Meschede. Wo kommst du denn wirklich her? Diese Frage muss auch Inthuja regelmäßig beantworten. Wie sie damit umgeht, erzählt sie im Interview.

Die Diskussionen über Rassismus haben in den letzten Monaten – auch wegen der „Black-Lives-Matter-Bewegung“ - immer mehr zugenommen. Wie sie die Situation in ihrem Umfeld wahrnimmt, erzählt Inthuja Illankumar. Sie wurde vor 19 Jahren in Meschede geboren und ist hier aufgewachsen. Ihre Eltern leben beide seit mehr als 20 Jahren in Deutschland. Sie stammen aus Sri Lanka. Ihr Vater floh und ihre Mutter ist ein paar Jahre später ausgewandert. Inthuja hat dieses Jahr ihr Abitur am Gymnasium der Benediktiner in Meschede gemacht und will nächstes Jahr ein Studium beginnen.

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Was antwortest du, auf die Frage, woher du kommst?

Inthuja Illankumar: Ich komme aus Meschede.

Wirkt das verletzend auf dich, diese Frage gestellt zu bekommen?

Nein, nicht verletzend. Aber wenn ich dann antworte „Meschede“, kommt die Nachfrage „Woher kommst du wirklich?“. Das könnte man auf jeden Fall schöner formulieren. Man könnte zum Beispiel fragen, wo meine Wurzeln liegen.

Es wird viel darüber diskutiert, ob es nicht schon rassistisch ist, diese Frage überhaupt zu stellen. Was sagst du dazu?

Die meisten Menschen meinen es ja nicht böse. Sie wollen oft nur etwas über den jeweiligen Hintergrund, die Kultur oder die andere Person lernen. Aber diese Frage hat oft einen Beigeschmack. Als wäre ich etwas Anderes und die Nachfrage, mit dem „wirklich“ verstärkt das dann noch.

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Erlebst du in Alltagssituation Rassismus?

Als 2015 die Flüchtlingszahlen zunahmen, gab es zum Beispiel in Supermärkten komische Blicke. Wenn ich dann angefangen habe, Deutsch zu sprechen, waren manche sogar ein bisschen geschockt. Aber sonst passiert mir hier im Sauerland eigentlich fast nie etwas in diese Richtung.

Wie sieht es bei deinem Job als Kellnerin aus?

Da kommt pro Monat vielleicht mal ein Spruch. Beispielsweise hat im Sommer mal jemand zu mir gesagt: „Die Afrikanerin freut sich bestimmt über das schöne Wetter.“ Nur weil ich schwarz bin, dachte der Mann direkt, dass ich aus Afrika stamme. Was halt nicht stimmt. Sonst ist eigentlich fast nie etwas passiert. Die meisten sind immer sehr freundlich.

Welche Nachricht aus den vergangenen Wochen – auf Rassismus bezogen – ist dir am meisten im Gedächtnis geblieben?

Wie ungerecht in den USA mit schwarzen Menschen umgegangen wurde. Dass dann sogar noch Leute hinter den Polizisten stehen, die Fehler begangen haben, und sie immer noch unterstützen. Ich finde es auch nicht ok, dass nicht wirklich etwas gegen „White Supremacy“ (Erklärung siehe Box) getan wird.

In den vergangenen Monaten wurde viel über diese rassistische Polizeigewalt diskutiert. Die Bilder, die viele aus den USA gesehen haben, haben schockiert. Glaubst du, es sieht es bei uns in Deutschland eigentlich ganz ähnlich aus?

Also ich selbst habe noch nie etwas in die Richtung erfahren. Es wurde ja auch diskutiert, ob man bei uns eine Studie über Rassismus in der Polizei machen sollte und es gab Vorwürfe dazu. Wenn die Polizei nichts zu verbergen hat, dann könnte man die Studie ja einfach machen und die Vorwürfe wären entkräftet.

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Was hat sich deiner Meinung nach in den letzten Jahren bezüglich Rassismus in der deutschen Gesellschaft verändert?

Ich finde die Situation hat sich generell eher verbessert. Die Leute in meinem direkten Umfeld in Meschede haben schon immer Menschen unterschiedlicher Kulturen und Hautfarben toleriert und auch integriert. Auf ganz Deutschland bezogen, ist das jedoch problematischer.

Sind Jüngere toleranter als Ältere?

Eigentlich nicht. Ältere Menschen bringen vielleicht eher mal einen unangemessenen Kommentar. Sie meinen das aber auch nie wirklich böse. Von der Toleranz sehe ich da aber keinen allzu großen Unterschied. Ich glaube aber schon, dass die jungen Leute vielleicht über die aktuelle Situation informierter sind, als die älteren.

Was hättest du noch als Appell am Ende?

Dass, die Leute sich mehr mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen und informieren. Vielleicht sollten manche nicht so festgefahren in ihren Standpunkten sein, sich auf andere Menschen und Kulturen einlassen und so auch ihre Toleranz steigern.

Begriffserklärung Rassismus Laut Duden: „[…] Lehre, Theorie, nach der Menschen bzw. Bevölkerungsgruppen mit bestimmten biologischen oder ethnisch-kulturellen Merkmalen anderen von Natur aus über- bzw. unterlegen sein sollen“

Bestimmte Vorurteile oder Klischees gegenüber einer sogenannte „Rasse“, welche zu einer höher- oder minderwertigen Einstufung führen.

Die menschenrechtsfeindliche Ideologie findet sich überall in der Gesellschaft wieder und ist einer der Hauptbestandteile des Rechtsextremismus.

Der Begriff „White Supremacy“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „weiße Vorherrschaft“. Im Gegensatz zu „Rassismus“ wird hier eindeutig die Macht und privilegierte Stellung der Weißen bezeichnet.

Und hier kann man sich weiter informieren:

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes , auch auf Social-Media-Kanälen vertreten (Instagram: @ads_bund , Facebook: @antidiskriminierungsstelle , Twitter: @ADS_Bund sowie auf Youtube)

Bücher wie „Exit Racism: Rassismuskritisch denken lernen“ von Tupoka Ogette, „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ von Alice Hasters oder „Eure Heimat ist unser Albtraum“ von Fatma Aydemir, Hengameh Yaghoobifarah u. v. m.

Oder auf Instagram: @wasihrnichtseht , @verbuendete_r_sein , @saymyname_bpb und @erklaermirmal