Meschede. Professor Christoph Donner stammt aus Löttmaringhausen in Meschede. Mit Sachverstand und Leidenschaft blickt er auf die Themen Wasser und Klima.

Wasser hat Christoph Donner ein Leben lang begleitet. Aufgewachsen an der kleinen Henne bei Meschede, hat er als Kind Bachforellen und Groppen mit der Hand gefangen. Ab Januar 2023 leitet der Löttmaringhauser die Berliner Wasserbetriebe, das größte Wasser- und Abwasserunternehmen Deutschlands. Die Herausforderungen dort, wie weltweit, sind enorm: „Wir brauchen nicht nur einen Friday für Future, sondern auch einen Wednesday for Water“, fordert er daher.

Sie kehren 2023 von den Harzwasserwerken in Hildesheim nach Berlin zu einem Ihrer ehemaligen Arbeitgeber zurück und werden Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Was reizt Sie an der Aufgabe?

Christoph Donner: Berlin ist nicht nur als Bundeshauptstadt spannend, mein neuer Arbeitgeber ist mit rund 4600 Mitarbeitern und etwas mehr als einer Milliarde Euro Umsatz eines der Top-Unternehmen in der Branche. Die Verantwortung für die Wasserver- und -entsorgung von rund fünf Millionen Menschen, aber auch die Nähe zur Politik ist spannend. Denn vieles, was wir heute für die Minderung des Klimawandels und die Anpassung an die Folgen erreichen wollen, stellt eine der großen, generationenübergreifenden Zukunftsaufgaben dar. Dazu gilt es gemeinsam mit der Politik die richtigen Entscheidungen zu treffen und gezielt Maßnahmen umzusetzen.

„Müssen viel radikaler Klimaschutz betreiben“

Darum fordern Sie plakativ einen Wednesday for Water?

Ja, die Herausforderungen sind immens. Ich begleite die Klimaforschung seit ungefähr 15 Jahren. Seit 2007 sehen wir in Niedersachsen, wie die Grundwasserspiegel sich verändern. Wir sehen in Deutschland Trockenheit und Brände und merken, wie sehr wir vom Wasser abhängen. Langsam begreifen alle, dass wir viel radikaler Klimaschutz betreiben müssen.

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Mir liegt es fern, Verbote auszusprechen, ich will informieren, aber 2016 haben wir weltweit 931 Gigatonnen CO2 emittiert. Rund 10 Tonnen davon entfallen pro Kopf auf uns Deutsche. Wenn wir das 1,7- oder sogar das 1,5-Grad-Ziel erreichen wollen, muss jeder von uns seinen Verbrauch auf 6 bzw. 3 Tonnen pro Jahr senken. Wenn man sich das überlegt, fliegt man nicht mehr einfach irgendwohin in den Urlaub und vermeidet innerdeutsche Flüge.

Was sind konkret die Herausforderungen fürs Wasser?

Es geht um vier Punkte, bei denen wir jetzt Entscheidungen für zukünftige Generationen treffen: 1. Ressourcen: Wie erhalten wir genügend sauberes Wasser für alle, um die gesellschaftlichen Entwicklungen weiter zu ermöglichen. 2. Infrastruktur: Autobahnbrücken oder das deutsche Bahnschienennetz erfahren aktuell Investitionen in Milliarden Höhe, aber auch das Wasserleitungsnetz ist an vielen Stellen 100 Jahre alt und muss erneuert werden. 3. Mensch und Gesundheit: Wir müssen unser Grund- und Oberflächenwasser noch besser schützen, indem wir verhindern, dass kritische Stoffe, denken Sie an Industriechemikalien, Nitrate, aber auch Medizinprodukte wie Antibiotika überhaupt ins Wasser gelangen.

Und 4. Finanzen: Heute zahlt man pro Kubikmeter Wasser zwischen 0,9 und 2 Euro. Das ist wenig für die Leistung und die Infrastruktur, die hinter sauberem Trinkwasser steckt. Aber mir ist klar, die Inflation fordert von jedem heute viel. Wir versuchen mit innovativen Lösungen neue Wege zu gehen, die verbleibenden Belastungen müssen wir nachhaltig in der Gesellschaft unter anderem nach dem Verursacherprinzip verteilen.

Das alles kostet die Ressource Wasser

Was müsste konkret passieren?

Ich würde mir wünschen, dass - neben dem Kohlendioxid-Fußabdruck - auf jedem Produkt auch steht, wie viel Wasser bei der Herstellung verbraucht wurde. Nehmen Sie Ihr T-Shirt, die Himbeeren und Blaubeeren, die es das ganze Jahr im Supermarkt zu kaufen gibt und die zum Teil in Entwicklungsländern bewässert werden - das alles kostet die Ressource Wasser, zwar nicht in Deutschland, aber wir verursachen den Verbrauch. Darüber sollte man sich bewusst werden und nachhaltig handeln. Die heimische Landwirtschaft bietet hier ökologische Produkte und Leistungen an, der Preis erscheint vielleicht hoch, wenn man aber einen gesamtheitlichen Vergleich macht, ist das fair und nachhaltig.

