Schmallenberg/Bad Fredeburg. Frustration macht sich breit im Schmallenberger Sauerland. Gastronomen und Einzelhändler ordnen die aktuellen Corona-Beschlüsse ein.

Es jubelt niemand über die neuen Corona-Beschlüsse in Schmallenberg und Bad Fredeburg. Doch während die Einzelhändler mit Click & Meet ab Montag wenigstens wieder persönlich für ihre Kunden da sein dürfen, herrscht bei den Gastronomen tiefe Frustration. Nicht oder nur beschränkt öffnen zu dürfen und das bei aktuell fünf Infizierten von 25.000 Einwohnern in Schmallenberg, das ist bitter.

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Gastronomie

„Unsere ganze Branche wird nicht gehört, nicht wertgeschätzt“, sagt Rudolf Grobbel, Vorsitzender des Schmallenberger Gesamtverkehrsvereins. In den neuen Beschlüssen tauche die Gastronomie erst ganz am Ende auf. Terrassenverkauf ist das Stichwort, das Rudolf Grobbel zusätzlich ärgert. Das sei weltfremd und schlicht nicht wirtschaftlich. „Das Ganze zerrt an den Nerven“, gibt er zu. „Sechs Monaten sind wir jetzt schon im Stillstand und ein Ende ist nicht abzusehen.“ Das Geld fehle, die Mitarbeiter in Kurzarbeit hätten leicht 600 bis 1000 Euro im Monat weniger. „Und wir reden hier ja nicht über Großverdiener.“ Die ersten wendeten sich schon von der Branche ab. „Vielleicht dürfen wir irgendwann wieder öffnen und können es dann schlicht nicht, weil das Personal fehlt.“ Dabei sei Hygiene eine der Kernkompetenzen in der Gastronomie. „Man hält uns und unsere Gäste offenbar nicht für intelligent genug, Hygienevorgaben so umzusetzen, dass sie sicher sind.“

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Unterstützung findet Grobbel auch bei Peter Schmidt, Mitglied im Vorstand des Werbe- und Touristikvereins G.U.T. in Bad Fredeburg. „Mit den Ergebnissen können wir gar nichts anfangen. Zum zweiten Mal wurden uns die Osterferien genommen, eine wichtige Position im Finanzplan.“ Der Inhaber des Landerlebnishofs Schmidt-Mühle bietet Ferienwohnungen an. „Mir fehlt in den aktuellen Beschlüssen für uns jegliche Perspektive“, sagt er. „Bei uns können Menschen Urlaub machen, ohne überhaupt in Kontakt zu anderen zu kommen. Die meisten Urlauber hätten bei uns weniger enge Kontakte und wären weniger gefährdet als in ihrer Mietwohnung im Ruhrgebiet.“

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Einzelhandel

Warum Buchhändler nun wieder öffnen dürfen, andere Einzelhändler aber nur mit Terminvergabe - das leuchtet Martin Schenk nicht ein, „einen Eiertanz“, nennt er das. „Wir werden mit dem Virus leben müssen.“ Der Herrenausstatter ist Mitglied im Vorstand des Werbe- und Touristikvereins G.U.T. in Bad Fredeburg und im Vorstand des Handelsverbands Südwestfalen und hofft, dass seine Kunden das Angebot jetzt des Click & Meet auch annehmen. „Wir schwimmen jetzt von einer Inzidenzzahl zur nächsten“, fürchtet er, ist aber trotzdem froh, dass er zumindest nach Termin öffnen darf. „Ich profitiere von meiner großen Stammkundschaft“, erklärt er. Diese reise aus einem Umkreis von 30 Kilometern bis aus Meschede und Saalhausen an, weil es nur noch wenig Herrenausstatter gebe. Zuletzt habe er Kunden auch angerufen und gefragt, ob er ihnen etwas zusammenstellen soll. „Ich halte mich tapfer“, sagt er, „aber jubeln kann ich nicht.“

Reiner Luig ist Geschäftsführer der Werbegemeinschaft Schmallenberg. In einer besonderen Werbeaktion präsentieren sich die Mitglieder gerade unter dem Slogan: „Wenn wir uns wiedersehen… das wird wunderschön...“ Man wolle positiv nach vorn schauen und auf die Vielfalt des Schmallenberger Einzelhandels hinweisen. Luig hofft, dass die Kunden die neue Möglichkeit des Click & Meet auch nutzen. „Für uns als Elektrobetrieb ist das schon ein kleiner Fortschritt“, sagt er. Für den Verkauf eines Fernsehers sei die persönliche Beratung wichtig.

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Aber er appelliert auch an die Kunden für ein einzelnes Kabel bei ihm oder für andere Kleinteile bei Kollegen, einen Termin zu machen. Niemand soll denken, dass er stört. „Wir freuen uns und sind für unsere Kunden da.“ Grundsätzlich lautet seine Forderung: „Einzelhandel und Gastronomie müssen geöffnet werden! Hier werden ganze Branchen gerade grandios vor die Wand gefahren.“ Hilfe sei im Handel noch nicht angekommen. „Seit Mitte Dezember haben wir geschlossen und erst vor wenigen Tagen durften die Mittel über den Steuerberater beantragt werden. Nach der Soforthilfe im April 2020 habe ich noch keinen Cent gesehen.“

>>>HINTERGRUND

Wiedereröffnung ab 8. März in eingeschränkter Form bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100, das entspricht der aktuelle Situation im HSK.

Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte und Schreibwarengeschäfte werden dem täglichen Bedarf zugerechnet. Sie können damit wie der Lebensmittelhandel mit Hygiene-Konzepten sowie einer Kundenbegrenzung wieder öffnen.

Öffnung des Einzelhandels (aus Reisebüros) für sogenannte Terminshopping-Angebote („Click and meet“), wobei eine Kundin oder ein Kunde pro angefangene 40 qm Verkaufsfläche nach vorheriger Terminbuchung für einen fest begrenzten Zeitraum mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung im Geschäft zugelassen werden kann.

Notbremse: Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauffolgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.