Grevenstein. André Algarve ist der neue Mann im Mescheder Stadtarchiv. Der 32-Jährige erzählt, wie er das Archiv trotz der Abgeschiedenheit weiter öffnen will.
André Algarve ist 32 Jahre alt, hat gerade seine Ausbildung zum Archivar abgeschlossen. Jetzt leitet er das Mescheder Stadtarchiv. Archivarbeit ist Kommunikation, sagt er im Interview und will - ganz in diesem Sinn - es weiter für die Menschen öffnen.
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Welche Eigenschaften sind für einen Archivar wichtig? Sollte man ein strukturierter und ordentlicher Mensch sein?
André Algarve: Das ist durchaus ein Vorteil. Bei der Arbeit muss man ja auch sorgfältig dokumentieren, was man tut. Nur dann können andere auch in 100 Jahren noch nachvollziehen, wann ein Dokument ins Haus gekommen ist und warum man es wie bewertet hat.
Gibt es etwas aus der Mescheder Geschichte, dass Sie jetzt schon besonders spannend finden?
Ich bin ja erst kurz hier und habe noch nicht so viel gesehen, aber ich hatte eine Anfrage zum Bau der Hennetalsperre. Das finde ich schon faszinierend, dass damals ganze Dörfer im See versunken sind.
Und was sagen Sie zur ältesten Mescheder Urkunde, dem Hitda Codex ?
Das Evangeliar ist sicher wichtig für Meschede, aber es liegt in Darmstadt und ich denke nicht, dass wir es wiederbekommen werden.
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Halten Sie es für wichtig, ein Archiv nach außen zu öffnen?
Absolut! Daseinszweck der Archive ist es, dass ihr Inhalt zugänglich gemacht wird. Wir bewahren hier ja kein Geheimwissen, wie man es vielleicht noch im 19. Jahrhundert gesehen hat. Archivalien müssen genutzt werden! Da ist die Digitalisierung ein tolles Hilfsmittel, die dann auch die Kooperation mit Archivportalen ermöglicht. Auch über Soziale Medien kann man immer mal wieder Skurriles oder interessante Details teilen. Solche Informationen werfen dann ein Schlaglicht auf den Bestand. Und natürlich sind auch - ganz analog - Ausstellungen möglich, damit das Archiv von außen wahrgenommen wird.
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Die Digitalisierung eines Bestandes ist aber eine Sisyphusaufgabe, oder?
Ja, sie ist aber extrem wichtig, auch weil viele alte Unterlagen gefährdet sind. Das Papier war vor allem zwischen 1850 und 1980 extrem schlecht, es zerfällt. Um das aufzuarbeiten gibt es aber Förderprogramme, mit denen gerade kleine Archive, wie unseres unterstützt werden können.
Wie wollen Sie Kinder und Jugendliche ans Archiv heranführen?
Auch da hilft die Digitalisierung der Quellen. Damit kann man dann ganze Schulklassen versorgen - auch über große Entfernungen. Trotzdem ist es natürlich gerade für Schüler wichtig, dass sie mal Gelegenheit bekommen, eine echte alte Quelle zu sehen und damit zu arbeiten. Ich will dazu Konzepte für die Schulen erstellen, denn die Arbeit mit ganzen Schulkassen hier in Grevenstein ist schwierig.
Die Diskussion um den Standort des Archivs in Grevenstein - 16 Kilometer und 20 Autominuten von der Kernstadt entfernt - flammt immer wieder auf. Wo würden Sie sich das Archiv wünschen?
Der jetzige Standort ist geeignet, um die Archivalien aufzubewahren. Natürlich ist es wünschenswert, dass ein Archiv leicht erreichbar ist. Doch vor allem gedanklich darf es nicht zu weit von den Menschen weg sein. Das versuche ich durch die Öffentlichkeitsarbeit zu erreichen und wie meine Vorgängerin Frau Jung werde ich hier ein offenes Haus für alle Besucher führen und versuchen Anfragen schnell und kompetent zu beantworten. Ich denke, wenn über die Digitalisierung die Bereitstellung der Archivalien leichter wird, ist der Standort weniger wichtig.
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Wie wollen Sie das Mescheder Archiv zukunftsfähig machen?
Die Masse an Dokumenten nimmt zu., insbesondere durch die Digitalisierung der Verwaltung. Die Archivierung von digitalen Unterlagen überhaupt erst zu ermöglichen, wird eine der größten Aufgaben der nächsten Jahre sein. Dabei können wir die Arbeitsschritte aus dem analogen Bereich nicht eins zu eins übernehmen, sondern müssen die Abläufe anpassen. Daneben halte ich die Zusammenarbeit mit anderen Archiven für sehr wichtig. Als Alleinkämpfer kommt man nicht weit. Auch diesen Teil der Kommunikation und Öffnung sehe ich als eine meiner zentralen Aufgaben.
Kurz und Knapp
Geschichte ist… allgegenwärtig
Zu Hause archiviere ich… noch nicht digital
Archivarbeit ist vor allem… Kommunikation
Die spannendste Epoche ist für mich… das 19. Jahrhundert
Hintergrund
André Algarve stammt aus Sonneborn im Kreis Lippe. Der 32-Jährige hat Geschichte und Latein in Bielefeld studiert und nach dem Bachelorabschluss eine Ausbildung im gehobenen Archivdienst in Marburg absolviert.
Direkt mit seinem Abschluss am 31. August begann er seinen Dienst im Stadtarchiv Meschede als Nachfolger von Ursula Jung . Mit der langjährigen Archivleiterin arbeitete er noch einen Monat zusammen, bevor sie in Rente ging. Unterstützt wird er außerdem vom Archivmitarbeiter Robert Schultze, der zurzeit die Heiratsregister auf schutzwürdige Belange durcharbeitet, um sie dann für die Öffentlichkeit freigeben zu können.
André Algarve lebt in Freienohl. In seiner Freizeit kocht er gern, tanzt Standard und Latein und liest.
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