 Euro Kaltmiete habe man dem Beginenverein zugesagt, so Wiechert. Aber auch das müsse man sich leisten können.

Demnächst ist eine Begehung geplant. Daran wird Ingrid Wiechert auf jeden Fall teilnehmen. „Wir suchen weiter dringend Mieterinnen, die bereit sind, sich auf das Projekt einzulassen, die Ideen einbringen wollen. Gern jüngerer Frauen mit Kindern.“

Interesse am gemeinschaftlichen Wohnen

Sie hofft, dass sich nach Jahren, in denen Frauen sich für das Projekt interessierten und wieder absprangen, weil ihnen alles zu lange dauerte, es sich nun doch auf der Zielgeraden - auch ohne die Initiatorinnen - positiv entwickelt. „Manch eine Frau, die mal dabei war, hat jetzt die Kinder schon im Studium“, erzählt sie. „Wer kann sein Leben schon über elf Jahre planen?“ Ihr selbst tue es natürlich weh, dass sie sich davon verabschieden müsse, selbst in den Beginenhof einzuziehen. Doch sie bleibt optimistisch: „Ich bemerke gerade bei der jüngeren Generation wieder ein größeres Interesse am gemeinschaftlichen Wohnen. Es gibt Frauen, die es genießen, nicht allein zu sein.“

HINTERGRUND

Ansprechpartnerin für Frauen, die sich für den Beginenhof interessieren, ist Hildegard Kießler. Sie ist erreichbar unter Tel. 02931/13393.

Außerdem trifft sich der Beginenverein jeden ersten Samstag im Monat im Café Schröjahrs. Dort ist ein unverbindliches Kennenlernen möglich.