Schmallenberg. Seit März bietet die Schmallenberger Ärztin Dr. Katja Köhler Videosprechstunden an. Das System hat gerade während der Corona-Pandemie Vorteile.

Die Corona-Pandemie könnte auch in den Arztpraxen ein digitaler Beschleuniger sein. Doch noch gehört beispielsweise die Videosprechstunde nicht zum Sauerländer Standard. In der Praxis von Dr. Matthias Althaus, Dr. Regina Bornemann-Weber, Dr. Monika Grüne und Dr. Katja Köhler in Schmallenberg gibt es das Angebot seit März. „Doch es wird noch zu wenig angenommen“, bedauert Dr. Katja Köhler, die die Idee seit etwa einem Jahr vorangetrieben hatte.

Nachteil: Noch zu geringe Akzeptanz

Mit den nun wieder stark steigenden Corona-Zahlen legt sie die Videosprechstunde all denen ans Herz, die sich nicht mehr ins Wartezimmer trauen. „Bevor Menschen auf den Besuch beim Arzt ganz verzichten, sollten sie darüber Kontakt zu uns suchen.“

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Die Praxis hat ihre Medizinischen Fachangestellten auch angewiesen, die Videosprechstunde bei jedem Telefonat zu bewerben. Doch die meisten Patienten wollten ihren Arzt oder ihre Ärztin immer noch persönlich treffen. Gerade Ältere scheuten zudem die Technik, dabei ist diese einfach.

Nachteil: Körperliche Untersuchung fehlt

Katja Köhler sieht die Videosprechstunde als Ergänzung, keinesfalls als Ersatz ihrer Arbeit. „Medizin lebt von der körperlichen Untersuchung“, betont sie. Gerade in Corona-Zeiten hätte sie ein schlechtes Gefühl, wenn jemand mit einer angeblich leichten Erkältung nur die Videosprechstunde aufsuchen wollte. „Ich muss ihn abhorchen und auch einen Corona-Abstrich machen.“

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Auch Patienten mit Brust-, Bauch oder Kopfschmerzen wolle sie auf jeden Fall sehen. „Ich will abends noch gut schlafen können und hätte in vielen Fällen nach einem Video-Chat die Sorge, etwas Wichtiges übersehen zu haben.“

Vorteil: Angehörigen-Information

Doch es gibt Patienten, für die die Video-Sprechstunde ideal ist: Menschen, die sich und ihren Körper sehr gut kennen, vielleicht selbst aus dem medizinischen Bereich kommen. Doch um das richtig einschätzen zu können, ist es Katja Köhler wichtig, dass auch sie diese Patienten gut kennt. „Dann kann man darüber auch eine Erkältung oder einen Magen-Darm-Infekt diagnostizieren und Medikamente verschreiben.“ Ein weiteres mögliches Einsatzfeld: Diagnose-Besprechungen oder die Vorbereitungen von Operationen. Auch wenn Angehörige von Patienten informiert werden sollen, bietet sich der Videochat an. „Selbst wenn sie weit entfernt wohnen, wäre es dann nicht nötig, dass sie extra nach Schmallenberg kommen.“

Vorteil: Befundbesprechungen

Hinzu kommen alle administrativen Tätigkeiten, wie Reha-Anträge, Labor- oder Befundbesprechungen. „Ich kann den Bildschirm teilen, so dass der Patient den Brief gleichzeitig vorliegen hat.“ Auch leichte Depressionen habe sie schon per Videochat besprochen.

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„Das ist viel besser als am Telefon, weil ich dann auch Mimik und Gestik meines Gegenübers beobachten kann, er mich auch sieht und ich Vertrauen aufbauen kann.“ Außerdem lege sie solche Gespräche bewusst ans Ende der Video-Sprechstunde. „Ich habe dann mehr Zeit.“

Vorteil : Seniorenheim

Der Blick auf den Bildschirm erleichtert die Diagnose gegenüber einem gewöhnlichen Telefonat.
Der Blick auf den Bildschirm erleichtert die Diagnose gegenüber einem gewöhnlichen Telefonat. © Ute Tolksdorf

Gut einsetzbar ist das Videosystem auch für die Zusammenarbeit mit den Seniorenheimen. Katja Köhler betreut „Maria Frieden“ in Grafschaft. Dort und im St.-Raphael-Seniorenzentrum ist das System eingerichtet. „Unser Vorteil ist dabei, dass wir auf der anderen Seite geschultes Personal haben, das den Patienten zu Seite steht.“ Sie denkt dabei auch an einen mögliche Schließung der Heime in der Pandemie. „Mit Kamera und Bild kann ich den Zustand meiner Patienten viel besser einschätzen, als wenn ich sie oder die Krankenpfleger nur am Telefon höre.“

Vorteil: Eigene Quarantäne

Darüber hinaus bietet das System, das in den ersten Monaten seiner Einführung von der Kassenärztlichen Vereinigung auch gefördert wurde, für die Praxis einen weiteren Vorteil: „Sollte jemand vom Team an Corona erkranken und jemand von uns in Quarantäne müssen, könnten wir weiter Sprechstunden abhalten“, erklärt Katja Köhler. „Ich könnte darüber sogar von zu Hause aus auf alle Unterlagen zugreifen und Patienten helfen.“

Hintergrund

Für die Nutzung der Videosprechstunde reicht ein internetfähiges Smartphone.

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Nach der Anmeldung erhält man die Zugangsdaten per SMS und einen Link mit dem Hinweis: „Sie werden angerufen“. Auf dem Bildschirm des Handys erscheinen dann Patient und Ärztin.

Die Ärztin hat auf einem zweiten PC gleichzeitig Zugriff auf die Patientendaten. Außerdem kann sie über die Kamera den Patienten oder Teile seines Körpers heranzoomen.

Sollten Medikamente verschrieben werden, müssen diese Rezepte dann natürlich trotzdem in der Praxis abgeholt werden.

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