Meschede. Die Stadt Meschede hat ihr Bodenmanagement angepasst. Was es für Eigentümer und Bauwillige bedeutet und wer profitiert.

Mit einem Kinderbonus soll die Stadt Meschede künftig Bauwillige oder Käufer von Altimmobilien unterstützen. Das hat die CDU-Mehrheit im Rat auf den Weg gebracht. Die Details dazu soll jetzt die Stadtverwaltung ausarbeiten. Das Geld dafür wiederum will die Stadt aus ihrer Beteiligung an der Ausweisung von neuem Bauland abschöpfen.

Spätestens ab 2023

CDU-Fraktionschef Marcel Spork nannte als Eckdaten einen Bonus von 2000 Euro pro Kind und maximal 10.000 Euro pro Familienverbund, einmalig nutzbar: „Der Bonus soll allen zu Gute kommen, die in eigen genutzte Immobilien investieren – unabhängig ob als Bauland oder Altimmobilie.“ Der Bonus soll möglichst zum Januar 2022 eingeführt werden, spätestens 2023 mit dem nächsten Haushalt. Die Union will damit ein „starkes Zeichen“ für eine familienfreundliche Stadt senden.

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Der Kinderbonus soll in das neue Konzept des Kommunale Bodenmanagement der Stadt eingefügt werden. Seit dem Jahr 2000 steuert die Stadt damit die Schaffung von Wohnbauflächen. Jetzt hat der Rat das Konzept angepasst – auch mit Blick auf die erhoffte Ausweisung von neuem Bauland am Langeloh und am Krankenhausberg/Sündelt in Meschede.

Der Immobilienmarkt boomt, die Stadt hält – entgegen der Prognosen – ihre Einwohnerzahl. 2020 seien allein 100 Häuser und 80 Baugrundstücke verkauft worden, sagte Bürgermeister Christoph Weber. Allein am Langeloh würde eine Ausweisung bedeuten, das 25 Hektar an neuem Bauland auf den Markt kommen könnten – wenn die Grundstückseigentümer verkaufen sollten. Hier würde landwirtschaftliche Fläche (bisher im Stadtgebiet gelten dafür offizielle Richtwerte von Preisen beim Bodenwert zwischen 2,30 bis 2,90 Euro pro Quadratmeter) plötzlich zu wertvollem Bauland.

FDP lehnt Konzept ab

Der Bodenrichtwert dafür liegt in der Stadt zwischen 48 und 150 Euro, so der Bürgermeister. Von dieser Wertsteigerung sollen nicht allein die Eigentümer profitieren: Die Stadt wird mit daran beteiligt. Bis auf die FDP tragen alle Fraktionen dieses Konzept mit. Es gilt nicht für Gewerbeflächen, nicht bei der Änderung bestehender Bebauungspläne und nicht in den allerkleinsten Ortsteilen wie Blüggelscheidt oder Köttinghausen. Mit dem Konzept „schafft die Stadt bezahlbare Wohnbauflächen“, so SPD-Fraktionschef Jürgen Lipke.

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Soll neues Bauland erschlossen werden, dann muss der Eigentümer einen Vertrag mit der Stadt abschließen, wonach das Bodenmanagement angewendet wird. Macht er das nicht: Dann gibt es dort eben auch keine Ausweisung als Bauland, in den nächsten 15 Jahren nicht. Der Vertrag mit der Stadt wird über einen Erschließungsträger geschlossen, der alleine die Grundstücke veräußert – das erlaubt eine gebündelte Abwicklung eines Projektes. Der Rat baute jedoch eine Ausnahme mit ein: Findet sich kein privater Investor, könnte die Stadt auch als Zwischenerwerber einspringen (als Zwischenerwerber ist die Stadt zum Beispiel früher am Seltenberg in Calle aufgetreten).

Staffelung ist neu

Auf Antrag der CDU änderte der Rat Passagen im Konzept, um mehr Flexibilität zu erhalten. Im Vertrag ist ein maximaler und ein durchschnittlicher Verkaufspreis pro Quadratmeter festgelegt, es kann aber auch eine Quotierung festgelegt werden, um einige Grundstücke zu günstigeren Preisen an den Markt zu bringen. Der Stadtrat hat also die Möglichkeit, steuernd einzugreifen. Neu ist auch eine Staffelung: Die Besteuerung richtet sich an die Höhe der Wertsteigerung.

