Meschede. Jakob Jan Küchler war fünf Jahre Seelsorger in Meschede. Nun verlässt er den Pastoralverbund. Er sagt, wofür es sich lohnt zu streiten.
Nach fünf Jahren verlässt Pastor Jakob Jan Küchler den Pastoralverbund Meschede-Bestwig. Der 32-Jährige wechselt zum 1. September nach Minden als Pastor an die dortige Dompfarrei. In Meschede vertrat er eine eher konservative Auffassung des katholischen Glaubens, scheute keine Auseinandersetzung und sagt selbst, „manches Gespräch hätte ich gern noch geführt“.
Diskussionen auf Augenhöhe
Er diskutiert gern, sagt er, auf Augenhöhe, und könne dabei auch Positionen stehenlassen. Jakob Jan Küchler hat in den vergangenen fünf Jahren manchen Streit für die katholische Kirche gefochten. Er hat auch Kontakte zu Jugendlichen aufgebaut, versucht, sie im kleinen Rahmen für den Glauben zu begeistern, bei Gesprächen, in der Firmvorbereitung und auf Wallfahrten nach Frankreich. Er feierte Jugend-Gottesdienst, nicht groß und öffentlich als Kirchenprojekt, wie bei „Light my Fire“ oder „New Ground“, sondern klein in der Krypta von St. Walburga. „Denn seien wir ehrlich“, sagt Küchler, „wenn wir zu Jugend-Gottesdiensten einladen, dann kommen vor allem die Älteren.“
Aktion #segenfüralle - #loveisnosin
Für viel Wirbel sorgte eine Aktion im Jahr 2021, als er nach dem Gottesdienst zur Osternacht einen mit Kreide gemalten Regenbogen vor der Kirchentür von St. Walburga entdeckte mit dem Spruch „#segen für alle - Love is no Sin - Liebe ist keine Sünde.“ In einer Spontan-Aktion entfernte er die Kreidezeichnung, die damals aus der Diskussion um die Segnung homosexueller Paare entstanden war. Auch heute noch steht er dazu. „Das hat nichts mit meiner Haltung zur Homosexualität zu tun, aber ich fand und finde einfach, dass das nicht zur Osternacht passt.“ Auch in einer anschließenden Diskussionsrunde, die wegen Corona über Zoom ablief und an der mehr als 200 Menschen teilnahmen, rückte er nicht von dieser Position ab.
Als Priester offizieller Vertreter der Kirche
„Ich lehne die Segnung nicht ab“, sagt er, „Sie ist nur aus Rom verboten worden, mit der theologischen Begründung, dass der Brautsegen eine so wichtige Stellung hat. Den Wunsch nach Segen kann ich völlig verstehen und der ist auch berechtigt, zugleich ist man als Priester immer auch offizieller Vertreter der Kirche.“
Ähnlich ist seine Haltung zu Frauen in der Kirche und zur Laien-Predigt. Diese sei nun mal in der Heiligen Messe auf Priester und Diakone beschränkt, „aber es gibt ja viele andere, sehr festliche kirchliche Feiern, wo das möglich wäre. Wir sind leider sehr fixiert auf die Eucharistiefeier.“
Vorsicht im Umgang mit Medien
Was er aus der Zeit und der damaligen Diskussion gelernt habe: Dass man vorsichtig sein müsse im Umgang mit Medien, vor allem mit den sozialen Medien. „Man kann über alles reden, aber besser direkt.“
Bis heute sei für ihn der Priesterberuf die richtige Wahl. „Es ist wie in einer Ehe, da gibt es hellerer und dunklere Seiten, aber man kann sich immer wieder neu verlieben.“ Vor allem die Begleitung von Sterbenden und Trauernden habe er als sehr berührenden Dienst erlebt. Das zeige ihm: „Auch wenn die Kirchen, sich nicht wieder füllen, so ist der Dienst doch nicht vergebens.“ Den Menschen mit Gott zu verbinden, das sei sein Ziel. Und darüber sehe er auch die Chance, Menschen für den Glauben zu gewinnen. „Kirche ist mir oftmals zu politisch, dabei wird die Begegnung mit Gott vergessen.“ Er hadere auch nicht mit seiner Kirche. Sie liefere keine toten Riten, sondern sei der Rahmen, den er für seinen Glauben brauche. „Die persönliche Beziehung zu Gott erlebe ich in den Sakramenten, deshalb bin ich Priester geworden.“
Zukunft der katholischen Kirche
Wo er die Zukunft der katholischen Kirche sieht: „In Menschen, die sich bewusst für Gott entscheiden.“ Der gesellschaftliche Zwang, der über Jahrhunderte dazu führte, dass Menschen die Kirche besuchten, sei vorbei. „Das ist das Ende der Volkskirche.“ Wichtig ist ihm, dass der Neustart ohne sektiererische Auswüchse gelingt, man brauche den theologisch-wissenschaftlichen Diskurs. „Es bleiben jetzt die, denen der Glauben wirklich wichtig ist.“ Und dann sei auch der Priestermangel kein Problem. „Es gab noch nie so viele Priester im Verhältnis zur Zahl der Gläubigen.“
Küchler ist sicher, dass aus dem Umbruch, der durchaus schmerzlich sei, etwas Neues erwachsen könne und nennt Frankreich als Beispiel, wo es viele junge Gemeinden gebe, wo man sich nicht darin verliere etwas zu erwirtschaften, wo der Dienst am Menschen als extrem wichtig angesehen werde. „Mir macht das keine Sorgen.“
Reformbedarf ist vorhanden
Klar, müsse sich die Kirche auch reformieren. „Wir müssen uns fragen, was, von dem, was wir tun, ist für die Glaubensweitergabe wichtig.“ Auch angesichts des Missbrauchsskandals müsse die Macht Einzelner in der Kirche weiter beschränkt werden. Das gehe nur mit größtmöglicher Transparenz. „Die Kirche muss ein sicherer Ort für alle Menschen sein.“ Aber Christen müssten auch viel häufiger davon berichten, was ihnen Kraft und Halt gibt - und wofür es sich lohnt zu streiten.
Hintergrund
Jakob Jan Küchler ist 32 Jahre alt. Er stammt aus Wanne-Eickel. Nach dem Abitur studierte er Theologie am Priesterseminar in Paderborn und Paris.
Ein Sozialpraktikum absolvierte er an der Bahnhofsmission in Bielefeld.
2016 wurde er zum Diakon und 2017 in Paderborn zum Priester geweiht.
Zu seiner Verabschiedung wird für Sonntag, 14. August, um 11 Uhr in die Walburga-Kirche eingeladen, Nach dem Gottesdienst findet ein Empfang statt.