Meschede. Im Interview spricht Dr. Ralph Armbrust über seine schwere Infektion, die Beatmung und seine Genesung. Und er gibt Eltern einen Rat.

Corona ist der große Gleichmacher. Auch Ärzte erkranken daran. Sehr sogar, wie der Fall des Mescheder Kinderarztes Dr. Ralph Armbrust zeigt. Im Interview spricht er offen darüber, außerdem über Kinder und Corona - und seine Bitte an die Eltern.

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Wie bedrohlich war Corona für Sie?

Dr. Ralph Armbrust: Anfangs gar nicht. Im Februar begann meine Erkrankung mit einem Husten, der dann stärker wurde. Ich habe aber alles auf einen Infekt geschoben, nichts weiter. Die Schutzmaßnahmen hatte ich selbstverständlich immer strengstens eingehalten, auch als reinen Selbstschutz. Es ging mir dann aber zunehmend schlechter. Meine Frau und ich führten in der Folge nochmals einen Covid-Schnelltest durch. Das Ergebnis war für uns beide überraschenderweise positiv und wir gingen in sofortige Quarantäne. In einer nachfolgenden Covid-PCR-Testung wurde für meine Frau und mich das Testergebnis bestätigt. Alle Mitarbeiter der Praxis hatten ein negatives Testergebnis, worüber wir sehr erleichtert waren.

Dann wurden Sie richtig krank?

Ja, mein Zustand wurde immer schlechter: Noch mehr Husten, kein Appetit, nur noch müde und dann vermehrt Luftnot. In den gerufenen Rettungswagen konnte ich zwar noch selbst einsteigen, dort ergab die Messung der Sauerstoffsättigung im Blut jedoch schon deutlich erniedrigte Werte. Im Marienhospital in Arnsberg erfolgte dann im Verlauf die weitere Versorgung auf der Intensivstation mit Gaben von Sauerstoff bis 100 Prozent. Jedoch ließ sich die Sauerstoffsättigung im Blut nicht ausreichend erhöhen, so dass man sich entschloss, mich zu intubieren und ins St.-Walburga-Krankenhaus in Meschede zu verlegen. Dort wurde ich direkt an die ECMO zur extrakorporalen Membranoxygenisierung angeschlossen.

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Sie kamen an die Maschine…

Das war mein ganz großes Glück. Da eine ausreichende Sauerstoffsättigung über eine konventionelle Beatmung nicht ausreichend möglich war, wurde ich für sieben Tage an die ECMO angeschlossen. Diese übernahm anstelle der Lunge die Sauerstoffversorgung des Körpers. Glücklicherweise sprach ich auf diese Behandlung sehr gut an und nach insgesamt nur 14 Tagen Überwachung auf der Intensivstation, konnte ich im weiteren Verlauf auf die Normalstation verlegt werden.

Letztlich war es lebensbedrohlich, oder?

Hätte die Behandlung mit der ECMO nicht geklappt, wäre der Verlauf wahrscheinlich nicht so positiv für mich verlaufen und hätte auch schief gehen können. Dieser Situation konnte ich, Gott sei Dank, entgehen. Mein absoluter Dank gebührt daher dem gesamtem Team der Intensivschwestern und Intensivpflegern und Ärzten der Mescheder-Intensivstation und Dr. Daniel Gießmann. Den Einsatz und die Arbeit, welche sie leisten, um Patienten wie mich wiederherzustellen, ist immens und unbeschreiblich.

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Hätten Sie gedacht, dass Corona Sie mal treffen könnte?

Natürlich habe ich Corona als Kinderarzt im Hinterkopf - genauso wie andere infektiöse Erkrankungen. Ebenso weiß ich, dass ich mich prinzipiell immer infizieren kann. Aber ich verhalte mich professionell und vorsichtig und bin daher in der Behandlung meiner Patienten nicht in solchen Gedanken gefangen. Ich bin seit mehr als 25 Jahren als Kinderarzt tätig und immer gesund geblieben!

Wie sieht die Perspektive für Sie aus? Sind Sie geheilt?

