Meschede. Die Trockenheit ist am Hennesee bei Meschede zu spüren. Ohne die Talsperre würde die Ruhr trocken fallen. Jetzt hat das Folgen für das Schiff.
Auch wenn in den nächsten Tagen zumindest wieder Regen angekündigt ist: Die Dürre hat auch hier zum Teil dramatische Folgen – die erst auf den zweiten Blick zu sehen sind. So ist die Situation am Hennesee bei Meschede.
Regenmengen deutlich unter dem Durchschnitt
Vom Hennesee aus muss Wasser in die Ruhr abgegeben werden, damit in dem Fluss die Pegelstände hoch genug gehalten werden können – um die Entnahme durch die an der Ruhr gelegenen Wasserwerke zu decken und aus ökologischen Gründen, damit die Ruhr nicht trockenfällt.
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Aktuelle Sorgen hat Betriebsleiter Christof Sommer nicht. Er zieht zum Vergleich das Dürrejahr 2018 heran: Die Stauhöhe in seiner Talsperre ist noch um zwei Meter höher, es sind drei Millionen Kubikmeter Wasser mehr darin als damals.
Im Hennesee ist so viel wie möglich aufgefangen und zurückgehalten worden, als die Zuschusspflicht in die Ruhr nicht so groß war wie zuletzt – das hat gewisse Reserven geschaffen.
Die Situation am Hennesee ist nicht angespannt: Es kann genug Wasser in die Ruhr abgegeben werden, gleichzeitig ist die Talsperre ordentlich gefüllt. Aktuell ist sie zu 60 Prozent gefüllt. Wieder der Vergleich zum Dürrejahr 2018: Da war die Talsperre zu 53 Prozent gefüllt. Auch Christof Sommer weiß um die Trockenheit: Im August ist nur ein Fünftel des sonst normalen Niederschlages gefallen – und auch die Regenmengen im übrigen Jahr waren, mit Ausnahme von Januar und Februar, stark unterdurchschnittlich.
Die Bäche bringen kein Wasser
Ausgerechnet bis April darf der Hennesee aber nicht volllaufen, zum Hochwasserschutz. Dennoch bleiben Sorgen: Was, wenn sich die Trockenheit doch in den Herbst hineinzieht? Aktuell läuft kaum Wasser nach. Es strömt mehr in die Ruhr heraus als in den Hennesee hinein.
In die Henne gelangen aktuell gerade einmal 120 Liter pro Sekunde (und 2100 Liter pro Sekunde fließen heraus). „120 Liter bei einem Einzugsgebiet von 100 Quadratkilometer sind nichts“, sagt Christof Sommer. Aus dem unterirdischen Beileitungssystem aus dem Osten, das den Hennesee sonst füllt, kommt gerade – nichts. Die Bäche dort führen kein Wasser.
Trockenster Sommer überhaupt an der Ruhr
Mit nur 120 Millimetern Niederschlag, 57 Prozent weniger als im langjährigen Mittel, war der Sommer 2022 der mit Abstand trockenste, der im Ruhreinzugsgebiet je verzeichnet wurde. Im August fielen sogar gerade einmal 15 Prozent des für diesen Monat üblichen Niederschlags. Zur Aufrechterhaltung der Mindestwasserführung in der Ruhr mussten die Talsperren des Ruhrverbands daher in den drei Sommermonaten durchschnittlich 15,5 Kubikmeter Wasser pro Sekunde an das Flusssystem ab geben – das Achtfache dessen, was ihnen im selben Zeitraum zufloss.
Talsperren dürfen jetzt weniger Wasser in Ruhr ablassen
Als Folge dieser hohen Abgaben lag der Gesamtfüllstand aller Talsperren am 31. August bei nur noch bei 69,3 Prozent vom Vollstau und damit gut 9 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Damit der in den Talsperren zur Verfügung stehende Wasservorrat länger vorhält, falls sich die deutlich unterdurchschnittlichen Niederschläge in den kommenden Monaten weiter fortsetzen sollten, hat der Ruhrverband vom zuständigen Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr in NRW auf Antrag die Genehmigung erhalten, vorübergehend bis zum 31. Oktober die Talsperren anders zu bewirtschaften und die Mindestwasserführung der Ruhr abzusenken.
Damit kann der Ruhrverband eine Einsparung von bis zu knapp 260.000 Kubikmetern Wasser pro Tagerreichen. Schon in den Jahren 2018 bis 2021 hat das NRW-Umweltministerium dem Ruhrverband wiederholt per Ausnahmegenehmigung gestattet, die gesetzlichen Mindestabflüsse temporär abzusenken und so die Wasservorräte in den Talsperren zu schonen.
Talsperrensteuerung künftig flexibler gestalten
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Häufung von langen Trockenphasen sei es für einen zukunftssicheren und klimaresilienten Betrieb des Talsperrensystems notwendig, so der Ruhrverband, dass die im „Ruhrverbandsgesetz“ verankerten Grenzwerte zur Mindestwasserführung in der Ruhr grundsätzlich niedriger angesetzt werden, damit die Talsperrensteuerung künftig flexibler gestaltet werden kann. Dazu hat der Ruhrverband und das NRW-Umweltministerium gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr die Grundlagen für dieses Vorhaben erarbeitet.
