Meschede. Anna Brüggemann arbeitet mit Begeisterung im elterlichen Betrieb in Meschede. Sie verrät, warum auch Frauen als Fleischerinnen gefragt sind.

Knapp 60 Kilogramm Fleisch wurden 2019 in Deutschland pro Kopf konsumiert. Bereitgestellt werden sie in rund 12.000 Meisterbetrieben mit etwa 140.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dahinter steht das Fleischer- oder Metzger-Handwerk, das in Deutschland auf eine jahrhundertealte Tradition bis ins Mittelalter zurückblickt. Ursprünglich ausschließlich männlich geprägt, gibt es inzwischen eine Zweiteilung im Fleischerhandwerk: Für NRW liegen die Zahlen für abgeschlossene Prüfungen 2019 bei den Fleischerei Fachverkäufern bei insgesamt 113, davon 88 weiblich, und bei den Fleischern bei insgesamt 102, davon 9 weiblich. Männer dominieren bei der Verarbeitung, Frauen im Verkauf. Die 1982 in Meschede geborene Anna Brüggemann ist studierte Lebensmitteltechnologin, Schwerpunkt Fleischtechnologie.

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Sie arbeiten in der elterlichen Fleischerei. Eine erbliche Vorbelastung kann also nicht verschwiegen werden?

Unsere Fleischerei ist seit mehr als 100 Jahren ein handwerkliches Familienunternehmen in Meschede. Ich wollte schon als Kind nichts anderes, als in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Mein Vater hat mich dann überzeugt, erst einmal zu studieren, trotzdem hat es mich in das elterliche Unternehmen zurückgezogen.

Wie viele weibliche Kolleginnen hatten Sie in Ihrer Ausbildung?

Im Schwerpunkt „Fleischtechnologie“ waren es etwa 10 bis 20 Prozent Frauen, heute ist es aber nicht unüblich, dass Frauen die Betriebsnachfolgerinnen im Fleischerhandwerk sind. Die Aufgaben sind vielfältig und weniger kraftaufwendig als oft gedacht. Außerdem macht Maschinentechnik vieles einfacher.

Wie reagieren Ihre Kollegen und die Kunden?

Ich habe von Kunden eigentlich nur positive Reaktionen auf meine Berufswahl erhalten. Studienkollegen und Freunde haben sich wohl gewundert, dass ich mit Diplom-Abschluss wieder ins Handwerk gegangen bin, anstelle einen Job in der Industrie anzunehmen, aber das war ja immer schon mein Wunsch.

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Was hat sich die Arbeit durch das Corona Virus geändert?

Das mag sich jetzt zunächst etwas merkwürdig anhören, aber die handwerklichen Fleischereibetriebe haben seit dem Lockdown wieder mehr Wertschätzung erfahren. Umfragen haben gezeigt, dass sich in der Krise wieder mehr Verbraucher zu den lokalen und kleineren Betrieben orientiert haben. Es wird auch wieder mehr gekocht. Andererseits fällt uns natürlich der Partyservice weg.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf, und was nicht so?

In erster Linie mag ich die Vielseitigkeit, ich mache eigentlich alles gern: Verkauf, Küche, Partyservice, Wurstküche, Büro, Bestellwesen, Präsente. Man kann kreativ arbeiten, neue Rezepturen oder Reifemethoden testen. Es macht Spaß, sich mit Kollegen auszutauschen, wir haben ein tolles Kollegen-Netzwerk. Aber auch die Weiterbildungsmöglichkeiten sind vielseitig. Techniker, Meister, Fleischsommelier, Verkaufsleiter, auch ein Studium lassen sich anschließen.

Gibt es etwas, was Sie den Bürgern sagen möchten?

Unserem Berufszweig haftet immer noch zu Unrecht ein schlechtes Image an. Wer gerne mit Lebensmitteln und im Team arbeitet, anpacken kann und mit oder aber auch ohne Kundenkontakt arbeiten möchte, ist im Fleischerhandwerk genau richtig. Das gilt für Frauen wie Männer. Auch Quereinsteiger sind gerne gesehen.

Hintergrund

Anna Brüggemann lebt mit ihrem Partner und Sohn in Meschede.

Als Jahrgangsbeste schloss sie 2005 ihr Studium der Fleischtechnologie mit dem Abschluss Diplom-Ingenieurin ab. Von 2014 bis 2017 war sie Vorsitzende des Juniorenverbands des Deutschen Fleischerhandwerks, derzeit ist sie Prüfungs-Vorsitzende bei den Fleischerei-Fachverkäuferinnen hier in der Innung, Betriebswirtin des Handwerk.