Eslohe/Bestwig. Halsbrecherisch ist die Verfolgung eines Mannes aus Eslohe auf der B55 - so irrsinnig schnell rast er der Polizei davon. Gefasst wird er dennoch.

Es war eine halsbrecherische Verfolgungsjagd, die sich ein 23-Jähriger aus Eslohe mit der Mescheder Polizei auf der B55 geliefert hat. Die Beamten mussten sie auf Anweisung sogar abbrechen – weil es zu gefährlich wurde. Erwischt wird der Mann trotzdem.

Diese Autofahrt mit ihrem Freund wird eine 18-jährige Schülerin nicht so schnell vergessen – eigentlich hat sie nämlich Angst vor Autofahrten. Und dann liefert sich ihr Freund bei der Gelegenheit auch noch diese Verfolgungsfahrt bei Bremke und auf der B55 in Reiste mit der Polizei. Sie hätte tödlich enden können.„Das war Stress pur“, sagte die 18-Jährige vor dem Amtsgericht Meschede.

Esloher ist für Polizei kein Unbekannter

Die Anklagen gegen den 23 Jahre alten Freund aus Eslohe: Verbotenes Autorennen mit grob rücksichtsloser Fahrweise, Unfallflucht, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Richter Dr. Sebastian Siepe ist besonders sauer: Erst elf Tage vor dieser mörderischen Fahrt war ein Urteil gegen den Angeklagten gültig geworden – eine Geldstrafe wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. „Das hat Sie nicht veranlasst, die Füße still zu halten“, so der Richter.

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Für die Polizei in Meschede ist der Esloher kein Unbekannter. Sie weiß seit einer Kontrolle in der Vergangenheit, dass er keinen Führerschein hat – die Fahrerlaubnis war ihm wegen einer Ordnungswidrigkeit noch in der Probezeit entzogen worden. An einem Aufbauseminar hätte er teilnehmen müssen, ging aber nicht hin. Und dennoch weiß die Polizei aus Eslohe auch, dass sein Auto immer wieder bewegt wird. „Wir haben regelmäßig in Eslohe geschaut, ob wir ihn kriegen“, sagte ein Polizeibeamter vor Gericht aus.

Auf Wirtschaftsweg anderes Fahrzeug gerammt

Und im Januar ist es dann so weit: In Bremke sichtet der Polizist zusammen mit seinem Streifen-Kollegen mittags das Auto des 23-Jährigen auf der B55.

Der Esloher Ortsteil Reiste: Ein Autofahrer rast auf der B55 mit Tempo 120 und noch schneller vor der Polizei davon.
Der Esloher Ortsteil Reiste: Ein Autofahrer rast auf der B55 mit Tempo 120 und noch schneller vor der Polizei davon. © Jürgen Kortmann

Er wollte seine Freundin nach Meschede bringen. Der Streifenwagen dreht um. Der 23-Jährige sieht das im Rückspiegel – und gibt Gas. So richtig Gas. Er schaut auf sein Navi, biegt bei der erstbesten Gelegenheit ab, um die Verfolger abzuschütteln – „ob da Asphalt ist, habe ich nicht gesehen“, sagt der 23-Jährige. So landet er auf einem Wirtschaftsweg. Da steht ein fremder Pickup im Weg, der 23-Jährige schrammt auf dem engen Weg an ihm vorbei, um durchzukommen (und richtet daran 6800 Euro Totalschaden an).

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Die Polizei hat da schon Probleme, im Gelände auf dem Wirtschaftsweg an dem Sportwagen dranzubleiben – ihr Fahrzeug ist zu schwer, zu langsam, ohne Allrad. Bei Reiste entdecken die Polizisten ihn wieder. Die Polizei filmt alles: Sobald das Blaulicht eingeschaltet wird, reagiert auch eine Videokamera. Mit geschätzt 120, 130, 140 km/h rast der junge Mann durch Reiste.

Anweisung: Verfolgung abbrechen

Auf der Kuppe außerhalb in Richtung Hennesee versucht er, Autos zu überholen. Der ältere Polizeibeamte weist den jüngeren Kollegen an: „Lass den Spinner fahren, wir machen hier keine Überholmanöver“ – da kommt auch von der Leitstelle der Polizei die Anweisung, wegen der möglichen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer die Verfolgung abzubrechen.

110 km/h fuhr die Polizei – und dennoch war der Abstand immer größer geworden, so sehr raste der Esloher. Wie exakt aber die Geschwindigkeit des 23-Jährigen gewesen ist, lässt sich nicht sagen. Der ältere Polizist sagt: „Bei dem Adrenalinspiegel achtet man nur darauf, selbst auf der Straße zu bleiben.“

Waffen bei ehemaligem Fallschirmjäger vermutet

Richter Siepe ahndet deshalb nicht das Autorennen als schwerstes der angeklagten Delikte, weil dafür der (schwierige) Nachweis einer Höchstgeschwindigkeit zu führen ist. Stattdessen führt die Unfallflucht die Liste der Verfehlungen im Urteil quasi an: Es gibt sieben Monate Haft auf Bewährung für den Esloher, ein weiteres Jahr Sperrfrist bei der Beantragung einer Fahrerlaubnis, 800 Euro Geldstrafe, zahlbar an die Deutsche Luftrettung. Denn die kümmert sich um Unfallopfer, die bei solchen Unglücken betroffen sind. „Es war nur Glück, dass es an diesem Tag hier keinen Frontalzusammenstoß gab“, sagt der Richter.

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Die Fahndung nach dem Mann hatte kurz darauf Erfolg: Ein anderer Streifenwagen entdeckt und stellt ihn im Bereich der Raiffeisen-Tankstelle in Bestwig. Die Polizei hat Anweisung, vorsichtig zu sein: Bei dem ehemaligen Fallschirmjäger wurden auch Waffen vermutet. „Kacke“ nennt der Mann wortkarg seine Idee der Verfolgungsjagd.