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Wenn er einen Wunsch frei hätte? In der Vergangenheit hat sich Christof Sommer dann immer einen guten Sauerländer Landregen gewünscht – schön gleichmäßig und nicht zu stark, damit nichts abgeschwemmt wird. Im ersten Dürrejahr wünschte er sich auf die Frage hin einen Landregen anhaltend über drei Wochen, danach im zweiten waren es schon sechs Wochen. Heute wünscht er sich: „Jetzt brauchen wir monatelang Regen. Wir haben Defizite ohne Ende.“ Er verweist auf den „Dürremonitor“ des Helmholtz-Institutes für Umweltforschung: Bis in eine Tiefe von 1,80 Meter ist es auch hier staubtrocken.
Zumindest den Fischen geht es noch gut
An manchen Stellen stinkt es derzeit am Hennesee – völlig normal. Denn durch die Abgabe des Wassers in die Ruhr fällt der Stauspiegel im See, wodurch sich Biomasse am Ufer zersetzt. Sie ist die Ursache für den Geruch.
Immerhin: Den Fischen in der Talsperre geht es gut.
Eine künstliche Sauerstoff-Anreicherung wie in der Vergangenheit ist aktuell nicht geplant. In der Nachbarschaft, im Möhnesee, müssen die Fische schon künstlich beatmet werden: Die Möhnetalsperre ist zwar viel größer, aber nicht so tief wie der Hennesee, die biologischen Abbauprozesse sind also schneller und nehmen den Fischen Sauerstoff. Die Hennetalsperre ist 20 Meter tiefer, hier können sich die Fische in die Tiefe zurückziehen.
Schiff muss in die Werft
Auch daran ist die Trockenheit schuld: Am Hennesee endet die Saison für die Schiffsfahrten vorzeitig. Denn die MS Hennesee muss zur Revision in die Werft.
Das Fahrgastschiff muss zur Revision per Land-Transport zur Lux-Werft nach Mondorf bei Bonn. Die Saison der Schifffahrt auf dem Hennesee endet somit bereits am Sonntag, 11. September. Wegen der geringen Staumenge gibt es seitens der Werft und des Ruhrverbandes Befürchtungen, dass das Wasser bis zum geplanten Saisonende Mitte Oktober weiter sinkt und das Schiff nicht mehr auf die Helling an der Berghauser Bucht gehoben werden kann.
Jetzt wird ein Elektro-Antrieb eingebaut
Notgedrungen muss nun gehandelt werden. Das Schiff sollte geplant im Oktober vom Hennesee per Schwertransport zur Werft gebracht werden und dort umgebaut werden: Der alte Diesel-Motor soll einem reinen Elektro-Antrieb weichen. Für den abrupten Saisonabbruch bitten sowohl das Betreiber-Ehepaar Lara und Jörg Schmitten als auch Wolfgang Keseberg, Geschäftsführer der Lux-Werft und Schifffahrt GmbH, um Verständnis. „Leider ist der Termin aufgrund des Niedrigwassers und der Gefahr eines weiterhin sinkenden Pegels alternativlos. Das Schiff muss im Oktober die Revision bekommen“, so Wolfgang Keseberg.
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Gruppen, die für die verbliebene Saison gebucht hatten, wurden bereits informiert oder auf die Personenschifffahrten am Möhnesee, Sorpesee und Biggesee verwiesen. Auf den anderen drei Sauerländer Seen, auf denen die Lux-Werft eigene Schiffe einsetzt, kann die Saison laut Keseberg ganz normal zu Ende geführt werden: „Dort können wir auch bei weiter sinkenden Wasserständen noch fahren.“ Die „alte Dame“, wie Kapitän Jörg Schmitten sein Schiff liebevoll nennt, hat viele Stammkunden und Fans, die noch bis Sonntag die Möglichkeit haben, eine Runde mit der MS Hennesee zu drehen.
Zunächst auf dem Biggesee im Einsatz
Die MS Hennesee ist vom Baujahr 1969 und das älteste der sechs Schiffe der Sauerländer Flotte. Es war zunächst zehn Jahre lang als „MS Westfalen“ auf dem Biggesee im Einsatz. Seit 1979 fährt der 32,5 Meter lange und 6,1 Meter breite Ausflugsdampfer, der unter der Baunummer 34 auf der Lux-Werft in Niederkassel-Mondorf konstruiert wurde, auf dem Hennesee. In über einem halben Jahrhundert wurde das Schiff mehrfach modernisiert.
Die Schiffe auf Hennesee, Sorpesee und Möhnesee gehören der Lux-Werft und Schifffahrt GmbH und werden von selbstständigen Pächtern betrieben. Nur am Biggesee sowie am fränkischen Brombachsee werden die Schifffahrtsbetriebe in Eigenregie geführt.
Infos und Abfahrtszeiten zu den noch verbliebenen Schifffahrten sind auf www.hennesee.nrw zu finden.