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Bei Quadratmeterpreisen unter 30 Euro müssen 20 Prozent, bei unter 60 Euro davon 30 Prozent, bei über 60 Euro dann maximal 40 Prozent der Wertsteigerung abgeführt werden. Denn gerade in den Ortsteilen sind die Verkaufspreise niedriger. Der Ausgangswert einer Wertsteigerung wird mit 7 Euro pro Quadratmeter angesetzt. Maximal 20 Prozent einer Gesamtfläche muss der Eigentümer dazu kostenlos an die Stadt abgeben – sie dienen als Straßenflächen oder Grünland. Außer für den Kinderbonus sollen die Einnahmen dafür verwendet werden, damit die Stadt das Wohnumfeld in einem Neubaugebiet familienfreundlich gestalten kann – etwa durch Bau eines Spielplatzes.

Möglich ist auch, Erbbaurechte zu vergeben. Dafür hatte sich vor allem die UWG eingesetzt. Fraktionsvorsitzende Maria Gödde-Rötzmeier sprach von einem „Marktversagen, dass den Immobilienmarkt beherrscht“: Die Stadt habe die Pflicht, etwas für Familienfreundlichkeit zu tun. Mit flexiblen Komponenten reagiere man auf das jeweilige Bauland. Sprecher der anderen Fraktionen und der Stadtverwaltung bezweifelten aber, dass Erbbaurecht aktuell angesichts niedriger Zinsen nachgefragt sei. Der Erbbauzins liegt bei 3,7 Prozent, normale Marktzinsen aber bei 1,7 Prozent, sagte Josef Sommer (CDU): „Die Menschen wollen selber finanzieren und haben dann das Eigentum.“ Aufgenommen wird Erbbau dennoch, beschloss der Rat: Man weiß ja nicht, wie die Zukunft werde.

Zu weitgehend

Auch die Grünen stehen hinter dem Konzept, die Stadt erhalte so eine Steuerungsmöglichkeit beim Bauland, lobte Sprecherin Dr. Parisa Ariatabar. Ihre Ideen für Vergünstigungen bei Mehrfamilienhäusern, Prämien für umweltfreundliche Häuser und das Vorschreiben von Grünflächen waren dem Rat aber zu weitgehend – das müsse, so Bürgermeister Christoph Weber, dann in den einzelnen Planungsverfahren diskutiert werden

FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Jobst Köhne lehnte das Konzept als „Enteignung“ und „Sondersteuer“ ab: Der Rat maße sich ein „moralisches Recht zur saftigen Sonderbesteuerung“ an. Er rechnete vor: Bei angenommenen Grundstückskosten und Baukosten von insgesamt 420.000 Euro würden alleine 57.500 Euro an Mehrwertsteuer, Grunderwerbssteuern, Notar- und Grundbuchkosten fällig – und jetzt würde die Stadt auch noch Geld vom Zwischenerwerber und Erschließungsträger abschöpfen, der auch noch Gewerbesteuer zahlen müsse: „Irgendwann ist es auch einmal genug mit Steuern!“

>>> Zusatz-Info: Was ist mit Rentnern?

Kritisch hinterfragte Dr. Jobst Köhne für die FDP auch, dass der Stadtrat vorgebe, welche Neulinge er sich in Meschede am liebsten wünsche, und für die er Geld ausgeben wolle: Nämlich Familien mit Kindern.

Die Stadt Meschede, so Köhne, müsse aber auch daran denken, dass sich auch Rentner hier ein Haus bauen wollten – „die nichts anderes machen wollen als abends in den Himmel schauen oder im Hennesee schwimmen möchten“.

Auch die Stadtverwaltung hatte dies im Zusammenhang mit dem Kinderbonus angedeutet. Das Grundgesetz mache zum Gleichheitsgrundsatz hohe Vorgaben. Die Verwaltung gab in ihrer Vorlage zum Bauland zu bedenken: „Warum möchte ich einen flächenmäßigen Anteil nur für Familien mit Kindern oder für Familien vorhalten, die bereits hier in Meschede wohnen? Was ist im Umkehrschluss mit jungen Paaren, die ihre Wohnsituation klären möchten, bevor sie den Kinderwunsch realisieren?“