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Was Klimawandel und Wasserknappheit betrifft, geht es uns im Sauerland ja noch relativ gut.

Ja, wir haben kühlende Wälder, Bachläufe und Talsperren. Heute ist es hier rund drei Grad kälter als in den großen Städten. Wenn die Temperaturen aber, wie prognostiziert, bis 2050 im Sommer über 50 Grad in den Metropolen steigen werden, dann rechne ich mit einer Entwicklung wie in Italien und Südfrankreich: Wer es sich leisten kann, wohnt im Sommer auf dem Land. Aber auch das wird zu einem Verdrängungswettbewerb führen.

„Wie ein Lachs immer wieder die Ruhr rauf“

Sie haben schon an vielen Orten in der Welt gearbeitet, in manchen gelebt. Aktuell wohnen Sie mit Ihrer Familie, Ihren Töchtern und Ihrer Frau Vera Sander, sie stammt auch aus Meschede, in Mühlheim. Können Sie sich vorstellen zurück nach Löttmaringhausen zukommen? Vielleicht als Rentner?

Ich fühle mich hier immer noch zu Hause, nicht umsonst komme ich wie ein Lachs immer wieder die Ruhr rauf. Und ich habe auch gerade das Haus meiner Eltern für meine Schwester als Dauerwohnsitz und für uns als Ferienwohnung umgebaut. Aber ob wir irgendwann ganz zurückkehren, darüber gibt es intensive Diskussionen in der Familie.

Zuletzt noch: Ihr Lebensweg führt sie als Manager und Professor ziemlich weit nach oben. Aber er begann nicht geradlinig?

(lacht) Nein sicher nicht. Nach der Grundschule bin ich zwar direkt zum Gymnasium der Benediktiner gegangen. Nachdem ich aber in der Unterstufe eine Woche die Schule geschwänzt hatte, weil ich lieber in der Natur war, saß eines Tages Pater Winfried bei uns in der Küche. Ich erklärte ihm und meinen Eltern, ich wolle sowieso nie weg aus dem Sauerland und am liebsten Fische züchten.

Schweren Herzens schickten mich meine Eltern zur Städtischen Realschule. Da kam ich in die letzte Reihe und hätte beinahe noch den Absprung zur Hauptschule gemacht. Meine Deutsch-Lehrerin, Elianne Naarmann, glaubte allerdings an mich. Ich habe mich dann gefangen, bin nach der zehnten Klasse wieder in die Oberstufe gewechselt und habe doch noch das Abitur bei den Bennis gemacht. Meine Eltern hatten immer Verständnis und haben mir immer genügend Entwicklungsraum gegeben. Mein Fazit für Eltern mit Kindern, die vielleicht nicht immer den klassischen Weg gehen. Gebt ihnen Zeit für ihre Entwicklung und unterstützt sie in den Fähigkeiten, die sie haben. Und dann müssen sich sich selbst den Weg suchen.

„Mach, was du tun willst!“

Sie haben dann eine Ausbildung extra für Abiturienten beim Gerling-Konzern als Versicherungskaufmann absolviert und im Anschluss Hydro-Geologie studiert. Später waren Sie als Verfahrenstechniker auch weltweit beratend tätig.

Immer wieder bin ich dabei auf Menschen getroffen, die mir geholfen, mich beraten haben. Dazu gehört auch Glück, aber auch eine Portion Offenheit und Motivation, sich in neue Welten und Sachverhalte einzuarbeiten. Für mich ist es heute wichtig, ein wenig davon beispielsweise als Professor den Studierenden oder Handwerkern in der Ausbildung wieder zurückzugeben.

Was raten Sie jungen Menschen, wenn Sie nicht wissen, was sie werden sollen?

Bleibe authentisch und mach das, was du tun willst - aber mit Leidenschaft.

>>> Hintergrund <<<

Christoph Donner wechselt zum 1. Januar 2023 von den Harzwasserwerken, wo er seit 2017 als Technischer Geschäftsführer tätig ist zu den Berliner Wasserbetrieben. Zuvor leitete er den Bereich Technik bei der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft mbH. Bei den Berliner Wasserbetrieben war er bereits zwischen 2004 und 2009 tätig, davon vier Jahre als Leiter der Unternehmensentwicklung sowie Leiter Nationale Beteiligung der Berlinwasser Holding.

Donner studierte von 1992 bis 1997 Hydrogeologie an den Universitäten in Clausthal und Tübingen und promovierte 2000 am Dortmunder Institut für Wasserforschung. Mehr als zwölf Jahre war er als Dozent im Fachbereich Bauingenieurwesen für Siedlungswasserwesen aktiv an der Universität-Duisburg-Essen, bevor er dort 2021 eine Honorarprofessur erhielt.

Außerdem hat Donner verschiedene Leitungs- und Beratungsfunktionen in regionalen, nationalen und internationalen Gremien, Aufsichtsräten und Verbänden inne.