Meschede. Völlige Kehrtwende bei der Windkraft in Meschede: Weil ein unerwarteter Akteur erscheint, werden plötzlich fünf neue Windräder denkbar.
Ein ganz neuer, vollkommen unerwarteter Akteur taucht plötzlich in der Diskussion um die Windkraft in Meschede auf – und das hat Folgen: In einer kompletten Kehrtwende spricht sich der Stadtrat jetzt plötzlich für fünf Windräder bei Freienohl aus. Noch in der letzten Woche wollte die Stadt dagegen klagen.
Eigentlich ist eine Klage geplant
Der Ausschuss für Stadtentwicklung hatte sich eigentlich, wie berichtet, letzte Woche für eine erneute Klage entschieden: So soll Zeit für die Aufstellung des neuen Flächennutzungsplanes gewonnen werden, mit dem die Stadt weiterhin Konzentrationszonen für die Windkraft bestimmen will – anstatt sich Windräder von Investoren an von ihnen ausgewählten Standorten vorsetzen zu lassen.
Die Stadt hätte gegen den Hochsauerlandkreis klagen müssen, weil der als zuständige Behörde eine nächste Genehmigung für die Freienohler Windräder des Projektierers Abo Wind ausspricht. Weil Abo Wind aber inzwischen mit neuen Windrad-Typen plant, müsse nach Argumentation der Stadt ein ganz neues Planverfahren her.
Die Pläne des Klinikums Hochsauerland
Doch jetzt: Auftritt des Klinikums Hochsauerland! Am Dienstag spricht das Klinikum hinter verschlossenen Türen mit den Politikern – ohne die Stadtverwaltung, die in ihren Vorlagen ja weiterhin Klagen empfiehlt. Zwei Stunden vor der Ratssitzung am Donnerstag trifft ein Schreiben von Werner Kemper, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums, an die Fraktionen ein: Darin bestätigt Kemper, dass das Klinikum mit Abo Wind eine Vereinbarung zum Erwerb des Windparks Freienohl getroffen habe. Mit dem Erwerb des Windparks will das Klinikum die Stromversorgung seiner Krankenhausstandorte im HSK künftig langfristig ergänzend absichern.
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Und nicht nur das: Das Klinikum führt ein Konsortium von Investoren an, zu dem auch weitere Unternehmen aus der Region gehören, die sich so auch Strom sichern. Kemper bittet in dem Schreiben die Politiker, „die zügige Errichtung des Windparks Freienohl zu unterstützen und von geplanten Klageverfahren gegen die ausstehende Genehmigung abzusehen“. Kemper stellt in Aussicht, dass sich weitere Partner an der Stromerzeugung beteiligen könnten, etwa Hochsauerlandenergie oder die Stadtwerke.
Klage in Freienohl ist plötzlich vom Tisch
Im Stadtrat folgt die Mehrheit dieser neuen Entwicklung und begrüßt die Klinikums-Entscheidung: Gegen die Freienohler Windräder wird nicht mehr geklagt. Auch Bürgermeister Christoph Weber stimmt gegen die Klage-Vorlage seiner eigenen Verwaltung: Er sagt jetzt, Klinikum und die angeschlossenen Unternehmen sorgten damit für „Standortsicherheit“. Marcel Spork (CDU) sagt zum Erwerb des Windparks durch das Klinikum, dies „entspricht unseren Erwartungen an die Energiewende und die Wertschöpfung vor Ort“. Maria Gödde-Rötzmeier (UWG) nennt es „ein Modell, von dem wir geträumt haben“. Nur Dr. Jobst Köhne (FDP) spricht dagegen von einem „Renditeobjekt fürs Klinikum“.
Damit werden Fakten für den Flächennutzungsplan geschaffen, der ja eigentlich offen sein sollte für Vorrangzonen: Freienohl ist damit aber quasi bereits gesetzt. Genauso gesetzt (wenn es nicht noch im weiteren Verfahren zum Beispiel bei Artenschutz-Fragen zu unlösbaren Problemen kommt) sind drei neue Windräder bei Heggen/Vellinghausen, weil die Stadt hier ihre Klage verloren hat.
Richter kritisieren Stadt Meschede
Inzwischen liegt die schriftliche Begründung des Oberverwaltungsgerichtes Münster dazu vor: „Es ist nicht unbedingt lesenswert zu unseren Gunsten“, räumt Fachbereichsleiter Klaus Wahle ein. Denn im Grunde kritisieren die Richter, dass die Stadt es mit der Umsetzung dieses Projektes und der Aufstellung des Flächennutzungsplanes nicht ernst genug gemeint habe. Bürgermeister Weber teilt diese Einschätzungen nicht – er verweist darauf, dass in der Verwaltung viel Personal damit beschäftigt wurde und andere Vorhaben zurückgestellt wurden: „Wir haben genügend Ressourcen hineingepackt“ – aber die Richter sehen es anders.
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Um die verworrene Windkraft-Politik noch komplizierter zu machen: Während gegen Freienohl nicht mehr geklagt wird, hat der Stadtrat mit CDU- und FDP-Stimmen eine Klage gegen den Hochsauerlandkreis im Fall von drei Windrädern bei Remblinghausen-Ennert beschlossen – allerdings erst einmal nur als vorläufige Klage, um eine Frist zu wahren. Im Rat im November soll dann endgültig entschieden werden, ob eine Klage tatsächlich Erfolg verspricht.
Maria Gödde-Rötzmeier kritisierte, der Rat habe sich bei der Windkraft „leider zu sehr auf den rudimentären Sachverstand unserer Rechtsberatung verlassen“ – die Kanzlei Wolter Hoppenberg berät die Stadt bei der Windkraft. Sie gehöre beim Thema Windkraft zu den Top-Kanzleien, stellte der Bürgermeister klar. Die Kanzlei selbst hat in der Zwischenzeit mündlich mitgeteilt, die Erfolgsaussicht einer neuen Klage sei gering. Das wird auch SPD, UWG, Grünen und MbZ so gesehen, die deshalb gegen die Klage sind.