Die Experten sagten mir, dass die vollständige Genesung bis zu sechs Monate und darüber hinaus dauern könne. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt arbeite ich daran, meine vorherige Fitness durch regelmäßige Krankengymnastik und Krafttraining zu erlangen. Quälend ist ein noch starker Reizhusten. Hierbei handelt es sich um ein postinfektiöses Geschehen der Lunge, doch auch dies wird von Tag zu Tag besser Aber ich habe insgesamt nach dem sehr schweren Verlauf riesiges Glück gehabt. Für die Zukunft ist nicht mit gravierenden Einschränkungen zu rechnen. So gesehen hätte alles für mich viel schlimmer ausgehen können.

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Haben Sie eine Idee, wie Sie sich infiziert haben könnten?

Nein. Wir haben lange überlegt, aber keine Idee, wo ich mich infiziert haben könnte. Meine Frau hatte auch gesundheitliche Probleme, aber zum Glück war sie nicht so stark betroffen wie ich und musste nicht ins Krankenhaus. Auch Vorerkrankungen und Risikofaktoren spielen bei uns keine Rolle. Nicht zu wissen, woher man eine solch gravierende Infektion hat, stellt schon ein sehr beunruhigendes Moment dar.

Wie geht es mit Ihrer Praxis weiter?

Eine mehr als glückliche Fügung des Schicksals war, dass der Kollege Dr. Dahm aus Neheim, der bereits im Ruhestand ist, sich dankenswerterweise bereit erklärt hat, die Praxisvertretung zu übernehmen. Das ist eine immense Beruhigung für mich, so dass ich mich völlig auf meine Genesung konzentrieren kann. Im Mai werde ich dann erste Arbeitsversuche unternehmen und hoffe, dann so schnell wie möglich meine Praxistätigkeit wieder aufnehmen zu können.

Wie waren die Reaktionen, als bekannt wurde, dass Sie krank wären? In den sozialen Medien geisterte sogar herum, dass Sie gestorben seien.

Die riesige Anteilnahme meiner Patienten, deren Eltern und vieler anderer Menschen, die nicht nur aus Meschede, sondern aus dem gesamten Sauerland kam, hat insbesondere mich, wie auch meine Familie überwältigt und uns viel Kraft und Mut für die Zukunft und einen Schub gegeben, noch mal eine Schippe draufzulegen und gesund zu werden. Ich bin immer noch zutiefst berührt von den vielen liebevoll gemalten Bildern meiner Patienten, deren Genesungswünschen und einem großen Bild mit einem Baum und vielen Händen als Blätter. Diese werde ich als Erinnerung an diese schreckliche Zeit in der Praxis aufhängen. Herzlichen Dank an alle! Auf mein Ableben in den sozialen Medien möchte ich eigentlich nur wie folgt antworten: Totgesagte leben länger!

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Hatten Sie in Ihrer Praxis Erfahrungen mit Corona bei Kindern?

Ja, sowohl bei der ersten als auch der zweiten Welle. Wir hatten in der Praxis aber nur blande Verläufe, wie wir sagen, also harmlose Krankheitsgeschehen. Die meisten Kinder waren gar nicht krank, mussten also nur in Quarantäne. Andere hatten ein leichtes grippales Geschehen. Aus der Praxis kenne ich niemanden, der einen schweren Verlauf hatte. Aber das könnte sich ja gerade aktuell mit den neuen Mutationen ändern.

Haben Sie als Kinderarzt einen Rat für die Eltern?

Eltern und Kinder sollten sich an die Regeln halten: An die bekannten Hygienemaßnahmen und die Minimierung von Kontakten. Corona kann enorme Krankheitsauswirkungen haben. Es kann jede Altersgruppe betreffen! Deshalb mein Rat: Auch wenn es schwerfällt und es schon so lange andauert und man so gern andere Dinge machen möchte - bitte halten Sie sich an die Regeln und halten noch ein wenig durch!

  • Dr. Ralph Armbrust hat seit Januar 1995 seine Kinderarztpraxis am Ruhrplatz in Meschede.
  • Die „extrakorporale Membranoxygenierung“steht als Verfahren in der Regel nur in Unikliniken zur Verfügung.
  • Am Klinikum Hochsauerland hat Dr. Daniel Gießmann, Chefarzt der Klinik für Kardiologie in Meschede, die größte Anwendungserfahrung.
  • Bei dem Verfahren ersetzt die Maschine vorübergehend die Lungenfunktion: Das Blut des Patienten wird außerhalb des Körpers von Kohlendioxid befreit und mit Sauerstoff angereichert - so haben die Lungen die Chance, zu heilen.