Freienohl. Der Betrieb der Pfiff Pfitzner Reitsport in Meschede-Freienohl wurde eingestellt. Die Mitarbeiter sind freigestellt und finden emotionale Worte.

Die Pfiff Pfitzner Reitsport GmbH aus Meschede-Freienohl hat den Betrieb eingestellt. Das Handelshaus steckt zum zweiten Mal nach 2017 tief in der Krise.

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Mitarbeiter frei gestellt

Die Pfiff Pfitzner Reitsport GmbH wurde als Einzelhandel gegründet. Die Mitarbeiter des Unternehmens bedanken sich für 46 Jahre Vertrauen.
Die Pfiff Pfitzner Reitsport GmbH wurde als Einzelhandel gegründet. Die Mitarbeiter des Unternehmens bedanken sich für 46 Jahre Vertrauen. © Trudewind

Schon vorher war auf der Homepage des Online-Händlers häufig von technischen Störungen die Rede. Nun hat die Firma Pfiff aufgrund der Eröffnung einer Insolvenz den Geschäftsbetrieb zum 31. März 2022 einstellt. Die Mitarbeiter wurden zum 28. März freigestellt.

Emotionale Worte an Kunden und Partner

Mit emotionalen Worten verabschiedet sich das Unternehmen bei Kunden und Geschäftspartnern und bedankt sich für das 46-jähriges Vertrauen: „Das Herz ist schwer, aber mit jedem Ende öffnet sich auch die Chance für ein neues Kapitel. Um mit neuem Mut und neuer Kraft durchstarten zu können. Zu reflektieren und noch einmal neu weiter zu entwickeln“, heißt es. Vielleicht sehe man sich „an anderer Stelle ganz bald wieder“. Die Buchhaltung werde weiter besetzt sein, um sämtliche Fragen zu beantworten.

Lieferungen aus Asien werden zum Problem

Pfiff Pfitzner an der Bahnhofstraße in Meschede-Freienohl. Das Handelshaus ist in finanziellen Schwierigkeiten.
Pfiff Pfitzner an der Bahnhofstraße in Meschede-Freienohl. Das Handelshaus ist in finanziellen Schwierigkeiten. © Trudewind

Das Amtsgericht Arnsberg bestellt Dr. Axel Kampmann aus Dortmund zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Die Auswirkungen der Pandemie hatten das Unternehmen stark getroffen.

Das Handelshaus beliefert Reitsport-Fachgeschäfte und Onlinehändler und produziert eigene Waren. Viele Fachgeschäfte mussten während der Corona-Lockdowns schließen, entsprechend schrumpfte der Umsatz. Im März und April 2020 meldete das Freienohler Traditionsunternehmen Kurzarbeit an. Auch der Import von Artikeln - vor allem aus Fernost - wurde immer komplizierter, Verzögerungen und ausbleibende Lieferungen machten Pfiff zu schaffen.

Winterware steckt im Rotterdamer Hafen fest

Daraus habe sich schließlich ein Liquiditätsproblem ergeben, erläutert der Dortmunder Rechtsanwalt Dr. Axel Kampmann, der das Unternehmen bereits 2017 durch das Insolvenzeröffnungsverfahren in Eigenverantwortung begleitete. Folge: Die Winterware steckt seit September im Rotterdamer Hafen fest. Der Spediteur lagerte die Paletten ein und wird erst ausliefern, wenn die Zahlung sicher gestellt ist. Allerdings: „Wir wissen nicht in welchem Zustand die Ware nach dieser langen Zeit ist“, sagt Kampmann. Zudem sei das Wintergeschäft nun gelaufen.

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ging am 3. Februar am Amtsgericht Arnsberg ein.

Aktuell 27 Mitarbeiter bei Pfiff – kein Geschäftsführer

Das Handelshaus mit aktuell 27 Mitarbeitern, Anfang 2021 waren es noch 40, steht aktuell

Was bei Pfiff früher der Verkaufsraum war, ist heute eine Art Showroom. Das Handelshaus verkauft unter anderem Produkte unter dem Eigennamen Pfiff.
Was bei Pfiff früher der Verkaufsraum war, ist heute eine Art Showroom. Das Handelshaus verkauft unter anderem Produkte unter dem Eigennamen Pfiff. © Schröer

ohne Geschäftsführer da. „Das erschwerte meine Arbeit zunächst“, sagt Dr. Axel Kampmann und vergleicht die Situation mit einem Schiff, das ohne Kapitän auf offener See manövriert. Für Pfiff sprächen die langjährigen und loyalen Mitarbeiter, die das Geschäft entsprechend kennen.

Gutachten erstellen

Dr. Axel Kampmann wird sich nun eine Übersicht über die finanzielle Situation verschaffen und ein Gutachten erstellen, auf dessen Grundlage entschieden wird, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Ziel ist es, das Unternehmen zu sanieren, die Arbeitsplätze weitestgehend zu retten.

Unternehmen fand 2017 einen Investor

Dr. Axel Kampmann, Partner der Kanzlei Husemann in Dortmund. Foto: Privat<p/> </div>
Dr. Axel Kampmann, Partner der Kanzlei Husemann in Dortmund. Foto: Privat

Mit Thomas Wiese hatte das Unternehmen 2017 innerhalb weniger Wochen einen Investor aus der Reitsportszene gefunden, so dass der Antrag auf das Insolvenzeröffnungsverfahren in Eigenverantwortung formell zurückgezogen werden und die Geschäfte weiterlaufen konnten.

Wiese, der damals als Finanzierer ebenso hinter dem Reitsportzentrum Massener Heide in Unna stand, sah bei Pfiff„enormes Entwicklungspotenzial“.

Der Investor geriet in den vergangenen Jahren in die Schlagzeilen. Thomas Wiese streitet sich vor dem OLG Hamm mit dem Aluminiumwerk Unna, dessen Vorstand er einst war. Es geht um mehr als drei Millionen Euro, die Wieses Zeitarbeitsfirma dem Aluwerk schulden soll – und drei Luxussportwagen, die Wiese über das Werk finanziert haben soll. Das Landgericht Dortmund hatte dem Aluwerk in erster Instanz Recht gegeben.

Unternehmen mit Tradition

  • Das 1975 gegründete Unternehmen ist eine bekannte Marke im Reitsportsegment mit Vertriebsteams in ganz Europa.
  • Die Traditionsmarke Pfiff gehört zu einer der weltweit bekanntesten Marken im Reitsportsegment. Unter der Eigenmarke Pfiff wird ein Vollsortiment in Form von Zubehör für Reiter (Bekleidung und Ausrüstung), Pferd (Decken, Gamaschen, Sättel, Zaumzeug, Trensen und Pflegeartikel) sowie für Stall und Weide (Schränke, Tröge, Weidezäune und Futtermittel) angeboten.
  • Das Sortiment der Freienohler Firma umfasste zuletzt rund 8800 Artikel bei etwa 2700 Grundartikeln.