Wehrstapel. 1977 fiel der Schützenvogel in Wehrstapel nach nen Schüssen. Zum Blitzvogelschießen gibt es eine lustige Theorie. Wir haben geforscht.

Dies ist eine Geschichte über Bürgermeister, Vogelbauer und böse Burschen. Eine Geschichte, die nur ein Schützenfest schreiben kann. In diesem Fall das Schützenfest in Heinrichsthal-Wehrstapel an Christi Himmelfahrt vor 45 Jahren.

Wir schreiben das Jahr 1977. Heinz „Körnchen“ Hermes baute wie jedes Jahr den Vogel für das Schützenfest im Doppelort. Wie sich das zur damaligen Zeit gehörte in der Schreinerei bei Busches in Wehrstapel. Körnchen arbeitete dort.

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Absprache mit Kumpel Hochstein

Wie zäh wird dieser Vogel? Zu sehen ist der Vogel, den Daniel Dolle für das Schützenfest 2022 gebaut hat.
Wie zäh wird dieser Vogel? Zu sehen ist der Vogel, den Daniel Dolle für das Schützenfest 2022 gebaut hat. © Privat

Am Freitag montierten die Schützen der Vogel im Kugelfang und zogen ihn hoch. Klaus Bernecker, den alle nur Nickel nannten, war schon ganz kribbelig. „Ich wollt nen wirklich runterholen“, erzählt der 81-Jährige heute, 45 Jahre später. „Ich hatte das so mit meinem Kumpel Friedel Hochstein besprochen: Du 1976 und ich das Jahr drauf.“

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Gesagt, getan. Freitagmorgen, vielleicht drittes Pils, Nickel packte die Taschen voll Munition. Doch zunächst die Ehrenschüsse: Bürgermeister Franz Stahlmecke trat ans Gewehr – Schuss. Schreck. Die Hälfte des Vogels rauschte herab. Das überraschte Gejohle vom Schützenplatz hörte man damals wahrscheinlich noch auf der B7. Hauptmann und Brudermeister schossen wohl extra daneben. So hieß es in einem Bericht der Zeitung zum damaligen Schützenfest. Dann kam Nickel. Als erster Schützenbruder zielte er – und der Holzvogel fiel.

Vogel so schnell unten wie nie zuvor

Laut Zeitungsbericht nach dem 9. Schuss, der Vogel lag so schnell unten wie nie zuvor. „Die Schützen änderten nach jenem Schützenfest sogar die Satzung“, erklärt Daniel Thamm, aktueller Vorsitzender des Vereins. In den Statuten heißt es seitdem sinngemäß, fällt der Vogel nach den Ehrenschüssen, darf er erneut aufgehangen werden.

Zurück in das Jahr 1977: Die künftige Königin Annegret Bernecker war noch gar nicht auf dem Schützenplatz. Wer rechnete auch mit so einem schnellen Ende? „Ich erfuhr es auf dem Weg. Überrascht war ich nicht, ich wusste ja, dass er schießen wollte“, erinnert sich Annegret Bernecker. Für sie ging es nach den Gratulationen direkt zum Kleiderkauf.

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Unter der Vogelstange in Heinrichsthal-Wehrstapel haben sich bereits so einige Geschichten zugetragen.
Unter der Vogelstange in Heinrichsthal-Wehrstapel haben sich bereits so einige Geschichten zugetragen. © WP | Kevin Kretzler

„Wir hatten eine tolle Truppe“, erinnert sich Klaus Bernecker, der gemeinsam mit seiner Frau mehrere gastronomische Betriebe geführt hat. Darunter das Schlemmerstübchen in Meschede und den Gasthof zur Post in Olsberg.

Doch warum war der Vogel so schnell aus dem Fang gefallen? Dieses Rätsel löste sich am Abend. „Abends auf dem Fest nahm mich der Büttner aus Eversberg in den Arm und fragte mich: Nickel, wolltest du den Vogel haben? Ich antwortete natürlich mit „Ja“.“

Plan nicht aufgegangen

Daraufhin soll sich der Eversberger geärgert haben. Sein Plan war nicht aufgegangen: Er hatte gehofft, dass jemand den Vogel schießt, der ihn nicht haben will. Der Präses zum Beispiel oder der Bürgermeister oder einer von den Mutigen, die anfangs so aus Jux mitschießen...

In den Leim gepiesel

Kurz danach soll der Büttner folgendes gestanden haben: Er war Elektriker bei Busch und hatte gesehen, dass Körnchen grad mit dem Vogelbau starten wollte. Als niemand da war – so ist es überliefert – soll er in den Leim gepieselt haben. Im Ort kursieren aber auch die Versionen, dass er Zucker oder Wasser in den Leim geschüttet haben soll.

Spitzname noch heute bekannt

Diese und weitere Geschichten sollen ihm den Spitznamen „Büttners böser Bursche“ eingebracht haben. Darunter erinnert man sich noch heute an ihn.

Annegret und Klaus Bernecker führten viele Jahre den Gasthof zur Post in Olsberg. Das Foto zeigt das Ehepaar bei der Übergabe des Betriebes.
Annegret und Klaus Bernecker führten viele Jahre den Gasthof zur Post in Olsberg. Das Foto zeigt das Ehepaar bei der Übergabe des Betriebes. © Archiv

Dicke der Schützenvögel Thema fürs Bundesinnenministerium

  • 2012/13 kämpften die Schützen für ihre dicken Vögel. Das Bundesinnenministerium plante nämlich eine Änderung zum dünneren Schützenvogel. Dieser, so fürchteten die Schützen, wäre auch deutlich schneller gefallen.
  • Schließlich ruderte das Ministerium zurück: Ziele für die Vogelschießstände durften „künftig wieder eine Materialdicke von bis zu 150 Millimeter aufweisen“, hieß es.
  • Vorgegeben ist auch das Material: Erlaubt sind Weichhölzer wie Fichte oder Pappel. Metallische Gegenstände sind nicht erlaubt, Aufbauten zum Beispiel aus Gips, können extra abgenommen werden.