Ostwig. Seit 25 Jahren betreibt Ludger Hilgenhaus seinen Sicherheitsdienst in Ostwig. In den Anfängen war noch vieles anders. Das sind seine Erfahrungen.
Er war schon Bodyguard, passte bei Schützenfesten und Abifeten auf, half verprügelten Frauen, von ihren gewalttätigen Männern wegzukommen, schützt Betriebe vor Einbrechern: Ludger Hilgenhaus hat alles andere, aber keine alltägliche Arbeit. Seit 25 Jahren gibt es seinen Sicherheitsdienst, den LH Security Service im Bestwiger Ortsteil Ostwig.
„Ich kann mit Stress besser umgehen“
Hilgenhaus hat als Jugendlicher in Velmede mit dem Kampfsport Jiu Jitsu angefangen, war dann auf Wettkämpfen erfolgreich, erwarb den schwarzen Gürtel und einen Meistergrad, bekam einen Privattrainer in Dortmund, der die Eliteeinheit GSG9 im Nahkampf ausbildete:
„Das Training ging an die Grenzen. Ein ‘Ich kann nicht mehr’ gab es nicht. Ich musste über den inneren Schweinehund hinausgehen“, erinnert er sich. Dabei habe er viel gelernt, nicht nur kraftvoll zu sein, sondern auch mental stark sein zu müssen. Der heute 48-Jährige sagt, er habe davon auch in der Corona-Zeit profitiert: „Mich hat Corona nicht so mitgenommen – weil ich anders ausgebildet worden bin. Ich kann mit Stress besser umgehen.“ Sein Unternehmen schützte unter anderem das Corona-Impfzentrum des Hochsauerlandkreises in Olsberg.
Ein wenig blauäugig in die Selbstständigkeit
Durch seine sportlichen Erfolge damals wurde die Junge Union auf ihn aufmerksam. Die JU richtete damals Feten aus und suchte jemanden, der dabei aufpasste. „Irgendwann habe ich gemerkt: Hoppla, wenn eine Schlägerei ist, dann bist du ganz alleine. Man hat sich gar nicht so Gedanken gemacht, was kann da passieren?“
Hilgenhaus brauchte mehr Leute, so entstand sein Unternehmen. Er ging das durchaus blauäugig an: „Ich war mir erst gar nicht über die Konsequenzen bewusst: Hast du ständig Einnahmen? Wie versicherst du dich?“ Angebote schrieb er noch einzeln auf der Schreibmaschine. Die Schützenvereine waren seine ersten Kunden. Hilgenhaus war einer der ersten Sicherheitsdienste, die jetzt kontrollierten. Es sei auch damals überhaupt kein Problem gewesen, Leute dafür zu finden: „Das war ein Boom. Die Leute wollten im Sicherheitsdienst arbeiten.“
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„Ich habe da nicht lange gefackelt“
Es seien andere Zeiten gewesen, damals Mitte der 90er-Jahre: „Wenn es eine Schlägerei gab unter Männern, wurde keine Polizei gerufen.“ Es war, nun ja, handfester: Ludger Hilgenhaus gibt freimütig zu: „Wenn man jemanden aus einer Halle bringen musste und der hat um sich geschlagen – ja, dann hat er sich auch eine gefangen. Ich habe da nicht lange gefackelt.“ Und wer bei einer Feier ein Mädchen oder eine Frau unsittlich belästigte oder sogar anfasste: Dafür gab es Schläge. Handys, die sofort alles filmen, gab es noch nicht. Heute wird alles sofort gefilmt.
Die Zeiten haben sich geändert: Heute steht die Deeskalation im Mittelpunkt, ein Sicherheitsdienst soll zurückhaltend sein.
Bei Zwischenfällen wird sofort die Polizei gerufen, der Verdächtige wird in einen separaten Raum gebracht, es wird dann gemeinsam auf die Polizei gewartet. Wobei auch Ludger Hilgenhaus beobachtet hat, spätestens seit Corona, dass die Hemmschwelle bei Aggressionen gesunken ist: „Man ist viel schneller dabei, aufeinander loszugehen wie früher. Wenn früher dann jemand am Boden lag, ließ man ihn in Ruhe. Heute wird noch mal zugetreten. Die Leute gehen so schnell hoch!“
25 Vollzeitkräfte und 25 Aushilfen
Heute kann Ludger Hilgenhaus auf etwa 25 Vollzeitkräfte zurückgreifen, dazu noch einmal rund 25 Aushilfen. Nur Muskeln zählen längst nicht mehr. Sicherheitsleute müssen Prüfungen bestehen, Lehrgänge absolvieren, einen einwandfreien Ruf haben. Bei ihm bekommen sie auch Nacht- und Feiertagszuschläge.
„Die Leute haben sich immer gekloppt. Aber früher war es fairer“, erinnert sich Ludger Hilgenhaus. Er bekennt auch freimütig, dass es „Gruppierungen“ gibt, die einem Wachdienst bei Veranstaltungen mehr zu schaffen machten, als andere: Er hat bei afghanischen, syrischen und irakischen jungen Männern eine hohe Gewaltbereitschaft erlebt – „da ist auch keine Angst vor Konsequenzen“.
Auch die sexuellen Übergriffe auf Frauen an Silvester 2015/16 hätten ihn nicht überrascht, sagt er: „Ich habe das erwartet.“ Diese jungen Männer hätten ein ganz anderes Frauenbild. Hilgenhaus schützte damals auch Flüchtlingsunterkünfte in Brilon und in Warstein: „Wenn dort Familien lebten, dann war alles okay, aber wehe, wenn es Single-Männer waren. Dann gab es immer Zwischenfälle.“ Nach den Übergriffen in Köln sei sein E-Mail-Postfach plötzlich übergelaufen: So viele Anfragen gab es, wie man sich schützen könnte. Hilgenhaus unterrichtete in der Folge 2000 Frauen in Selbstverteidigung.
Nur ein Bruchteil des Geschäftes
Der Schutz von Veranstaltungen macht inzwischen nur einen Bruchteil im Geschäft des Unternehmens aus. Geld verdient Ludger Hilgenhaus mittlerweile vor allem durch den Werkschutz und Objektschutz bei Industriefirmen: „Ruhiger ist schöner“, gibt er zu. Auch Leibwächter war er schon, da wird er aber diskret: „Man muss lernen, den Mund zu halten.“ Im Auftrag von Straßen.NRW achtete er darauf, dass bei den Dreharbeiten für „Alarm für Cobra 11“ auf der Autobahnbaustelle bei Nuttlar niemand gefährdet war.
Geschützt hat er auch Frauen, die umziehen oder ausziehen wollten, um wegen häuslicher Gewalt von ihren Männern wegzukommen: „Wir haben beim ganzen Transport in die neue Wohnung aufgepasst. Wenn der Mann kam, war die Bude dann leer.“ Heile Welt? Von wegen, „die gibt es auch bei uns nicht.“ Auch Privatdetektiv war er, wenn Mann oder Frau untreu waren: Hilgenhaus observierte selbst in der Gemeinde Bestwig, „erfolgreich, aber ich spreche nicht über Details“.